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Morgentau. Die Auserwählte der Jahreszeiten (German Edition)

Morgentau. Die Auserwählte der Jahreszeiten (German Edition)

Titel: Morgentau. Die Auserwählte der Jahreszeiten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Wolf
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dieser kurzen Zeit zu durchschauen. Am liebsten würde ich zuerst in den Winter gehen.
    »Denkst du wieder an Nevis?«, fragt Jesien und zu meinem Erstaunen sind seine Augenbrauen nicht amüsiert hochgezogen.
    »Was? Wieso?«, stottere ich und werde mit Sicherheit rot.
    »Fühlst du dich ertappt?«
    Ich sehe zu Sol und Aviv hinüber, die sich mal wieder spielerisch im Wasser bekämpfen. »Er tut mir so unendlich leid. Irgendwas stimmt nicht mit ihm.«
    »Wollen wir eine Wette abschließen?«
    Ich sehe ihn fragend an.
    »Ich wette, dass ich deine Entscheidung längst kenne.«
    »So, so«, sage ich. »Du glaubst also, es wird Nevis werden?« Ich sehe ihn abwartend und gespannt an.
    »Ich sehe doch, wie du ihn ansiehst, Maya.« Jesien kommt näher an mich heran. Ich kann seinen Atem auf meinem nassen Gesicht spüren. »Ich würde es mir für ihn wünschen.« Das ist das Selbstloseste, was ich je gehört habe.
    »Du wünschst Nevis den Sieg, obwohl es für dich wieder hundert Jahre in Einsamkeit bedeutet und obwohl du selbst so lange einsam warst? Jesien, du weißt, dass ich dich sehr gerne mag und du weißt auch, dass du eine Chance bei mir hast?«
    Der Herbst nickt.
    »Ich meine, ich weiß, dass Nevis dringend etwas Gesellschaft braucht, aber …«
    »Er braucht dich«, unterbricht mich Jesien. »Du gefällst ihm und das ist das erste Mal der Fall.«
    Ich glaube, ich erröte. Mein Gesicht brennt plötzlich und in einem ziemlich doofen, krächzenden Ton entfährt mit ein unglaublich dummes: »Glaubst du echt?«
    »Ich weiß es.« Jesien seufzt und sieht sich um. »Ich befürchte nur, dass er sich nicht auf dich einlassen wird.«
    Mein Herz kracht immer wieder polternd gegen meinen Rippenbogen, während in meinem Kopf das reinste Chaos entsteht. Nevis soll mich mögen? Mehr noch, mich brauchen? Plötzlich habe ich das Gefühl, hier weg zu müssen. Raus aus dem Wasser und weg von der unsinnigen Planscherei.
    »Die Wände werden dich führen«, sagt Jesien, der meinen Gesichtsausdruck richtig deutet. »Geh nur nicht einfach raus. Komm zu mir zurück, sollte er draußen sein.«
    Ich nicke und forme tonlos das Wort Danke . Damit schwimme ich zur Treppe und ziehe mich aus dem Wasser.
    »Hey Maya, wo willst du hin?«, fragt Sol.
    Ich sehe ihn entschuldigend an. »Wir sehen uns beim Abendessen.« Ich habe nicht vor ihm Rechenschaft abzulegen und lächele ihn sanftmütig an. Er wirkt etwas enttäuscht, genau wie Aviv, aber ich sehe lieber zu Jesien, der mir mit einer Kopfbewegung zu verstehen gibt, dass ich mich beeilen soll. Ich schnappe mir ein Handtuch und trockne mich ein wenig ab. Den dunkelblauen Bikini mit den weißen Punkten lasse ich an und mache mich – bevor mich der Mut verlässt – gleich auf den Weg zu dem Torbogen, der sich soeben für mich geöffnet hat. Er führt mich in die Eingangshalle, wo sich rechts neben der großen Treppe, die ins Nichts zu führen scheint, ein Flur vor meinen Augen erstreckt. Ich betrete ihn und fühle mich plötzlich irgendwie beklemmt. Die weißen Wände und die hellen Fliesen unter meinen Füßen lassen mich erschauern, weil sie erdrückend auf mich wirken. Diese Eintönigkeit hat etwas Angsteinflößendes und ich bin mehr als froh, als ich ein Ende und eine Tür auf der rechten Seite entdecke. Mit zittrigen Händen bleibe ich vor ihr stehen. Instinktiv weiß ich, dass mich Nevis dahinter erwartet. Ich hebe meine Hand und will anklopfen, doch dann verlässt mich der Mut wieder. Ängstlich schlucke ich und lehne mich an die Wand gegenüber. Was mache ich hier eigentlich gerade? Ein Stich Heimweh schmerzt mich in meiner Brust und lässt mich zögern. Soll ich wieder zurückgehen? Nevis hat mehr als klargemacht, dass er sich nicht auf mich einlassen will. Egal, was Jesien gesagt hat, sein kleiner Bruder will mich nicht. Ich wünsche mir mit meiner Mutter oder Iria darüber zu sprechen, aber die sind unerreichbar weit von mir weg. Im Orden bei den Hüterinnen war mein Leben noch einfach gewesen – und nun? Wenn ich die falsche Entscheidung treffe, dann werde ich für hundert lange Jahre todunglücklich sein. Ich sinke die Wand herunter auf den Boden und ziehe meine Beine an. Leise seufzend vergrabe ich meinen Kopf in meinen Knien. Nein, ich darf jetzt nicht in Heimweh verfallen. Ich muss stark bleiben und sehen, was ich bei Nevis erreichen kann. Doch bevor ich mich erheben kann, öffnet sich die Tür – und ich kann nur noch starren.
    »Maya!« Besorgt eilt Nevis zu mir herüber und

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