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Morgenrot

Morgenrot

Titel: Morgenrot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Heitmann
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Schraubstock hielt er nun Leas Oberarm umfasst, nachdem sie beim Anblick des Kollektors unwillkürlich zurückweichen wollte. »Der Knall vorhin hat uns sicherlich ein paar weitere Objekte gekostet. Bricht alles zusammen hier. Sollen wir den da unten verlegen? Allerdings ist die andere große Höhle schon geflutet... Kann ihn ja trotzdem erst einmal holen ...«
    Maiberg drehte sich erwartungsfroh um und blinzelte den Riesen durch die Brillengläser an. Bislang hatte er neben dem Schemel des Kollektors gekauert und konzentriert in die Dunkelheit gestarrt, als könne er einen Blick auf Adam erhaschen, wenn er nur fest genug daran glaubte.
    Vielleicht hätte jemand Maiberg erzählen sollen, dass Adam unverhofft an ein paar Kleidungsstücke geraten war, dachte Lea.Trotz der bedrohlichen Situation konnte sie sich angesichts dieses schmierigen Fieslings nicht zurückhalten und schenkte ihm ein anzügliches Lächeln, wobei ihre Zungenspitze langsam über die Lippen glitt. Maiberg kräuselte die Oberlippe und zeigte eine Reihe gelber Pferdezähne.
    »Papperlapapp«, sagte der Kollektor und wedelte mit dem Opernglas umher, das dabei ein leises Quietschen von sich gab. »Er freut sich nun schon den ganzen Tag lang darauf! Die Sklavin war die Pflicht, jetzt folgt die Kür. Hat alles seine innere Logik - man muss sie nur erkennen! -, und lieber will er verdammt sein, als das Spiel zu unterbrechen. Jede weitere Verzögerung raubt dem Finale nur seine Intensität!« Nachdenklich musterte er Lea. »Sie könnte doch dort unten im schönsten Lichte angeflockt werden, unser kleines Lämmchen. Ein wahres Opferlämmchen.«
    Als der Kollektor sein glockenhelles Lachen hören ließ, bereute es Lea zutiefst, jemals Verständnis für diese elende Kreatur aufgebracht zu haben. Adam hatte recht gehabt: vollkommen verrückt und verachtenswürdig. Doch diese späte Erkenntnis half ihr wenig. Gleich würde man sie nach dort unten schicken, und der Kollektor würde voll auf seine Kosten kommen.
    »Ach, was soll's.« Er winkte lässig mit dem Opernglas ab, während er sich mit der freien Hand eine Träne aus dem Augenwinkel wischte. »Notfalls werden ein paar Leuchtraketen in dieses steinige Durcheinander geschossen. Aber nach der wunderbaren Vorstellung, in der die Sklavin sehr kunstvoll ausgeblutet ist, glaubt der Kollektor kaum, dass der Tiger seine Beute im Dunklen schlägt.«
    Ein leises Aufstöhnen kam über Leas Lippen. Ihr Fuß hatte sich in einer Erdspalte verfangen, groß genug, um sie zum Stolpern zu bringen. Zuvor waren ihre Augen unablässig auf die Felsformationen am anderen Ende der Höhle gerichtet gewesen, dort, wo Schatten und Stein das Licht auffraßen. Doch von Adam war nicht die geringste Spur zu sehen gewesen.
    Nun stellte sie fest, dass die Erdspalte nicht nur überraschend breit, sondern auch mit Wasser gefüllt war. Der Wasserlauf, der sich durch die Höhle zog, war angeschwollen: Er war über sein Bett getreten und flutete mit seinem schwarzen Leib die Ufer. Feine Nebenarme suchten sich einen Weg durchs Geröll, versickerten in Erdspalten.
    Nachdem sie sich davon überzeugt hatte, dass mit dem Fußknöchel alles in Ordnung war, ging sie vorsichtig den Strom entlang. Die Öffnung in der Felswand, durch die das Wasser in die Höhle eindrang, hatte sich vergrößert. Am oberen Rand war ein großes Stück Fels herausgebrochen, das dunkle Wasser ergoss sich unter Druck wie eine horizontal ausgerichtete Fontäne. Das Loch in der gegenüberliegenden Wand reichte bei weitem nicht mehr aus, um die heranströmenden Wassermengen abfließen zu lassen.
    Lea blieb vor der Einbruchsteile stehen, durch die das Wasser in die Höhle gelangte. Bei genauerer Betrachtung bemerkte sie die vielen glänzenden Stellen in der Felswand: Der Stein war durchlässig geworden wie ein Haarsieb. Hinter der Wand musste sich eine Wasserblase unbekannten Ausmaßes befinden. Und wie es schien, gelang es der Höhlenwand nicht mehr lange, dem Druck standzuhalten.
    Sie dachte an den Knall, den sie während der Teezeremonie mit Professor Carriere gehört hatte, und fragte sich beklommen, was wohl noch alles in diesem instabilen Höhlensystem ins Wanken geraten war. Zwangsläufig wurde sie sich wieder des enormen Drucks bewusst. der die ganze Zeit über ihren Körper zu zerquetschen drohte.
    Nicht nur dem Kollektor läuft die Zeit davon, dachte sie und bemühte sich, ihre rasche Atmung wieder unter Kontrolle zu bekommen. Langsam wurde sie ein richtiger Profi, was

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