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Morgens um sieben ist die Welt noch in Ordnung

Morgens um sieben ist die Welt noch in Ordnung

Titel: Morgens um sieben ist die Welt noch in Ordnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eric Malpass
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Becky hinüber. Und Großtante Marigold dachte, solche kurzen Dinger hat man zu meinen Zeiten nicht zu sehen bekommen, und Opa dachte dasselbe, fügte aber im stillen hinzu, das war doch ein Jammer, verdammt. So saßen sie alle oder lagen und rekelten sich zufrieden, während die Sonne mit löblicher Trägheit über den wolkenlosen Himmel schlich. Nur die Bienen, die armen Schlucker, waren bei der Arbeit, und ihr emsiges Summen war gerade das Richtige, um faule Menschen schläfrig zu machen und einzulullen.
    Ein selten befriedigender Nachmittag. Einer dieser Tage, an denen die Wärme der Sonne bis ins Herz hineinsickert. Bobs sagte friedlich zu Rose: «Wie wär’s mit einer Autofahrt am nächsten Sonntag? Wir könnten ein Picknick machen, wenn du willst. Fahren wir doch zum Leuchtturm.»
    Sie traute kaum ihren Ohren. «Du meinst - nur wir beide allein?»
    «Ja. Na, was hältst du davon?»
    «Bobs, das wäre herrlich. Wann willst du mich abholen?»
    «Um halb drei?»
    «Gut, dann bin ich fertig.»
    Mache ich jede Wette, dachte er und wünschte, sie würde die Sache ein bißchen spannender machen. Arme alte Rose. Sie überschlug sich fast, um ihm zu gefallen. Da machte das alles keinen rechten Spaß mehr.
    Aber jetzt endlich versank die Sonne im Westen. Eine kleine Brise flüsterte im Blattwerk der Obstbäume. Hoch oben am Himmel flogen zwei Vögel heimwärts. Ein schöner Tag, summten die Bienen und flogen zu ihrem Bienenstock zurück. Die Menschen erhoben sich, gähnten fröstelnd. Vom Sonnenlicht betäubt und ermüdet, gingen sie ins Haus und nahmen ihre Liegestühle mit. Nur Paps blieb noch draußen. Nichts war vom langen Frieden des Sommernachmittags zurückgeblieben, nichts außer ein paar Abdrücken im Gras, einem aufgeschlagenen Buch unter den Bäumen und dem Abendstern, der von Minute zu Minute goldener wurde, um allen heim zu leuchten, die der helle Tag verstreut hatte...
    Allen? Allen? Wo um Himmels willen steckte Gaylord, dachte Paps, als er ins Haus trat. Er hatte die unklare Vorstellung, als sei er den ganzen Nachmittag über bei ihnen gewesen. Aber als sie aufbrachen, hatte er ihn nicht entdecken können. Er eilte in den Obstgarten zurück.
    Gaylord war so in sein Malen versunken, daß er Paps erst bemerkte, als der ihn ansprach. Paps sagte: «Du bist doch nicht die ganze Zeit über hier gewesen, oder?»
    Gaylords erstaunter Blick ließ Paps sich fast schwachsinnig Vorkommen. «Ich habe gemalt», sagte Gaylord.
    «Oh», sagte Paps und sah hilflos aus. «Na, dann komm mal lieber rein, es wird zu kühl.» Nachdenklich folgte er Gaylord ins Haus. Wirklich, er mußte versuchen, nicht immer so geistesabwesend zu sein. Hatte er doch nicht mal bemerkt, daß sein eigener Sohn...
     

16
     
    Rose glaubte, es würde niemals Sonntag werden. Aber es wurde Sonntag, und zur Frühstückszeit schien die Sonne bereits warm, die Vögel sangen, die Bienen summten, die Hennen gackerten zufrieden, und der Rauch stieg bläulich und senkrecht aus den Kaminen. Was für ein vollkommener, herrlicher Morgen! Selbst die kleinen, eilfertigen Spinnen und die dicken, metallblauen Brummer schienen sich zu freuen, die Fischchen, die kühl und still im Strom des Wassers standen, die bunten, sonnengefleckten Kühe, die über die Wiesen zum Melken trotteten; Lebensfreude war in den Würmern, die sich an die Erdoberfläche emporarbeiteten, und in der auf alles niederstrahlenden Sonne; Freude auf Erden und gewiß auch im Himmel über eine so gelungene Schöpfung, und vor allem wohl Freude in Roses Herz, die den Nachmittag allein mit ihrem Liebsten verbringen sollte.
    Vielleicht hatte sie sich in ihm getäuscht! Vielleicht machte er ihr einen Heiratsantrag! Denn das wünschte sie sich mehr als alles auf der Welt. Aber selbst wenn es dazu nicht käme, so würden sie wenigstens allein auf dem hohen, einsamen Leuchtturm sein, zwischen Himmel und Erde, nur die Lerchen und den Himmel über sich und die Welt der Menschen ameisengleich weit, weit unter ihnen. Sie würden allein sein. Ein so glückverheißender Gedanke, daß er kaum zu ertragen war.
    Statt wie sonst, unauffällig wie eine Maus, an ihren Frühstücksplatz zu schlüpfen, inszenierte Rose geradezu einen
    Auftritt. «Was für ein himmlischer, himmlischer Morgen», rief sie.
    «Gewitter in der Luft», sagte Opa und sah nicht einmal von seinem auf.
    Rose sank das Herz. Aber das von Gaylord hüpfte: «Opa, glaubst du wirklich, daß es ein Gewitter gibt?»
    «Da müßte ich mich

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