Morgenstadt - wie wir morgen leben
beispielsweise Bill Ford, der Verwaltungsratschef des US-Autokonzerns Ford und Urenkel des Unternehmensgründers, auf dem Mobile World Congress in Barcelona im Februar 2012 in einem Interview mit der Financial Times Deutschland : „Um einen Kollaps zu verhindern, müssten Autos, Busse und Radfahrer künftig mit einem Chip ausgestattet und vernetzt werden. Wir brauchen dazu die Hilfe der Telekombranche, wir müssen enger kooperieren.“ 79
LEBENSWERTE INNENSTÄDTE
Vielfältige Studien und Pläne zur Verbesserung der Mobilität in Städten wurden in den letzten Jahren angefertigt. „Um mit weniger Verkehr eine ausreichende, sichere, zuverlässige und bezahlbare Mobilität zu gewährleisten und die Lebensqualität in Städten nachhaltig zu steigern, ist ein strukturelles Umdenken gefragt“, schreiben die Autoren der Studie „Roadmap – Elektromobile Stadt“ 80 , die Florian Rothfuss und sein Team „Mobility Technologies“ des Fraunhofer-Instituts für Arbeitswirtschaft und Organisation IAO in Stuttgart erarbeitet haben. Sie betonen, dass ein Aufbruch in neue technologische und wirtschaftliche Sektoren eine nachhaltige Veränderung der Verkehrssysteme erlaubt. Dazu zählen sie vor allem die Elektromobilität, die Energiewende und die Mobilisierung des Internets. Auch wenn andere Studien ihre Gewichte auf manche Teilbereiche anders legen, kristallisieren sich aus der Mehrzahl der Zukunftsvisionen die folgenden Ziele heraus, die für die Morgenstadt von großer Bedeutung sein werden 81 :
Die Innenstädte müssen wieder von Autostädten zu Menschenstädten werden. So können wieder mehr und auch ältere Bürger in den Innenstädten leben, die dann leiser, verkehrsarm und emissionsfrei geworden sind. Dort soll es kurze Wege, vielfältige Erholungs- und Unterhaltungsangebote und mehr Möglichkeiten der persönlichen Begegnung sowie bessere Dienstleistungen geben. Und die drahtlose Kommunikation wird in Zukunft viele Reisen oder Fahrten zur Arbeit überflüssig machen; Telearbeit wird eine wichtige Rolle spielen.
Private und öffentliche Verkehrsmittel müssen enger vernetzt werden, denn Zeit wird für die Menschen immer wertvoller. Man will sie optimal nutzen und nicht für Wartezeiten in Staus oder an Bus- oder Bahnhaltestellen vergeuden. In der Morgenstadt werden die Arbeits- und Ladenöffnungszeiten flexibel sein, und die traditionellen Familien- und Haushaltsstrukturen werden an Bedeutung verlieren. Bei der Wahl ihrer Verkehrsmittel werden die Bürger ganz pragmatisch vorgehen und Bequemlichkeit, Preis und Zeitersparnis in den Vordergrund stellen. Die Bedeutung des Autos als Statussymbol verliert – vor allem bei der Jugend – immer mehr an Bedeutung, Carsharing wird zur Selbstverständlichkeit. Elektronische Hilfsmittel wie Smartphone oder Tablet werden bei der Auswahl und Koordinierung der passenden Verkehrsmittel selbstverständlich sein.
Mobilität muss nachhaltiger werden. Dies wird begünstigt durch die zunehmende Zahl von Elektrofahrzeugen, die mit regenerativ erzeugtem Strom fahren. Es wird in der Morgenstadt aber auch alle möglichen Mischformen für den Antrieb von Autos geben. Wolfgang Schade und sein Team vom Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung ISI in Karlsruhe schreiben dazu in ihrer Studie „Vision für nachhaltigen Verkehr in Deutschland“: „Die durchschnittlichen CO 2 -Emissionen der gesamten PKW-Flotte sind bis 2030 auf 90 Gramm pro Kilometer gesunken. Die Flotte ist gekennzeichnet durch technologische Heterogenität. Neben reinen Elektromobilen, die 2050 das Stadtbild prägen, gibt es Plug-in-Hybride mit Benzin, (Bio-)Gas- und Bioethanolantrieb sowie moderne Wasserstoff-Brennstoffzellen-PKW und nur noch vereinzelt konventionelle fossil betriebene PKW.“ 82 In ihrem „Weißbuch Verkehr“ geht die Europäische Kommission in ähnlicher Weise davon aus, dass PKW, die mit konventionellem Kraftstoff betrieben werden, im Jahr 2050 im städtischen Verkehr vollständig durch Fahrzeuge mit alternativen Antriebstechnologien und Kraftstoffen ersetzt sein werden. 83
Der Güterverkehr wird im Gegensatz zum Personenverkehr bis zum Jahr 2040 erheblich zunehmen. Quelle: ExxonMobil
STUTTGART WILL VORREITER SEIN
Auch in der Morgenstadt wird es noch Autos geben, allerdings werden Privat-PKWs nicht mehr die dominante Rolle spielen. Um ihre Innenstädte vom überbordenden Verkehr zu entlasten, werden viele Metropolen ein ganzes Bündel von Maßnahmen ergreifen. Die Wirkung zeigt sich
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