Morgenstadt - wie wir morgen leben
älter sind, nahm zwischen 2000 und 2008 von 12,7 auf 15,2 Prozent zu. Beim Triebwerksbauer MTU beispielsweise ist das Durchschnittsalter der Belegschaft in den vergangenen fünf Jahren von 42,2 auf 45,6 Jahre gestiegen – und wird weiter klettern.
Unternehmen werden also zunehmend Mühe haben, ihre offenen Stellen qualifiziert zu besetzen, und sie müssen der Tatsache Rechnung tragen, dass ihre Belegschaften immer älter werden und ihnen mit dem massiven Ausscheiden der altgedienten Mitarbeiter viel Erfahrung verlorengeht. „In Zukunft wird es voraussichtlich einen Wettbewerb geben, wer auch für ältere Mitarbeiter attraktive Arbeitsplätze zur Verfügung stellen kann“, so Ganz. „Angesichts des steigenden Rentenalters werden schon jüngere Bewerber darauf achten, ob ihnen eine Firma auch noch in späteren Jahren ihren Arbeitsplatz garantieren kann.“
BEGEGNUNG UND KOOPERATION FÖRDERN
Die Probleme des demographischen Wandels spielen für aufstrebende Städte in anderen Erdteilen keine Rolle: Dort wird es auch in Zukunft genügend junge Leute geben, die Arbeit suchen. Dennoch werden auch in diesen Ländern die Anforderungen an die Qualität der Arbeitsumgebung wachsen. Gesundheitsschädliche Arbeitsplätze werden zunehmend geächtet, und die Ansprüche der Mitarbeiter steigen, je besser sie ausgebildet sind.
In Riad, der Hauptstadt von Saudi-Arabien, soll beispielsweise in den nächsten Jahren eine Forschungsstadt entstehen, die King Abdul Aziz City for Science and Technology (KACST). Hier sollen dereinst 12000 Mitarbeiter Labors, Büros, soziale Räume und dienötige Infrastruktur vorfinden. Dr. Alexander Rieck vom IAO, der an der Planung beteiligt ist, weiß, wie schwer die Anforderungen an einen modernen Bildungs- und Wissenscampus mit den klimatischen Bedingungen dieser Region zu vereinbaren sind: „Das Vorbild ist Harvard mit seiner kleinteiligen Struktur und den vielen Möglichkeiten der Begegnung“, sagt er. „In einem Land wie Saudi-Arabien, in dem im Sommer rund 45 Grad Hitze herrschen, kann man aber den Leuten nicht zumuten, hinaus in die Sonne zu treten, um von einem Gebäude zum anderen zu gelangen. Wir müssen deshalb eine ganz andere Campusstruktur planen.“ Sie könnte generell zum Vorbild werden für eine moderne Stadtplanung in Regionen mit ähnlichem Klima.
Autos und Infrastruktur verschwinden im Erdgeschoss, die Fußgänger in den Geschossen darüber werden so nicht vom Verkehr gestört. Im Fußgängerbereich darüber haben die Architekten ein enges Netz von Atrien, Subatrien und Begegnungspunkten geplant, in denen sich Forscher und Studenten treffen und austauschen können. Die Gebäude spenden sich gegenseitig Schatten, die Durchgänge sind aus diesem Grund schmal. Wege werden tagsüber durch Sonnendächer geschützt, die man nachts öffnet, damit die Hitze des Tages ins Weltall abstrahlen kann. So entsteht eine Komfortzone, in der man sich gerne aufhält, obwohl man im Freien ist. Farbgebung und Beleuchtung sollen das Wohlbefinden der Nutzer zusätzlich fördern. „Im Gegensatz zu Europa ist hier die Sonne ein Feind, vor dem es sich zu schützen gilt“, sagt Architekt Rieck, „deshalb werden Räume gern abgedunkelt und immer klimatisiert. Und niemals wird ein Fenster geöffnet. Wir wollen aber dennoch mit Tageslicht arbeiten.“ Gekühlt werden muss auf dem Campus auch der Car-Park, denn sonst können künftige Elektroautos dort nicht abgestellt werden: Bei der großen Hitze würden die Batterien versagen.
Insgesamt versuchen die Architekten in Riad, den Campus so anpassungsfähig wie möglich zu planen, denn wie und womit sich die Gebäude füllen, hängt von der künftigen Entwicklung ab und lässt sich nicht einfach hochrechnen. So ist beispielsweise heute auch noch nicht absehbar, wie viele Frauen in Zukunft das Gelände nutzen werden. Sie dürfen in diesem Kulturkreis nicht mit Männern in Berührung kommen – auch darauf muss man sich einstellen.
Derartige Probleme hat man bei Siemens in der Regel nicht, aber auch dort müssen die Planer und Architekten flexibel auf die Herausforderungen reagieren. Denn der Konzern will bis zum Jahr 2017 ein Arbeitskonzept mit einer offenen Bürolandschaft bei 140000 Mitarbeitern weltweit einführen. „Seit August 2010 leben wir das Konzept“, sagt Petra Schiffmann, die zusammen mit Jens Lauschke die moderne Arbeitswelt bei Siemens einziehen lässt. „Inzwischen haben rund 28000 Kolleginnen und Kollegen ein Siemens-Office – so
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