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Morgentau. Die Auserwählte der Jahreszeiten (German Edition)

Morgentau. Die Auserwählte der Jahreszeiten (German Edition)

Titel: Morgentau. Die Auserwählte der Jahreszeiten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Wolf
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diesen vier Wochen.«
    »Ja, ist schon klar.« Er sagt das so, als würde er mich für nicht zurechnungsfähig halten. Statt etwas dagegen zu sagen, lehne ich mich an ihn, froh, endlich irgendwo zu sein, wo ich meine Seele baumeln lassen kann. Ich habe diese innere Anspannung gar nicht bemerkt. Erst jetzt, wo sie von mir abgefallen ist, spüre ich sie. Es ist, als hätte ich in den letzten zwei Wochen krampfhaft versucht, offen und fröhlich zu sein. Dabei habe ich nur auf diesen Moment hin gefiebert. Oder ist dies nur die erhoffte Zwischenstation zu der letzten, finalen, vor der es mir ein wenig graut? Ich beginne etwas zu frieren, obwohl ich mir extra eine Jacke übergezogen habe.
    »Von der Sonne verwöhnt, hm?«, fragt Jesien ein wenig besorgt, als er bemerkt, dass ich mich kurz schüttele.
    »Ja, das wird es wohl sein.« Ich sehe zum Wald hin, der immer mehr an Grün verliert, dafür aber an Gold und Rot gewinnt, umso weiter man hineingeht. Ein kleiner Wiesenpfad führt bis zum Horizont.
    »Gib mir deine Hände«, sagt Jesien und ich folge seinem Wunsch. Ehe ich mich versehen kann, stehe ich vor einem Bauernhof. Um ihn herum sind lauter Apfelbäume, deren Früchte bereits in den tollsten Grün- und Rottönen schillern.
    »Wie hast du das gemacht?«, frage ich den Herbst erstaunt. Das hat noch keiner der anderen so mit mir gemacht. Natürlich hatte sich hier und da mal die Gegend bei unseren Spaziergängen verändert, aber das hier war ja wie Teleportieren.
    »Meine Welt, meine Regeln«, sagt Jesien und zwinkert mir zu. Ich sehe zu dem Haus. Es ist ein altes Fachwerkhaus mit Bänken und Blumenkästen davor. Etwas abseits stehen eine Saftpresse und ein riesiger Bottich, wo Trauben mit den Füßen ausgepresst werden können. Erst jetzt bemerke ich den riesigen Hang voller Wein im Hintergrund.
    »Hallo Maya, herzlich Willkommen!«, höre ich plötzlich eine Stimme irgendwo über mir. Ich sehe mich um und entdecke eine wunderschöne, große, braune Eule. Ihr Bauch ist vorne weiß mit schwarzen Flecken. Sie sieht ein wenig ehrfurchtgebietend aus wie sie da so im Apfelbaum sitzt und zu mir heruntersieht.
    »Mein Name ist Sowa«, stellt sie sich vor.
    »Freut mich dich kennen zu lernen, Sowa«, sage ich und nicke ihr zu, da ich ihr ja nicht die Hand geben kann.
    »Ich hoffe, du fühlst dich bei uns wohl.« Sie sieht zu Jesien. »Wenn er sich nicht benimmt, sag es mir.«
    Ich lache. »Mache ich.«
    »Pff«, zischt Jesien und deutet auf sein Haus. »Komm, such dir ein Zimmer aus.« Er hält inne. »Vorausgesetzt, das Haus gefällt dir. Wenn nicht, erschaffe ich dir etwas anderes.«
    »Nein«, falle ich ihm fast ins Wort. »Es ist wirklich toll hier!«
    Jesien grinst stolz. »Dann komm, Maya. Ich zeige dir das Haus.«
    Am Abend stehe ich mit Jesien an einem See und er zeigt mir, wie man Steine übers Wasser springen lässt. Da es kühl geworden ist, habe ich eine Strickjacke an und eine hübsche Häkelmütze auf dem Kopf. Ein wenig komme ich mir vor, als hätte mich meine Oma eingekleidet, aber Jesien bestand darauf, damit ich nicht friere.
    »Du bist wirklich sehr hübsch, Maya«, sagt der Herbst, als ich mich gerade darüber freue, dass ich den Stein einmal habe springen lassen können. Jesiens Steine springen dagegen mindestens viermal.
    Ich lächele ihn an. »Danke.«
    »Mein kleiner Bruder hat großes Glück.«
    »Nicht, Jesien. Bitte …«
    »Dein Herz gehört ihm längst, Maya«, unterbricht er mich und ich habe Schwierigkeiten, seine Miene zu deuten. »Daran ist nichts verwerflich. Es gibt Liebe auf den ersten Blick.« Jesien kehrt ein paar Blätter von zwei großen Steinen und bedeutet mir mich zu setzen. Ich lasse mich neben ihm nieder und sehe ihn abwartend an. Die Sonne malt hinter ihm den Horizont orange und lässt sein rotes Haar aufflammen.
    »So war es mit Melinda.«
    »Melinda? Die Auserwählte, die bei dir war?«
    Er nickt und senkt den Kopf. In seinen Händen hält er ein dunkelrotes Ahornblatt und fängt an es in kleine Stücke zu rupfen. »Sie fehlt mir … immer noch. Nach all den Jahren.«
    »Das tut mir so leid, Jesien«, hauche ich und wärme meine kalten Hände aneinander. Vielleicht muss ich sie auch nur irgendwie beschäftigen, da ich nicht weiß, ob ich ihn jetzt berühren darf oder nicht.
    »Ich habe sie gesehen und irgendwas in mir schrie auf. Sofort wusste ich, dass ich sie für mich gewinnen musste.« Er lacht leise. »Das war nur nicht nötig gewesen, denn wie sie mir später sagte, war

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