Morland 01 - Die Rückkehr der Eskatay
darüber freuen, denn hier draußen haben wir nicht sehr viel Abwechslung. Jetzt am Wochenende wäre ein hervorragender Zeitpunkt. Vorausgesetzt, er passt Euch.«
Jetzt strahlte auch Boleslav. »Oh ja, es passt uns sehr gut. Wir sind Ihnen zu großem Dank verpflichtet.«
Helmdal winkte ab. »Papperlapapp. Wie gesagt, auf der Gemeindewiese ist Platz genug, selbst für ein großes Zelt. Und wenn es sonst noch etwas gibt, was ich für Euch tun kann ...«
»Das gibt es in der Tat«, sagte Hakon hastig, da er Angst hatte, sein Vater könnte aus lauter Höflichkeit das Wichtigste vergessen.
»Hakon, bitte!«, knurrte Boleslav.
Doch Hakon ließ sich nicht beirren. »Meine Schwester ist krank und wir wissen uns bald nicht mehr zu helfen.« Helmdals Gesicht wurde ernst. »Wo ist sie?«
»Sie liegt im Wagen. Meine Mutter kümmert sich um sie.«
Ohne auf Hakons Vater zu achten, ging Helmdal auf den Wohnwagen zu und stieg die kleine Treppe hinauf und klopfte an die Tür, die daraufhin geöffnet wurde. Veras Gesicht erschien. Im Licht der Sonne, die jetzt zwischen den Wolken hervorschien, konnte Hakon die Sorgenfalten sehen, die sich tief in ihr Gesicht gegraben hatten.
»Darf ich eintreten?«, fragte Helmdal und Vera trat beiseite. Hakon konnte nicht sehen, was der Bürgermeister im Inneren des Wagens machte, aber nach wenigen Augenblicken war er wieder draußen.
»Wir haben einen fähigen jungen Arzt im Ort. Ich werde augenblicklich nach ihm schicken lassen.« Er tätschelte Hakons Schulter. »Keine Angst, mein Sohn. Wir werden deine Nadja schon wieder hinbekommen. Fahrt schon einmal zum Lagerplatz, Dr. Mersbeck wird sofort bei Euch sein.«
Mit diesen Worten eilte Helmdal davon. Vera ergriff die Hand ihres Mannes.
»Sollten wir nach all der Misere endlich einmal Glück haben?«
»Ich würde es uns wünschen«, sagte Boleslav.
»Keine Angst, Helmdal ist eine ehrliche Haut. Er wird nur unangenehm, wenn man gegen seine Spielregeln verstößt«, sagte Hakon.
»Wer sagt dir das ?«, fragte Boleslav stirnrunzelnd.
Hakon tippte sich nur an die Nase. Sein Vater rollte mit den Augen.
»Ah ja, deine Eingebung. Die habe ich ja vollkommen vergessen.«
»Komm schon, Boleslav. Ich weiß auch nicht, wie der Junge das macht, aber seine Menschenkenntnis ist in der Tat beeindruckend«, sagte Hakons Mutter.
»Na, hoffentlich lässt sie ihn nicht mal im Stich.« Boleslav pfiff auf den Fingern und machte mit dem Arm eine kreisende Bewegung. Das war das Zeichen, dass die anderen Wagen ihm folgen sollten. Hakon schwang sich wieder neben seinen Vater auf den Bock und gemeinsam fuhren sie, begleitet vom Gejohle der Dorfkinder, zu ihrem Lagerplatz.
»Eure Tochter hat eine sehr weit fortgeschrittene Lungenentzündung.« Dr. Mersbeck setzte sein Stethoskop ab und zog Nadjas Nachthemd wieder glatt. Ihr Fieber war mittlerweile so gestiegen, dass sie völlig apathisch im Bett lag. Hakon war sich nicht sicher, ob sie überhaupt etwas wahrnahm.
Hakons Mutter schlug die Hand vor den Mund. »Oh, mein Gott«, murmelte sie und auch Boleslav wurde bleich. »Das kommt einem Todesurteil gleich.«
Dr. Mersbeck betrachtete seine Patientin und nickte. »Unter gewöhnlichen Umständen würde ich Euch Recht geben. Nadja hat enorm an Gewicht verloren. Ihr Körper kann der Krankheit nicht mehr viel entgegensetzen. Ohne die richtigen Medikamente würde sie in drei Tagen sterben. Vermutlich bliebe ihr aber noch nicht einmal diese Zeit.«
»Unter gewöhnlichen Umständen?«, fragte Boleslav.
Dr. Mersbeck lächelte. Er holte ein braunes Fläschchen aus seiner Tasche. »Als Bürgermeister Helmdal mir schilderte, in was für einer Verfassung sich Eure Tochter befindet, habe ich dieses Virostatikum eingesteckt. Die Nebenwirkungen sind nicht sehr angenehm, aber sie sind nichts im Vergleich zu dem, was Euer Kind sonst durchmachen müsste.« Dr. Mersbeck zog eine Spritze auf, desinfizierte Nadjas rechte Armbeuge und injizierte eine klare, bräunliche Flüssigkeit. Dann zog er die Nadel wieder heraus.
»Und das war jetzt alles?«, fragte Boleslav ungläubig.
»Im Prinzip ja. Die Dosis, die ich verabreicht habe, wird schnell wirken. Ihr solltet schon am nächsten Morgen eine Besserung bemerken.«
»Wird sie aufwachen?«, fragte Hakon.
»Du wirst sogar mit ihr sprechen können.« Er wandte sich an Vera. »Sobald Nadja wach ist, müsst Ihr unbedingt dafür sorgen, dass sie trinkt, und zwar sehr viel, denn sie wird sich vermutlich immer wieder stark
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