Morituri - Die Todgeweihten
Cnidarianer musste sehr, sehr gut gewesen sein, denn Pattipong hatte die Küche speziell auf seine Bedürfnisse eingerichtet. Sie bestand aus einer jetzt ausgelassenen Wanne, um die herum sämtliche notwendigen Armaturen und Arbeitsplatten kreisförmig arrangiert waren.
»Nicht sehr gut. Nur sehr guter Koch kann damit umgehen.«
Raschid kletterte in die Wanne.
»Ein Doppelauge. Auf beiden Seiten durch«, bestellte Pattipong.
Raschid schaltete den Ofen an und stellte eine Pfanne aufs Feuer. Er streifte geklärte Butter aus einer Schüssel hinein, nahm – mit einer Hand – zwei Eier aus einer anderen Schüssel, schlug sie mit einer einzigen Handbewegung in die Pfanne und warf die Schalen zur Seite. Pattipong nickte unbewußt. Raschid nahm Hitze weg und startete, bis die Eier in der Pfanne brutzelten. Pattipong blickte angestrengt auf sein Handgelenk. Genau im richtigen Augenblick warf Raschid die Eier herum, und sie glitten sanft auf ihre blinden Seiten.
Pattipong lächelte. »Du bist Koch. Macht sonst keiner richtig.«
»Möchten Sie etwas zu Ihren Eiern?«
»Nein. Ich möchte keine Eier. Ich hasse Eier. Eier machen mich immer …« Pattipong wedelte mit seiner Hand hinter seinem Hinterteil herum. »Aber alle anderen mögen Eier. Ich biete Eier an. Du hast die Stelle. Fang an zu kochen.«
Raschid blickte sich in der ziemlich dreckigen Küche um. »Ich koche später. Bis zum Mittag ist noch eine Stunde Zeit. Ich mache erst ein bisschen sauber.«
Pattipong überlegte einen Augenblick und nickte dann. »Mach jetzt sauber. Koch später. Ich helfe dir.«
So nahm die Legende von Pattipongs Eiern ihren Anfang.
Auf Pattipongs Speisekarte waren sie als Imperiale Eier Benedikt angekündigt. Aus irgendeinem Grund behagte Raschid der Name nicht. Er wollte ihn umändern, doch Pattipong schickte ihn in die Küche zurück. »Imperial ist ein guter Name. Beste Elefanten in Thailand sind Königliche Elefanten. Hat man mir erzählt.«
Zunächst war alles ein Ausbund an Langeweile. Zum Mittagessen war so gut wie niemand gekommen, und jetzt dauerte es noch einige Stunden bis zum Abendessen. Raschid war noch nicht müde genug, um zu dem kleinen Zimmer, das er gemietet hatte, zurückzukehren und ein Schläfchen zu halten. Er hatte keine Lust, etwas zu trinken, und auch keinerlei Bedürfnis nach einem Spaziergang. Er fing an zu backen. Raschid hatte zum Backen, jedenfalls meistens, das gleiche Verhältnis wie Pattipong zu Eiern. Es war viel zu unvorhersehbar, und er wusste nie genau, inwieweit die Zutaten an die Temperatur angepasst werden mussten, oder an die Luftfeuchtigkeit, das Barometer, oder was auch immer daran schuld war, dass seine Brotlaibe aussahen, als seien sie nicht aufgegangen. Doch es gab Ausnahmen, und das war eine davon.
Er hatte den Sauerteig vor ungefähr einer Woche zubereitet – warmes Wasser, einen gleichen Anteil Mehl, ein wenig Zucker und Hefe. Das alles in einer nichtmetallischen Schüssel zugedeckt stehen lassen, bis es stinkt.
Diese Masse benutzte er als Basisprodukt für etwas, das noch immer English Muffins genannt wurde. Sie waren ebenso einfach herzustellen. Für ungefähr acht Muffins brachte er eine Tasse Milch zum Kochen, nahm sie dann vom Ofen, schüttete ein wenig Salz hinein, einen Teelöffel Zucker und zwei Tassen eines vorgefertigten Bisquitmehls. Nachdem alles zusammengerührt war, ließ er es bis auf doppelte Größe anschwellen, rührte noch eine Tasse Mehl darunter und ließ den Teig erneut steigen.
Die an beiden Seiten offenen Zylinder wurden halb mit Teig gefüllt. Raschid erwähnte niemandem gegenüber, dass es sich bei den kurzen Zylindern um Tierfutterdosen handelte, denen Böden und Deckel entfernt worden waren. Selbst in dieser Gegend war man vor heiklen Essern nicht sicher.
Er bestrich seinen mittelheißen Grill mit Butter und legte die Zylinder darauf. Sobald das offene Ende einige Sekunden lang gebräunt war, drehte er den Zylinder um, bräunte die andere Seite und nahm den Zylinder herunter, wobei er sich regelmäßig die Finger verbrannte.
Er gab mehr Butter hinzu und ließ die Muffins fast schwarz werden, bevor er sie zum Abkühlen auf ein Regal stellte. Kurz vor ihrem Einsatz, der nicht länger als vier Stunden in der Zukunft liegen durfte, teilte er sie mit der Gabel und toastete sie.
Als nächstes entdeckte er den besten Schinken, den er, oder besser gesagt Pattipong, sich leisten konnte. Er war dünn geschnitten und in einer Wein-Butter-Kümmel-Mixtur
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