Morituri - Die Todgeweihten
transportiert.
Anschließend machten sich die Techniker an die Arbeit. Sten und Alex warteten ungeduldig im Hintergrund. Zwar waren sie in dieser Hinsicht ebenfalls nicht ganz unbedarft, insbesondere Alex, doch das hier ging doch weit über ihre Fähigkeiten hinaus.
Es war fast unmöglich, etwas aus einem Computer zu löschen. Wurde die Datei vernichtet, so existierte immer noch eine Sicherheitskopie davon, und selbst wenn diese gelöscht wurde, gab es immer noch einen geisterhaften Abdruck, zumindest, bis etwas Neues darüber gespeichert wurde. Selbst dann war es noch möglich, an die ursprüngliche Datei heranzukommen.
Zuerst nahmen sie sich die Computer vor. Diese lieferten ein erstaunliches Durcheinander verschiedener Verträge, aus denen hervorging, dass man Lovett und seine Freunde kaum als ehrenwerte Geschäftsleute bezeichnen konnte. Diese Information wurde festgehalten, um sie später vor dem Zivilgericht auszubreiten, sollte das Kabinett jemals gestürzt werden. Es gab keine Anrufe, die auf Computer festgehalten worden waren.
Als das Filetstück der ganzen Geschichte stellte sich der Konferenztisch heraus.
Hier hatte Sullamora vor Jahren den anderen Verschwörern die Leviten gelesen. Damals war Sullamora der einzige gewesen, der sich aus dem Fenster gelehnt hatte und nachweislich mit den Vorgängen in Verbindung gebracht werden konnte. Er war es, der die Mörder des Pressemoguls gedungen und Leute für Venloe angeheuert hatte. Sullamora machte Nägel mit Köpfen: sie alle mussten eine Art »Beichte« unterschreiben. Die Karte war aus unzerstörbarem Kunststoff. Darauf stand ein standardisiertes Schuldbekenntnis, die Vorbedingung für das Attentat. Kyes war der erste, der die Karte in den Tischbildschirm geschoben und unterschrieben hatte; die anderen waren seinem Beispiel gefolgt. Jedes Mitglied der Verschwörung erhielt eine Karte ausgehändigt, auf der alle anderen Mitglieder unterschrieben hatten.
Einer der Techniker hatte die Karte gefunden.
Ihr Zustand war alles andere als makellos, und der Empfang wurde immer wieder durch Bilder von einem lächelnden älteren Ehepaar unterbrochen. Vielleicht die Eltern von irgend jemand, die unlöschbar durch eine völlig unbekannte Landschaft spazierten. Ein Homevid.
Trotz alledem war die Karte immer noch leserlich.
WIR, DIE … DES PRIVATKABINETTS, SIND NACH LANGEN UND …
ÜBERLEGUNGEN … ZU DEM SCHLUSS … EWIGE IMPERATOR …
ZUNEHMEND UND AUF GEFÄHRLICHE WEISE UNBERECHENBAR …
ENTSCHLOSSEN … TRADITION … ZU FOLGEN … GEGEN … TYRANNEN …
AUFZUBEGEHREN … GESCHICHTLICH VERBRIEFTES RECHT … ENTFERNUNG …
HIERMIT WERDEN AUSSERORDENTLICHE MASSNAHMEN … GENEHMIGT …
ZERSTÖRUNG … TYRANNENHERRSCHAFT … FREIHEIT ZU GEWÄHRLEISTEN.
Das Dokument war nicht mehr hundertprozentig, doch es konnte kein Missverständnis geben. Unversehrt waren die persönlichen Zeichen, die »Unterschriften«, am Ende zu erkennen: Kyes. Die Kraas. Tanz Sullamora. Lovett. Malperin.
»Ich kann wahrscheinlich noch mehr Informationen wiederbeschaffen, Sir. Da gibt’s mehr Geister, die ich noch nicht identifiziert und von der Hardware abgerufen habe.«
Sten war einigermaßen zufrieden.
Vielleicht lag noch einiges im Verborgenen, aber allein damit hatten Mahoney und das Tribunal einen unwiderlegbaren Beweis, fast so gut wie den rauchenden Revolver.
Kapitel 31
Sten brauchte dringend Erholung. Unbedingt. Er hatte allen Grund, sich geistig, körperlich und nervlich überstrapaziert zu fühlen, aber es gelang ihm nicht, seine Schuldgefühle zu unterdrücken. Er müsste eigentlich hinten im Gerichtssaal sitzen und zuhören, wie sich das Tribunal sorgfältig zu seinem Urteil voranarbeitete.
Es war ein Moment von historischer Bedeutung. Was sollte er seinen Enkeln erzählen? »Ja, ich hatte damit zu tun. Aber dann bin ich schnell mal abgehauen, ich musste unbedingt einen Schluck trinken gehen und eine Nummer durchziehen, deswegen kann ich nicht viel darüber berichten.«
Kilgour versuchte, ihm bei seiner Entscheidung zu helfen. »Zum Teufel mit den Enkeln, die du sowieso nicht hast und wahrscheinlich auch nie haben wirst. Hau lieber ab. Später gibt’s noch verdammt viel Arbeit. Lass dich lieber jetzt in aller Ruhe vollaufen.«
Mahoney dachte genauso. Seiner Ansicht nach war es mehr als unwahrscheinlich, dass das Tribunal irgendwelche detaillierten Aussagen darüber wollte, wie die Verschwörung aufgedeckt worden war. »Los, Admiral. Mir wäre es
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