Morituri - Die Todgeweihten
zischend entwich und der Schleusenmechanismus auf jaulte. Dann kletterten sie aus der offenen Schleuse, wobei sie peinlich darauf achteten, dass die Haftpunkte an ihren Stiefelsohlen nicht etwa gegen die Außenhülle donnerten. Pitcairn zielte mit einem Leinenwerfer, feuerte, und der Haken am anderen Ende der Leine verfing sich in einem X-Träger.
Sie hangelten sich bis zu den Frachträumen hinüber und betraten sie über eine weitere Luftschleuse. Dort angekommen, öffneten sie ihre Visiere, fanden Brechstangen und machten sich sofort an die Arbeit.
»Gesegnet sei meine verfluchte gute alte Mutier«, stieß Pitcairn nach einer Weile aus. »Zumindest einer auf Dusable leidet garantiert nicht unter der Depression.«
Die Ladung bestand ausnahmslos aus Luxusgütern. Exotische Nahrungsmittel. Schnäpse. Weine. Eine Kiste war randvoll mit Juwelen.
»Wir haben die ganze Zeit von Spülwasser gelebt, dabei war dieses Zeug hier nur ein paar Meter entfernt. Ich muss mich wirklich beherrschen, um nicht durchzudrehen, Moran das Gesicht abzureißen und dann zur allgemeinen Plünderung aufzurufen. Was jetzt?«
»Sehr interessant«, befand Raschid. »Ist dir aufgefallen, dass auf keiner Packliste ein Kunden- oder Adressenaufkleber zu sehen ist? Nur: Wie mit dem Kapitän verabredet.«
»Okay. Ich sag’s zum letzten Mal: was jetzt?«
»Ich glaube … vielleicht doch Meuterei.«
»Das macht die Sache einfacher. Was aber fangen wir hinterher mit all diesen Schätzen an? Die Schmuggler zahlen für so eine Fracht einen großen Batzen Credits.«
»Vielleicht ist das die Option: erst meutern, dann Fragen stellen.«
Die Meuterei ging kurz und schmerzlos über die Bühne, wenn man diese Redewendung etwas großzügiger auslegte. Raschid hatte genaue Anweisungen gegeben, so dass nur vier der zwölf Verschwörer benötigt wurden; diejenigen, die Raschid für einigermaßen verlässlich hielt.
Jarvis war einfach. Cady wartete bei der Brückenwache, bis dem Kapitän die schwere Uniformjacke mit der Pistole zu schwer wurde und er sie an einen Haken hängte. Als Jarvis beim nächsten Mal vorbeikam, traf ihn ein Stück Seife in einem Socken mit der angebrachten Wucht voll am verlängerten Mark. Der Kapitän wurde in seine Kabine getragen und dort eingesperrt, nachdem sein Quartier nach weiteren Waffen durchsucht worden war und man auch die Transportanweisungen für die versiegelte Fracht gefunden hatte.
Für Moran musste man schon etwas mehr Geschick aufwenden. Eine Raumfahrerin, die man aufgrund ihrer Schlankheit ausgesucht hatte, drapierte sich vor Morans Kabinentür auf einem Kabelschacht unter der Decke. Der Summer rief Moran zu seiner Wache. Er kam heraus, die Raumfahrerin schickte ein Stoßgebet zum Himmel und ließ sich fallen.
Das Durcheinander, bevor Moran sie durch den gesamten Korridor schleudern konnte, gab Raschid, Pitcairn und T’Orsten Zeit genug, ihn in die Mangel zu nehmen.
Sie wussten, dass er in seinem Quartier Waffen versteckt haben musste, weshalb sie ihn in einen leeren, unbenutzten Raum sperrten. Die Nasszelle funktionierte immerhin, und durch einen eigens dafür ausgeschnittenen Schlitz unter der Tür konnten sie ihm Essen durchschieben.
Raschid betastete seine aufgeplatzte Lippe, machte sich dann jedoch auf den Weg zu den Maschinenräumen und D’veen. Allein der leeren Drohung wegen nahm er Morans Pistole mit. D’veen ließ sich nicht im geringsten einschüchtern. Alles, was sie verlangte, war, dass die Meuterer, wenn sie geschnappt und vor Gericht gestellt wurden, aussagten, dass sie ihnen höllisch Gegenwehr geleistet habe.
»Wir haben nicht vor, uns vor den Richter zu stellen«, sagte Raschid. »Falls es doch soweit kommen sollte, retten wir Ihren Arsch.«
Nachdem Raschid und Pitcairn sich im Lagerraum mit den Leckereien nach den Zutaten für ein Siegesmahl umgesehen hatten, hielten die Meuterer in der Offiziersmesse Kriegsrat. Sie gestanden jedem Raumfahrer eine halbe Flasche Alk zu, wobei Raschid das schon zuviel fand.
Er hatte recht, doch Pitcairn hatte dafür gesorgt, dass sie und der Koch als einzige Waffen trugen. T’Orsten schnaubte vor Wut, als jemand sagte, er sei nicht in der Lage, Moran aus der Schleuse zu stoßen. Dass er mit dieser Luxusfracht keine vernünftige Orgie zustande brächte. Und dass er sich nicht an D’veen rächen könne.
Raschid ließ ihn toben. Als er jedoch sah, dass T’Orsten nicht Dampf abließ, sondern sich vielmehr wie ein Hochdruckkessel zum Berserker
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