Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Morland 02 - Die Blume des Bösen

Titel: Morland 02 - Die Blume des Bösen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Schwindt
Vom Netzwerk:
Teilen. Dort hinten wird aus der frisch gewaschenen Wäsche das Wasser gepresst. Ist sie so trocken, dass sie nicht mehr weiter ausgewrungen werden kann, wird sie ausgebreitet und durch die beiden anderen Walzen geschickt. Danach legst du sie da vorne auf dem Tisch zusammen. Du wirst einige Markierungen bemerken. Sie dienen dazu, die Wäsche auf das richtige Maß zusammenzulegen. Abweichungen werden nicht geduldet, Nichterfüllung des Solls wird mit dem Entzug von Privilegien bestraft. Da du dirnoch keine erarbeitet hast, wird man dir die Essensrationen kürzen. Hast du verstanden?«
    Lennart nickte.
    »Dann an die Arbeit.« Stuart zog den Mann an der Wäschepresse ab und Lennart nahm sofort dessen Platz ein. Das Laken, das schon einige Male durchgelaufen war, konnte nach einem weiteren Durchlauf in die Heißmangel. Er packte es und warf es auf den Haufen der anderen Wäschestücke, die darauf warteten, weiterverarbeitet zu werden.
    »He!«, zischte ihm eine Stimme zu. Es war der dürre Kerl. »Warum bist du hier?«
    Lennart presste die Lippen zusammen und schwieg. Er vermutete, dass der Mann am unteren Ende der Hierarchie stand, womöglich sogar ein wenig minderbemittelt war. Irgendwie erinnerte er Lennart mit seinem kleinen, fast kahlen Kopf und den glänzenden schwarzen Augen an ein Wiesel. Lennart empfand Mitleid für ihn, ahnte aber instinktiv, dass es an diesem Ort nicht klug war, die Nähe solcher Verlierer zuzulassen.
    »Ah, ich verstehe«, sagte der Mann mit einer Mischung aus Abscheu und Enttäuschung, nachdem er ihn einen Augenblick erwartungsvoll angeschaut hatte. Er versteifte sich und zwang sich zu einem Lächeln, das jedoch bitter war. »Ich verstehe.«
    Lennart holte tief Luft und traf eine Entscheidung. »Ich bin wegen unerlaubten Waffenbesitzes und Verschwörung hier«, sagte er leise.
    Die Miene des Dürren hellte sich auf. Er warf hastig einen Blick über die Schulter, um sich zu vergewissern, dass Stuartnicht in der Nähe war. »Ein Politischer bist du also. Von euch gibt es hier jetzt viele, und es werden jeden Tag mehr. Ich heiße übrigens Pavo.«
    »Aram«, erwiderte Lennart und fädelte ein neues Laken in die Presse ein. »Gibt es etwas, worauf ich hier achten muss?«
    Pavo grinste und entblößte dabei eine Reihe kariöser Zähne. Er strich sich mit der Hand das schweißnasse Haar aus der hohen Stirn. »Halte still und mach dich unsichtbar. So hab ich die letzten Jahre überlebt. Das hier ist ein böser Ort, hörst du? Auf Recht und Gerechtigkeit wartest du hier vergebens.« Er setzte eine eifrige Miene auf und schmatzte grinsend, als hätte er plötzlich Appetit auf irgendetwas bekommen.
    Lennart nickte nur und konzentrierte sich wieder auf seine Arbeit. Er bereute es bereits, dass er Pavo angesprochen hatte. Die Jahre hinter Gittern hatten ihn mit Sicherheit verrückt wie ein Eichhörnchen werden lassen. Das war auch wahrscheinlich der Grund, warum er überlebt hatte. Er war vielleicht ein wenig lästig, stellte aber keine Gefahr dar. Dennoch musste er auf der Hut sein. An Flucht war im Moment nicht zu denken. Zuerst musste er eine Strategie entwickeln, wie er an diesem verfluchten Ort die nächsten Tage überlebte. Und das würde seine ganze Energie erfordern.
     
    ***
     
    Der Wald, durch den sie sich schon seit zwei Tagen kämpften, veränderte sich, je weiter sie nach Norden vordrangen. Die Blätter der Bäume verlor erst seinen Glanz und dannseine Farbe. Das Gras war, obwohl der Sommer vor der Tür stand, gelb und raschelte wie im Winter trocken unter ihren Füßen. Es war, als hätte ein schleichendes Gift das Land befallen.
    Anfangs waren es nur Kleinigkeiten, die Hakon durch den Schleier seiner Kopfschmerzen hindurch auffielen: ein toter Baum hier, ein vertrockneter Bach da. Dann wurde der Gesang der Vögel immer leiser, bis er ganz verstummte. Als sie die ersten mumifizierten Kadaver entdeckten, wussten sie, dass etwas nicht stimmte.
    Eliasson hatte sich über etwas gebeugt, was wie die Überreste eines verhungerten Hundes aussah. Die Läufe waren angewinkelt und die gelben Zähne gefletscht. Die Augen lagen wie zwei verschrumpelte Rosinen in den Höhlen. Vorsichtig drehte Eliasson den steifen Tierkörper mit einem Stock um.
    »Keine Würmer, keine Maden«, murmelte er.
    »Was meinst du, wie lange liegt das Tier hier schon herum?«, fragte Henriksson.
    Eliasson zuckte mit den Schultern und stand wieder auf. Er warf den Stock in die Büsche und wischte sich die Hände an der Hose

Weitere Kostenlose Bücher