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Morgens um sieben ist die Welt noch in Ordnung

Morgens um sieben ist die Welt noch in Ordnung

Titel: Morgens um sieben ist die Welt noch in Ordnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eric Malpass
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schon schwer täuschen.»
    Gaylords Augen leuchteten. Von allen Dingen, die sich in seinem jungen Leben ereignet hatten, waren Gewitter das allerschönste. Da gab es soviel Krach, wie man sich nur wünschen konnte. Und kein Mensch, nicht einmal Mummi, konnte ihn dafür verantwortlich machen; außerdem kosteten Gewitter nichts, und die Entscheidung zwischen einem Gewitter und einem Viertelpfund Bonbons blieb einem erspart. Und sie erschreckten die Frauen. Sogar Mummi verlor etwas von ihrer Resolutheit, wenn es donnerte.
    Opas Worte hatten Rose unvorstellbar deprimiert. Sie wußte aus eigener Erfahrung, daß Bobs mit den Elementen nicht viel im Sinn hatte. Bei Gewitter brachten ihn keine zehn Pferde auf den Leuchtturm hinauf. Sie hatte das unbestimmte Gefühl, daß der heutige Tag ein Wendepunkt war. Gingen sie allein zum Picknick - wer weiß, was alles geschehen mochte. Kam etwas dazwischen - dann würde es das Ende ihrer Affäre bedeuten. Die Sache würde im Sande verlaufen; Ereignislosigkeit und Mangel an passenden Gelegenheiten würden sie abtöten. Warum sie das glaubte, vermochte sie nicht zu erklären. Sicher reine Einbildung. Vermutlich war sie überarbeitet. Ferienreif, hätte man annehmen können, aber bis zu den Ferien waren es noch zwei Monate.
    Sofort nach dem Frühstück rannte sie auf ihr Zimmer und sah aus dem Fenster. Immer noch derselbe, wunderschöne Morgen. Vater mußte sich einfach irren. Er wollte nur den Wetterpropheten spielen.
    Aber sie mußte zugeben, daß Vater viel zu natürlich war, um Theater zu spielen (abgesehen von seiner berühmten Rolle:     Sie wollte einfach nicht an den Regen denken. Sie wollte alle ihre Energie und ihre Gedanken auf die Vorbereitungen des Picknicks konzentrieren.
    In der Küche brachte sie Mummi, die das Sonntagsessen kochte, fast zur Raserei. Rose stand Mummi überall im Weg, sie schnitt Gurken in Scheiben, bestrich Sandwiches mit Leberpastete und verwandelte Tomaten in eine breiige, rote Substanz. Und da stand auch Großtante Marigold, die gar nichts weiter tat, sich aber aufs Nichtstun weniger gut verstand als die Leute im Parlament. Und dann erschien Becky, die nach einem Blick auf Roses hauchdünne Sandwiches sagte: «Schätzchen, diese Dinger da sind doch nicht etwa für einen Mann bestimmt?»
    «Doch», sagte Rose, errötete zornig und säbelte weiter.
    «Aber Schätzchen, er stopft sich davon gleich drei auf einmal in den Mund, ohne zu merken, daß er überhaupt was gegessen hat. Wie ein großer, fetter Wal, der Plankton in sich hineinschlingt.»
    «Kümmere dich doch um deinen eigenen Kram», schrie Rose.
    «Ei der Potz», sagte Großtante Marigold.
    «Meine Liebe, ich will dir doch bloß helfen. Ein Mann versteht unter einem Sandwich zwei dicke Türschwellen mit einem Viertelpfund Butter und Schinken dazwischen.»
    Es ist ein Naturgesetz, daß selbst die größte Küche zu klein ist für zwei Frauen, ganz zu schweigen von vier. Und, ganz abgesehen von dem Wetter draußen, herrschte in der Küche bereits jetzt ausgesprochene Gewitterstimmung. Mummi, der Gaylord der Zweite heute morgen etwas zu schaffen machte, sagte: «Jetzt hört doch endlich einmal auf, euch zu zanken.»
    «Wir zanken uns ja gar nicht», sagte Rose. «Becky mischt sich nur wieder einmal in alles ein und kann einen rasend machen.»
    «Du liebes Schwesterchen», lächelte Becky nachsichtig.
    Gaylord kam hereinspaziert. «Tante Rosie, kann ich ein Sandwich haben?»
    «Nein», sagte Rose.
    «Aber ich sterbe vor Hunger.»
    Rose sagte gar nichts. «Sehr groß sehen die ja nicht aus», sagte Gaylord. «Was ist denn das graue Zeugs?»
    «Leberpastete», sagte Becky.
    «Es riecht scheußlich», sagte Gaylord.
    «Kein Mensch hat dich um deine Meinung gefragt», sagte Rose.
    Mummi wurde energisch. «Gaylord, hör auf, uns auf die Nerven zu fallen. Los, raus mit dir. An so einem schönen Tag will ich dich nicht hier drin haben.»
    «Es ist gar kein schöner Tag. Überall sind dicke, scheußliche Wolken.»
    Rose ließ alles aus der Hand fallen und eilte ans Fenster. Gaylord hatte recht. Die Sonne, die bis jetzt

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