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Morland 01 - Die Rückkehr der Eskatay

Titel: Morland 01 - Die Rückkehr der Eskatay Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Schwindt
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Schweißperlen bildeten. Sein Magen war anscheinend wirklich nicht so stabil wie der des Oberinspektors. Er versuchte, den Würgereflex zu ignorieren und sich einzig auf die Details zu konzentrieren.
    Die tote Frau trug ein schlichtes blaues Kleid, ihre Füße steckten in hoch geschnürten Lederstiefeln. Die rechte Hand ruhte noch immer auf dem Hebel, mit dem die Presse bedient wurde. Es war ein Selbstmord, ganz offensichtlich. Aber wieso war sie nicht einfach von einer Brücke gesprungen oder hatte sich einen Strick genommen? Lennart hatte keine Ahnung, wie so eine Schrottpresse funktionierte, aber es war bestimmt kein schneller, schmerzloser Tod gewesen, den sie sich ausgesucht hatte.
    »Warum sind wir hier?«, fragte er. »Für Selbstmorde ist das Dezernat für Kapitalverbrechen nicht zuständig.«
    »Vielleicht war es ja kein Selbstmord«, sagte Elverum. »Haben Sie den Körper schon untersucht?«
    »Wir wollen abwarten, ob die Ambrotypien etwas geworden sind. Die Abzüge werden drüben im Laborwagen entwickelt. Erst dann werden wir die Presse anheben.« Elverum holte eine Zigarre aus der Brusttasche und zündete sie sich an. Lennart bot er keine an. »Auch wenn es ein Suizid ist, was ich vermute, gibt es noch einen anderen Grund, warum wir hier sind. Diese Frau ist nicht die erste Selbstmörderin, die sich so gründlich ihres Kopfes entledigt hat. Es hat noch zwei andere Fälle gegeben. Und beide sind bis heute ungeklärt.«
    »Und wenn es keine Selbstmorde waren?«
    »Dann hätten wir es mit einem Serienmörder zu tun. Ebenfalls keine beruhigende Vorstellung, finden Sie nicht auch? Aber es waren erwiesenermaßen Selbstmorde, so viel wissen wir. Und es werden weitere folgen. Irgendwie erfüllt sich da gerade ein Gesetz der Serie. Ich vermute, das ist es, was das Ministerium verhindern will.«
    Plötzlich blitzte es hinter ihnen mit einem leisen puffenden Knall. Sie drehten sich um. Lennart dachte im ersten Moment, dass Elverums Männer weitere Bilder machten, doch als der Oberinspektor wütend seine kaum angerauchte Zigarre auf den Boden warf, wusste er, dass etwas Unvorhergesehenes geschehen war.
    »Los, verschwindet von hier! Kershin, verdammt! Ich habe Ihnen doch gesagt, Sie sollen das Tor sichern!«
    Der Polizist, der Wache gestanden hatte, zuckte zusammen. »Es muss geschehen sein, als ich den Chefinspektor zu Ihnen brachte. Ich habe ihm gesagt, dass ich meinen Postennicht verlassen dürfe, aber dann hat er mir diese Vollmacht gezeigt.«
    Elverum starrte Hagen Lennart wütend an. »Na, dann viel Spaß. Sie haben sich um den Job gerissen, jetzt sollen Sie ihn haben. Das ist die Presse. Sehen Sie zu, wie Sie Ihren Kopf aus der Schlinge ziehen. Und kommen Sie ja nicht auf die Idee, mit Ihrem Wisch in der Gegend herumzuwedeln, der wird diese Hyänen überhaupt nicht beeindrucken.« Er stieß einen lauten Pfiff aus, und die Fotografen drehten sich zu ihm um. »Wenn Sie mit jemandem reden wollen: Chefinspektor Hagen Lennart ist autorisiert, alle Ihre Fragen zu beantworten.«
    Sofort war Lennart von einer Gruppe Reporter umzingelt, die gleichzeitig auf ihn einredeten. Blitzlichter flammten wie bei einem Gewitter auf, und er hatte das Gefühl, bei lebendigem Leibe gefressen zu werden.
    Lennart sollte erst spät in der Nacht nach Hause kommen. Silvetta und die Kinder lagen schon längst im Bett, als er sich in der Küche ein spätes Nachtmahl zubereitete, das er aber kaum anrührte.
    Wut war nur ein unzulängliches Wort, um seine Gefühle zu beschreiben. Frustrierte Ohnmacht traf es da schon besser. Noch nie in seinem Leben war er so gedemütigt worden. Elverum hatte ihn komplett im Regen stehen lassen, und eigentlich konnte er ihm deswegen noch nicht einmal böse sein. An seiner Stelle hätte Lennart vermutlich genauso gehandelt. Wenn es jemanden gab, dem er einen Vorwurf machen konnte, dann war es Magnusson, der ihn vollkommenunvorbereitet ins offene Messer hatte laufen lassen. Nun, was immer sich der Staatssekretär bei Lennarts Beförderung gedacht hatte, mit diesem Einstand hatte sich der neugebackene Chefinspektor um jeden Respekt gebracht. Es war, als hätte der Trainer bei einem Fußballspiel ohne Abstimmung mit der Mannschaft einen Neuzugang zum Kapitän ernannt, und das konnte nicht gut gehen, Silvetta war da klüger gewesen. Er hätte das Angebot ablehnen müssen, auch wenn es das Ende seiner Polizeilaufbahn bedeutet hätte. Aber nach den Ereignissen dieser Nacht konnte er ohnehin nur den Dienst

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