Morgentau. Die Auserwählte der Jahreszeiten (German Edition)
sie repariert. Es begann zu regnen und es wurde glatt. Er verlor den Halt und fiel. Einem alten Freund von uns beiden zufolge war er sofort tot.«
»Wärst du sonst zu ihm gegangen?«, frage ich und versuche den stechenden Schmerz in meiner Brust zu betäuben.
»Ich denke … ja.« Mutter seufzt. »Aber dann starb Elaria und ich wurde zur neuen obersten Hüterin.« Mit dem Ärmel ihres Oberteils wischt sie sich über die Augen.
»Mama, ich liebe Nevis.«
»Ich weiß, Maya. Ich weiß.« Sie sieht mich ernst an. »Ich wünschte nur, du hättest auch nach deinem Herzen gewählt.«
»Ich weiß nicht, wie lange wir noch hier sein werden, Mutter. Bitte lass uns die Nähe, solange wir sie haben können.« Ich sehe zu meinem Zimmer, aus dem immer wieder ein Husten dringt. Mama erhebt sich und streicht ihre Kleidung glatt.
»Ich lasse nach einem Arzt schicken«, sagt sie nur, »ich befürchte, Nevis‘ göttlicher Körper ist nicht für die Erde gemacht.«
»Wie meinst du das?«, frage ich wie erstarrt.
»Nun, er kommt aus einer Welt, in der es keine Viren und Bakterien gibt. Er hat sich nie dagegen immunisieren können. Dazu die lange Kälte, der ihr ausgesetzt wart.« Sie beißt sich auf die Unterlippe und irgendwas daran macht mir Angst. »Ich hole einen Arzt.« Eilig hastet sie zur Tür und bleibt dann im Rahmen stehen. »Und ja, Maya. Ich lasse euch die Zeit, die ihr habt.«
»Danke«, kann ich nur noch leise vor mich hin flüstern, da sie die Wohnung bereits verlassen hat. Ich drehe mich zu meiner Tür und entscheide dann, dass ich Nevis wohl stören kann.
»Hey«, sage ich, als ich ihn im Bett sitzen sehe. Seine weißen Haare stehen ihm wirr vom Kopf ab, als wäre ein Orkan durch mein Schlafzimmer gefegt. »Wolltest du nicht schlafen?«
»Es ist merkwürdig … ich kann es nicht mehr ohne dich an meiner Seite.«
Ich lächele und schlüpfe zu ihm unter die Bettdecke. Nur zu gerne lasse ich mich von ihm in seine Wärme ziehen und lehne mich mit ihm gemeinsam zurück. Mein Kopf ruht auf seiner Schulter, während er beginnt meinen Scheitel zu küssen.
»Beim Schnee, ich habe dich vermisst.«
»Ich war nebenan, du hättest mich jederzeit rufen können«, sage ich amüsiert und beginne über seine Brust zu streicheln. Das Oberteil, welches er trägt, ist nur aus dünnem Stoff und überlässt beinahe nichts der Fantasie. Ganz genau kann ich jeden Muskel ertasten.
»Maya?«, drängt seine Stimme voller Sehnsucht an mein Ohr. Er dreht sich mir zu und drückt mich sanft an sich. Seine eisblauen Augen sehen mich mit einer Intensität an, dass es mir den Atem verschlägt. »Ich begehre dich so sehr«, haucht er und seine Lippen treffen auf meine, bevor ich etwas entgegnen kann. Mein Pulsschlag beschleunigt sich, liefert sich ein Wettrennen mit meinem Atem. Ich spüre Nevis‘ Körper mit jeder Faser. Spüre sein Verlangen, wie es aus ihm in mich hineinprickelt und wieder zurück. Seine Hände fahren über meine Taille, meinen Rücken und meinen Po … sie suchen einen Halt, um mich noch näher an ihn heranzupressen. In meinem Körper breitet sich kitzelnd und brodelnd eine ungewohnte Hitze aus, die von seinen Berührungen und seinen Küssen nur immer weiter entfacht wird. Ich spüre seine Erregung und es verschlägt mir fast den Atem.
Nevis straft den Arzt mit einem Blick, der tödlich sein könnte, wenn er ihn sehen würde. Der Doktor ist jedoch damit beschäftigt den Rücken des Winters abzuhören.
»Antibiotika, viel trinken und Ruhe«, schließt er seine Untersuchung. »Ihr habt eine Lungenentzündung.« Der Arzt geht um Nevis herum und verbeugt sich mit entschuldigendem Blick, bevor er in seiner schwarzen Tasche kramt und eine Dose mit Pillen hervorzaubert. Während er Nevis erklärt wie und wann er diese zu nehmen hat, tausche ich einen Blick mit meiner Mutter. Ihrer sagt ganz eindeutig : Er ist nicht für die Erde geschaffen. Meiner sagt: Doch!
»Danke, Doktor Mühlenstein«, sagt Mutter und gibt dem Doktor die Hand. Auch ich schüttele sie und verabschiede den Arzt an der Schlafzimmertür. Mama geleitet ihn hinaus, während ich mich zu Nevis ans Bett setze. Der Besuch des Arztes hat uns unterbrochen, weshalb er immer noch sauer zu sein scheint.
»Das wird wieder«, tröste ich ihn und streiche über seine Hände, die ziemlich warm wirken. Ein Klopfen an der Tür lässt mich herumfahren. Iria steht im Türrahmen und schaut betreten zu Boden.
»Komm rein«, sage ich und sie hebt ihren Kopf, um mich
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