Morituri - Die Todgeweihten
Himmel hineinreichten. Außer einigen Beuteltieren, die auf Bäumen hausten, einigen wilden Rindern und einem kleinen Tier, das nur nachts jagte, lebte niemand auf der Alm.
Sten baute sein Zelt auf, und die Leibwächter platzierten ihre Zelte gemäß seinen Anordnungen genau einen Viertelkilometer entfernt, halb versteckt hinter einem Busch auf der anderen Seite des Teichs.
Sten bereitete sich eine Mahlzeit zu, aß und ging kurz nach Sonnenuntergang zu Bett. Er schlief traumlos, stand am Morgen auf, packte seine Kletterausrüstung zusammen und machte sich in Richtung Felsen auf den Weg.
Einige Stunden lang konzentrierte er sich auf nichts anderes als den Rhythmus, in dem er aufstieg, das Gefühl des Gesteins unter den Händen und sein Gleichgewicht. Er trieb seinen Pickel in eine Felsspalte, sicherte sich und holte seine Tagesration aus dem Rucksack. Ein Blick nach oben. Nicht schlecht. Er war schon fast 250 Meter hoch. Vielleicht fand er ja etwas weiter oben eine Stelle zum Biwakieren, von wo aus er den Berg belagern konnte und es bis zum Ende seines Urlaubs bis zur Spitze schaffte. Er hatte mindestens noch sechs andere faszinierende Routen gesehen, die er unbedingt ausprobieren wollte.
Dann fiel sein Blick nach unten.
Acht Gesichter sahen zu ihm herauf. Seine Leibwächter saßen im Halbkreis am Fuß des Gipfels und erledigten ihren Job. Verdammt. Klettern war kein Sport, bei dem man Publikum brauchen konnte.
Er dachte kurz daran, einen Kletterhaken hinabzuwerfen oder etwas zu rufen. »Komm schon, Sten«, sagte er dann zu sich. »Sei nicht kindisch.« Er kletterte aber doch einige Stunden früher als ursprünglich geplant wieder nach unten, und der Abstieg beanspruchte seine Gedanken nicht halb so sehr wie der Aufstieg.
Am nächsten Tag versuchte er es mit einer anderen Route, die er sich hauptsächlich deswegen ausgesucht hatte, weil sie seinen hündisch treuen Leibwächtern keine Möglichkeit bot, ihn zu beobachten, weniger, weil sie ihn interessierte.
Es gelang ihnen trotzdem, einen Beobachtungspunkt zu finden. Er zwang sich, nicht darauf zu achten und kletterte weiter. Seine Konzentration, die Fähigkeit, sich selbst zu vergessen, war jedoch … noch nicht dahin. Was er tat, gefiel ihm außerordentlich. Aber er dachte zuviel an … andere Dinge.
Abends, nachdem er ein ziemlich langweiliges, zu lasch gewürztes Curry zubereitet und alleine gegessen hatte, konnte er nicht einschlafen. Über den Teich flackerte das niedrige Feuer vom Zeltlager der Bhor herüber. Sie hatten offensichtlich trockenes Holz gefunden. Er konnte beinahe ihre Stimmen hören. Beinahe, aber nicht ganz dieses perlende, melodiöse Gelächter vernehmen.
Sten fluchte. Er durchwühlte eilig sein Gepäck und fand eine Flasche. Er zog sich die Schuhe an und wanderte um den Teich herum zum Lagerfeuer. Nur vier Wächter saßen Drumherum. Er klopfte leicht mit der Flasche an einen Baum und ging auf sie zu. Cind und ein Bhor traten aus der Dunkelheit heraus und senkten die Gewehre.
»Was ist los?« fragte sie kurzangebunden, während ihre Augen suchend in die Dunkelheit gerichtet waren.
»Oh … nichts Besonderes. Ich … konnte nicht einschlafen. Ich dachte … wenn ich nicht störe …«
Sie luden ihn an ihr Lagerfeuer ein und nahmen höflich einen Schluck imperialen, synthetisierten »Scotch«, bis sie schließlich einen Vorwand fanden, ihren eigenen Vorrat auszupacken. Stregg.
Zu diesem Thema hatte der Ewige Imperator einmal doziert, Stregg verhalte sich zu dreifachdestilliertem Mondschein – was immer das auch bedeuten mochte – wie Mondschein zu Muttermilch.
Wie auch immer, Sten und seine Leibwächter betranken sich jedenfalls fürstlich. Die Stille der Alm wurde gelegentlich von Rufen wie »bei den gefrorenen Arschbacken meines Vaters« und anderen Trinksprüchen der Bhor unterbrochen. Der Abend näherte sich seinem krönenden Höhepunkt, als drei Bhor Sten in den Teich warfen.
»Das reinste Teenagerbesäufnis«, dachte Sten lallend, als er am nächsten Morgen erwachte. Es schmerzte noch zu sehr, um zuzugeben, dass er doch eigentlich ein Erwachsener war. Er befand sich immer noch im Lager der Bhor. Sein Kopf lag auf der Wade eines Bhor, und ein anderer Bhor benutzte Stens Bauch als Kopfkissen. Sten verstand plötzlich, dass er am ganzen Körper von tödlichen Luftmolekülen angegriffen wurde.
Cind und ein Bhor trafen, ebenfalls mit leichter Schlagseite, im Lager ein.
»Aufwachen, ihr Pfeifen«, schnarrte sie. »Ihr schiebt
Weitere Kostenlose Bücher