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Morland 02 - Die Blume des Bösen

Titel: Morland 02 - Die Blume des Bösen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Schwindt
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Stimme hinter ihm. Lennart drehte sich um. Es war sicher vorteilhaft, sofort zu antworten: »Ja?«
    »Als Insasse dieser Anstalt bist du zur Arbeit verpflichtet. Ich werde dich jetzt in die Wäscherei bringen. Dort wird dich der Vorarbeiter einweisen. Zelle 513 öffnen!«
    Die Wäscherei. Das Schlimmste, was einem hier passieren konnte.
    Lennart trat hinaus auf die Galerie und wartete, bis der Befehl zum Schließen der Zelle gegeben worden war. Dann folgte er dem uniformierten Mann hinab in den Keller.
    Lennart kannte das Innere des Staatsgefängnisses von Besuchen als ermittelnder Beamter. Er wusste, dass die beengten Verhältnisse zu einer ganz besonderen Dynamik zwischenden Gefangenen führten. Es gab eine Hierarchie, an deren Spitze die oberen Chargen der Boxvereine standen, straff organisierter Verbrecherorganisationen, die ihre Rivalitäten auch hinter Gitter austrugen. All dies geschah nach streng festgelegten Regeln und unter stillschweigender Duldung der Wärter. Teile und herrsche war die Maxime, und die Rechnung war bisher gut aufgegangen. Lennart fragte sich, wo sein Platz in dieser Gleichung sein würde.
    Ein wenig fühlte Lennart sich wieder wie damals, als er ein zwölfjähriger Junge war, der die Schule wechseln musste, weil seine Familie vom Land in die Stadt gezogen war. Ohne die Unterstützung von Freunden hatte er in der neuen Gemeinschaft seinen Platz finden müssen. Lennart gehörte nicht zu denjenigen, die losschlugen, um nicht zuerst geschlagen zu werden, was ihm dann die schmerzhafte Erfahrung einer gebrochenen Nase eingehandelt hatte.
    Die Wache öffnete die Tür zur Wäscherei und Lennart schlug die heißfeuchte Luft wie eine alles erdrückende Woge entgegen. Fast augenblicklich perlte der Schweiß auf der Stirn. Sein Bewacher gab ihm einen unsanften Stoß und Lennart stolperte nach vorne.
    »He, Stuart!«, rief der Wächter. Ein massiger Mann mit vor Schweiß glänzender Glatze, auf dessen Hinterkopf die böse funkelnden Augen eines Totenschädels tätowiert waren, blickte von einem Klemmbrett auf.
    »Was gibt’s?«
    Lennart überraschte der Tonfall. So sprachen zwei Männer miteinander, die sich auf Augenhöhe befanden und nicht die Rolle von Wärter und Gefangener spielten.
    »Ich hab hier einen Neuzugang.«
    Stuart runzelte die Stirn und legte das Klemmbrett auf ein Stehpult. Ein dünner, fast magersüchtiger Mann, der die Mangel bediente, schaute neugierig auf.
    »Kümmere dich um deinen eigenen Scheiß«, raunzte ihn Stuart an.
    »Jawohl«, entgegnete der Mann, der zu Lennarts Verwunderung jedoch keine Angst vor Stuart zu haben schien, sondern eher belustigt wirkte.
    Stuart schnaubte und brummte etwas, was zu Lennarts Erstaunen wie eine Bemerkung zur Arbeitsmoral der Gefangenen klang.
    »Wie heißt du?«, fragte Stuart.
    »Wir kennen seinen Namen nicht«, sagte der Wächter, noch bevor Lennart etwas entgegnen konnte.
    Stuart, der einen halben Kopf größer als Lennart war, musterte sein Gegenüber, ohne dass sein Gesichtsausdruck seine Gedanken verriet.
    »Wie soll ich dich nennen?«, fragte Stuart schließlich. Lennart zuckte mit den Schultern.
    »Ich könnte dich einfach nur ›Hund‹ rufen«, sagte Stuart mit ausdrucksloser Miene. »Aber das würde dein Leben nur unnötig erschweren. Also, wie willst du heißen?«
    Lennart dachte nach. »Aram«, sagte er schließlich. Er hatte damals, als er mit seinen Eltern noch auf dem Land gelebt hatte, tatsächlich einmal einen Hund mit diesem Namen gehabt.
    »Aram.« Stuart nickte. »Leicht zu merken. Also gut, Aram. Ich setze dich an der Mangel ein. Es gibt keine härtere Tätigkeithier unten. Sieh es als Prüfung. Wenn du sie ohne zu klagen bestehst, wirst du aufsteigen.«
    Bei dem Wort zuckte Lennart zusammen.
    Stuart grinste. »Ich sehe, du hast Angst. Das ist gut. Angst ist ein weiser Ratgeber. Höre auf sie, und du wirst keinen Ärger bekommen.« Er nickte dem Wächter zu, der daraufhin abzog.
    »Du hast die Anstaltsordnung gelesen?«, fragte Stuart wieder zu Lennart gewandt.
    »Ja.«
    »Dann weißt du, dass du nur reden darfst, wenn ich oder einer der Wächter dich dazu auffordert?«
    »Ja. «
    »Dann komm mit.«
    Stuart führte Lennart zu einer Maschine, deren Walzen so riesig waren, dass sie ohne Weiteres einen Mann verschlingen konnten, wenn der nicht aufpasste und ihnen zu nahe kam.
    »Das ist die Mangel«, sagte Stuart und schob den dürren Mann beiseite, den er kurz zuvor so rüde angefahren hatte. »Sie besteht aus zwei

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