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Morland 02 - Die Blume des Bösen

Titel: Morland 02 - Die Blume des Bösen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Schwindt
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dem Fluss reisten?«, fragte Henriksson.
    »Du willst ein Boot bauen?«, fragte Eliasson.
    »Es müsste kein Boot sein. Ein Floß würde genügen. Das Werkzeug hätten wir.«
    »Dazu müssten wir wissen, in welche Richtung die Strömung fließt. Wenn uns der Fluss nur nach Süden führt, haben wir nichts damit gewonnen.«
    »Das weiß ich auch«, antwortete Henriksson gereizt. »Aber York hat Recht. Hakon würde den Fußmarsch nicht überleben. Also sollten wir nach Westen gehen. Wenn der Fluss für uns nicht schiffbar sein sollte, dann können wir uns ja immer noch etwas einfallen lassen.«
    Eliasson schaute die beiden Jungen an. »Was sagt ihr dazu?«
    »Ich befürchte, dass unsere Kräfte in der Tat nicht für eine längere Strecke ausreichen werden«, sagte Hakon.
    »Also ist es beschlossen«, sagte Eliasson, klang aber nicht so, als wäre er wirklich überzeugt.
    »Dann werde ich das nötige Werkzeug für ein Floß zusam‑
    mensuchen«, sagte Henriksson. »Kommst du mit?« Eliasson hob abwehrend die Hände. »Danke, aber in die
    Hütte kriegen mich keine zehn Pferde mehr rein.« Henriksson zuckte mit den Schultern und ging davon.
    Hakon und York warfen sich vielsagende Blicke zu. Irgendwie hatte sich das Verhältnis zwischen den beiden Männern merklich abgekühlt. Hakon fragte sich, wann diese Veränderung stattgefunden hatte. In den letzten Tagen war jeder so sehr mit sich selbst beschäftigt gewesen, dass niemand auf die anderen geachtet hatte, Hakon am allerwenigsten. Er hatte genug mit seinen persönlichen Dämonen zu kämpfen.
    Aber wenn er es sich genau überlegte, musste er zugeben, dass er Paul Eliasson so gut wie gar nicht kannte. Er war stets der Mann im Hintergrund gewesen, still, besonnen und eigentlich ziemlich unauffällig, fast schon langweilig. Seine Stimme war leise wie sein ganzes Auftreten. Im normalen Leben hätte er als Bankangestellter oder Buchhalter durchgehen können, jedenfalls machte Eliasson auf Hakon jenen grundsoliden Eindruck, der Vertrauen schafft. Wobei ihm bei diesem Gedanken einfiel, dass er Eliassons Beruf gar nicht kannte. Er wusste noch nicht einmal, ob er verheiratet war oder Kinder hatte. Und auch Henriksson war für ihn ein mehr oder weniger unbeschriebenes Blatt. Sein Gemüseladen existierte nicht mehr, seine Angestellten waren tot.
    Hakon und York hatten sich in die Hände zweier Männer begeben, von denen sie im Grunde so gut wie gar nichts wussten. Dass York und er nun auch noch ihre Begabung verloren hatten, beruhigte Hakon auch nicht gerade.
    Henriksson trat aus der Hütte, die er hinter sich verschloss, als könnte jemand den Leichen, die auf den Feldbetten lagen, noch etwas antun. Er hatte sich eine Seilrolle quer über die Brust gebunden. In der Hand hielt er eine Axt und eine Säge, die er außen an seinem Rucksack befestigte.
    »Lasst uns gehen«, sagte er.
    Glücklicherweise führte der Weg zum Fluss größtenteils bergab. Hakon war froh, dass er den schweren Rucksack mit den Konserven nicht auch noch einen Berg hinaufschleppen musste. Sie waren keine Stunde gegangen, als Hakon wieder diese Übelkeit verspürte, die mit einem brennenden Durst einherging. Und auch York schien erneut schwächer zu werden. Jedenfalls hatte sein Gesicht wieder jene graue Farbe angenommen, die es gehabt hatte, bevor sie auf die Hütte gestoßen waren. Niemand sprach ein Wort. Jeder versuchte, mit seinen immer spärlicher werdenden Kräften hauszuhalten.
    Hakon fragte sich, wann Eliasson und Henriksson die ersten Anzeichen der Koroba zeigen würden. Sie bewegten sich seit fünf Tagen durch diesen toten Wald. Hakon erinnerte sich daran, dass bei der Expedition die ersten Anzeichen wie Niedergeschlagenheit und Kopfschmerz am vierten Tag aufgetaucht waren – mit dem Unterschied, dass Johan Lukassons Männer bei ihrer Ankunft nicht so erschöpft und ausgezehrt wie sie waren. Also müsste es eigentlich früher losgehen, dachte Hakon. Vielleicht spürte Eliasson die ersten Symptome schon und wollte nur nicht darüber sprechen. Das würde jedenfalls seine Stimmung erklären.
    Zwei Stunden hatten sie sich durch das dürre Unterholz gekämpft, als die Sonne langsam unterging. Sie schlugen ihr Lager unter einem Felsvorsprung auf. Während Hakon und Henriksson die Zelte aufbauten, machten sich die beiden anderen auf die Suche nach Feuerholz. Im Vergleich zu den vorangegangenen Nächten war dies hier geradezu ein Luxus:Sie hatten Zelte und Schlafsäcke und konnten über dem offenen

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