Morgentau. Die Auserwählte der Jahreszeiten (German Edition)
mehr mit dir machen sollen«, beginnt er panisch zu überlegen. Ich lehne mich vor und gebe ihm einen Kuss auf die Wange.
»Wenn ich mich nicht für dich entscheiden sollte, dann werde ich dich und Nutty vermissen.« Damit drehe ich mich zu Gaia um und nicke. Die Göttin durchforstet mich mit ihren schillernden Augen. Eine Ranke von fliederfarbenen Blüten hat sich über ihr Dekolleté und ihren Schoß gelegt wie eine Kette. Ansonsten ist sie vollkommen nackt. Schließlich lächelt sie und legt ihre Hand auf diese merkwürdige Wand. Sie gibt einen kleinen Torbogen frei, wo Sol mich bereits sehnsüchtig erwartet.
»Endlich, Maya!«, ruft er und streckt mir die Hand entgegen. Ich ergreife sie und sehe noch einmal zu Aviv. Sein Anblick bricht mir das Herz, aber ich kann es mir nicht leisten, jetzt jedes Mal zu zerbrechen. Zu nah ist die Sehnsucht nach meinen Lieben auf der Erde. Gaia schließt die Barriere ohne ein weiteres Wort. Ich sehe sie noch einen Moment mit Aviv sprechen, dann verschwindet sie. Langsam schließe ich die Augen und drehe mich entschlossen um. Das Erste, was ich registriere, nachdem ich mich etwas gefasst habe, ist die unglaubliche Hitze. Auf meinem Zopf, der über meine Schulter fällt, sehe ich Klee wachsen. Ich fasse mir an den Kopf. Die große Blume, die ich bei Aviv getragen habe, ist verschwunden.
»Komm Maya, deine Sachen sind schon in meinem Haus«, sagt Sol und zieht mich mit sich. Ich öffne meine Augen und sehe mich um, während ich an der Hand des Sommers über rötlich-braune Erde gehe. Hier und da sind ein paar Sträucher und Bäume. Ein angenehm süßer Duft weht mir in die Nase. Als ich schnuppere lächelt Sol.
»Das sind die Olivenbäume«, sagt er und deutet nach rechts. »Herrlich, oder?«
»Olivenbäume«, wiederhole ich. »Ich kenne Oliven nur aus alten Büchern.« Neugierig lasse ich seine Hand los und gehe zu den grünen Bäumen mit dem dünnen, knorrigen Stamm.
»Ja, hier in der Nähe des Frühlings stehen die Bäume in ihrer Blüte. Etwas weiter hinein, gibt es bereits Oliven. Ich werde dich gleich heute Mittag probieren lassen, ja?«
»Sehr gerne«, schwärme ich bei dem köstlichen Duft. »Sind sie süß?«
»Nein«, lacht Sol. »Man kann es nicht beschreiben, das muss man selbst probieren. Allerdings sollte du sie nicht direkt vom Baum essen, denn dann sind sie bitter. Sie müssen erst mit Wasser ausgeschwemmt werden.« Sol scheint immer noch amüsiert zu sein. »Ich sollte euch Oliven auf die Erde bringen. Das muss ich einmal mit Mutter besprechen. Wenn Orangen bei euch wachsen, dann müsste es mit den Oliven auch wieder klappen.«
Ich komme nicht umhin, Sols sonnengebräunten Oberkörper zu bewundern. Hier in der strahlenden Sonne des Sommers, kommt er mir noch schöner vor als in Gaias Haus.
»Sie wachsen in Gewächshäusern«, sage ich schließlich und beziehe mich auf die Orangen. Ich glaube, Sol hat meinen kurzen Gedankenaussetzer bemerkt und zieht wieder einen Mundwinkel lächelnd nach oben. Während ich ihn so ansehe, bemerke ich noch einen anderen Duft in meiner Nase. Etwas Salziges. Das muss das Meer sein. Bei dem Gedanken daran beginnt mein Herz wild zu pochen.
»Bitte bring mich zum Meer, ja?« Ich sehe ihn flehend an und Sol fährt sich durch die verstrubbelten blonden Haare.
»Da wollten sie alle zuerst hin«, sagt er und ergreift meine Hand. »Komm, Maya. Dann kann ich dir auch gleich meinen Delfin Seth vorstellen.«
Wir verbringen die meiste Zeit am Meer und in der Villa direkt am Strand, die Sol eigens für mich erschaffen hat. Sol bringt mir etwas bei, was er Surfen nennt. Nicht nur einmal muss Seth mich zurück an den Strand schleppen und zieht mich dabei jedes Mal amüsiert auf. Das Schwimmen mit dem Delfin macht mir am meisten Spaß. Ich genieße die warme Sonne auf meiner Haut und selbst das Salz und den viele Sand, der am Ende des Tages an mir klebt. Wenn ich mich abends geduscht habe, fühle ich mich rundherum wohl. Meine Haut hat einen ganz besonderen Duft, ich glaube es kommt von der Sonne. Sie hat mir eine leichte Bräune beschert, was ich bei meiner hellen Haut und den roten Haaren nie für möglich gehalten hätte. Im Vergleich zu Sol bin ich natürlich immer noch weiß, aber ich freue mich trotzdem über den leicht dunkleren Teint. Er lässt mich gesund aussehen. Wenn ich in den Spiegel schaue, dann sehe ich eine entspannte Maya. Sie wirkt gesund und strotzt vor Kraft.
Am Abend gehe ich mit Sol am liebsten spazieren. Wir ernten
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