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Morgens um sieben ist die Welt noch in Ordnung

Morgens um sieben ist die Welt noch in Ordnung

Titel: Morgens um sieben ist die Welt noch in Ordnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eric Malpass
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langen, leeren Tag wie eine weiße Straße vor sich liegen und waren glücklich. Sie sahen, wie die Sonne unaufhaltsam ihrem Untergang im Westen zuwanderte, und das erfüllte sie mit Kummer.
    Mr. Grebbie trug in einem alten Gasmaskenbehälter ein paar Sandwiches und eine Thermosflasche. Sie waren auf der Suche nach einem abgelegenen Strand, wo selbst Gaylord, so hofften sie innig, sie nicht aufstöbern würde.
    Rose dachte: Heute muß er doch etwas sagen. Er konnte doch nicht einfach nach Irland fahren und dann zurück in die Schule nach Durham, ohne vorher etwas zu sagen. Ich liebe ihn, und ich glaube, er liebt mich auch. Wir dürfen
    einfach nicht auseinandergehen, nur weil wir beide zu schüchtern sind, uns zu gestehen: ich liebe dich. Ich will bis an mein Lebensende bei dir sein.
    «Stan», sagte sie.
    «Ja?»
    «Es wäre schön, wenn wir nicht so weit auseinander wohnten», sagte sie mit bebender Stimme.
    «Ja, das wäre schön», sagte er. «Du... du wirst mir fehlen, Rose.»
    «Wirklich?»
    «Ja, sehr.» Aber jetzt konnten sie die kleine Bucht vor sich sehen. Und beide sahen noch etwas anderes, das sie fast erstarren ließ. Die Gestalt eines kleinen Jungen, der dort im Brackwasser fischte. «Warum hat er sich nur gerade diese Bucht ausgesucht?» fragte Rose.
    «Drüben gibt es noch so eine andere», sagte er.
    Sie bogen ab. Der Weg war nicht weit. Aber diese Bucht war sehr bevölkert. Kinder lärmten, und überall sah man bunte Handtücher, bunte Liegestühle und bunte Badeanzüge. Sogar ein Eiswagen war da und ein Mann, der Boote vermietete. «O je», sagte Mr. Grebbie, «hier ist ja ein ziemlicher Betrieb.»
    Er breitete seinen Regenmantel aus. Sie ließen sich nieder, kamen sich aber bald so vor, als säßen sie mitten in einem Kricketspiel. Sie wechselten ihren Platz. Jetzt näherte sich ein Hund und beschnupperte sie kritisch. Ein dicker kleiner Junge, in der einen Hand einen Eimer, in der anderen eine Schaufel, stand da und starrte sie blöde an. Rose schlug nach ihm wie nach einer Wespe. «Geh hier weg», sagte sie ärgerlich.
    Das Kind reagierte überhaupt nicht, sondern starrte weiter; sicher konnte es das tagelang aushalten. «Wir könnten ebensogut in Blackpool sein», sagte Rose zwischen Lachen und Weinen.
    Er legte seine Hand auf die ihre und sah sich suchend um. Aber es gab kein Entrinnen. Rechts von dieser kleinen, bevölkerten Bucht war der anhängliche Gaylord. Links von ihnen führte ein Steindamm zu einer fernen Landspitze. Hinter ihnen war schilfiges Sumpfgelände. Es war schon fast Mittag. Irgendwo mußten sich doch Frieden und Einsamkeit finden lassen, ohne daß man zu dem einsamen Dünenversteck der vergangenen Nacht zurückwandern mußte.
    Da hatte er eine Idee. «Ich weiß was. Wir nehmen uns ein Boot.»
    «O Stan. Das ist eine glänzende Idee.» Roses Gesicht, das bereits unbeschreiblich traurig ausgesehen hatte, hellte sich auf.
    Aber nun kamen ihm Zweifel. «Leider bin ich kein sehr guter Ruderer», sagte er. «Doch das Meer sieht ja verhältnismäßig ruhig aus.»
    «Ruhig wie ein Mühlenteich», sagte sie. «Komm nur.»
    Sie eilten zu den Booten. Der Verleiher war bereits dabei, eines der Boote über den Sand ins Wasser zu lassen. Da sagte Rose, ohne ihre Lippen zu bewegen: «Sieh dich nicht um, denn da biegt Gaylord gerade um die Ecke.»
    «O Gott», sagte Stan. Fieberhaft begann er mit Rose das Boot ins Wasser zu schieben, sehr zum Verdruß des Verleihers, der solche hastigen Unternehmungen gar nicht schätzte. «Was ist denn los? Wir lassen doch kein Rettungsboot ins Wasser», sagte er vorwurfsvoll.
    Sie achteten nicht auf ihn und schwangen sich ins Boot. Die Ruder wirbelten in den Händen Stans wie verrückt gewordene Signalflaggen hin und her. Aber endlich gelang es ihm, sie in die Dollen einzulassen. Er setzte zu einem langen, kräftigen Ruderschlag an.
    In diesem Augenblick hörten sie den ersten herzzerreißenden Schrei: «Tante Rosie. Wartet auf mich. Tante Rooosie.»
    Rose versteinerte, drehte sich aber nicht um. Grebbie starrte mit schrecklicher Konzentration auf die rechte Ruderspitze.
    «Tante Rosie! Wartet doch!» schrie es verzweifelt.
    Es half alles nichts. Sie wandte sich um. Wie ein Hai, der Blut riecht, kam Gaylord durch das seichte Wasser geschossen. Sie gaben sich geschlagen und zogen ihn ins Boot. Schnaufend und selig grinsend setzte er sich hin. «War das ein Glück», sagte er, «daß ich euch noch gesehen habe.»
    «Glück für wen?» fragte Rose

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