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Morland 01 - Die Rückkehr der Eskatay

Titel: Morland 01 - Die Rückkehr der Eskatay Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Schwindt
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den Schultern. »Sobald ich den Polizeidienst quittiert habe, bin ich nicht mehr von Interesse für ihn.«
    »Darum geht es nicht.«
    »Worum dann?«
    »Um Macht«, sagte Elverum und nippte an seinem Becher. »Wie sähe es denn aus, wenn ein kleiner Beamter sagt: ›Ich spiele dein Spiel nicht mit.‹ Er wird Sie und Ihre Familie alleine aus Eitelkeit vernichten. Jedes Mittel dazu wäre recht. Ich verstehe nur nicht, warum er Sie zum Leiter der Ermittlungen macht, denn mit Verlaub: Als Kriminalbeamter sind Sie eine Niete.« Elverum stand auf und musterte Lennart. »Sie könnten jetzt natürlich den Schwanz einziehen und nach Hause rennen ...«
    »Aber?«, versuchte Lennart den Gedanken weiterzuspinnen.
    Elverum verzog den Mund zu einem Lächeln, das nicht ganz aufrichtig wirkte. »Aber ich würde herausfinden wollen,welches Spiel Magnusson auf meine Kosten da treibt.« Er beugte sich ein wenig über den Schreibtisch und schaute Lennart in die Augen. »Sie sind im Besitz eines Papiers, das ein Freibrief sondergleichen ist. Mein Gott, von so einer Vollmacht habe ich immer geträumt.«
    »Also interessiert Sie nur dieser Wisch«, stellte Lennart fest.
    »Noch einmal: Magnusson wird Sie nicht so einfach gehen lassen. Sie können jeden Freund brauchen.«
    »Und den habe ich in Ihnen gefunden«, sagte Lennart sarkastisch.
    Elverum Grinsen wurde eine Spur breiter. »Nun, wie sieht es aus? Sind Sie dabei?« Er streckte seine Hand aus.
    Lennart zögerte, dann schlug er ein. Was hatte er schon zu verlieren?
    »Wunderbar«, sagte Elverum. »Glauben Sie mir, aus Ihnen machen wir noch einen Chefinspektor, auf den das Innenministerium stolz sein kann.«
    Und es klang so, als meinte er es ernst.
     
    ***

Der Regen war kalt, alles durhdringend und prasselte nun schon seit drei Tagen von einem grauen Himmel. Er war wie ein Fluch, der den kleinen Wanderzirkus verfolgte, denn für das Geschäft war er das reinste Gift. Das schlechte Wetter drückte auf die Stimmung und selbst so zuversichtliche Naturen wie Hakon glaubten langsam daran, dass sich die Elemente gegen sie verschworen hatten. Die letzten Vorstellungenhatten sie absagen müssen, weil die Hälfte der Truppe an einer hartnäckigen Erkältung mit hohem Fieber litt. Hakons jüngere Schwester Nadja hatte sich sogar eine schwere Bronchitis eingefangen. Seit Nächten hielt sie der bellende Husten wach, sodass die Nerven von Hakons Eltern blank lagen. Zu allem Überfluss wurden die Straßen langsam unpassierbar. An manchen Stellen waren einstmals kleine Flüsse angeschwollen und über die Ufer getreten. Immer wieder blieben die schmutzigen Holzwagen im Morast stecken. Alle waren mit den Kräften am Ende, selbst die wenigen Tiere, die der Zirkus Tarkovski noch hatte, lagen apathisch in ihren Kä fi gen.
    Hakon saß neben seinem Vater Boleslav auf dem Kutschbock, die Krempe eines viel zu großen Hutes tief ins Gesicht gezogen. Hakon betrachtete seinen Vater verstohlen von der Seite. Es schien, als hätten die Sorgen um die Zukunft des Zirkus und die schwer kranke Nadja sein Haar und seinen gewaltigen Schnurrbart noch grauer werden lassen. Unter seinen Augen lagen tiefe schwarze Schatten.
    Der Wagen der Tarkovskis führte den Zug an. Sie hatten es aufgegeben, die Karte zurate zu ziehen, denn egal wohin sie sich auch wandten, es war keine Besserung in Sicht. Deswegen hatten sie sich dazu entschlossen, aufs Geratewohl weiterzuziehen, denn alle Städte und Dörfer legten keinen Wert auf fahrendes Volk, das sie bestahl und mit billigen Kunststücken betrog. Hakon war mit diesen Vorurteilen groß geworden. Manchmal ärgerten sie ihn noch, aber er hatte gelernt mit der Ablehnung zu leben, denn sie schweißte die Familie umso enger zusammen. Seine Eltern waren rechtschaffeneLeute, die für ihr karges Brot und das der anderen Artisten hart arbeiteten.
    »Geh mal nach hinten und schau nach deiner Schwester«, sagte sein Vater. »Frag Mutter, ob sie etwas braucht.«
    Hakon nickte und kletterte durch die kleine Luke hinter ihm in den Wagen. Er setzte den Hut ab und öffnete den obersten Knopf seines Überwurfs. Das zierliche Mädchen wurde in seiner schmalen Koje hin und her geworfen. Die dunklen Locken klebten ihm feucht am fieberheißen Kopf.
    »Vater fragt, ob du etwas brauchst«, sagte Hakon leise zu seiner Mutter.
    »Sag ihm, er soll etwas vorsichtiger fahren«, antwortete Vera und wrang einen Lappen aus, mit dem sie Nadjas Stirn kühlte.
    »Vater fährt schon so vorsichtig er kann. Wie

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