Morland 02 - Die Blume des Bösen
Lagerfeuer eine Konserve mit Eintopf, Gulasch oder einer Hühnersuppe warm machen. Hakon massierte seine Schultern, denn der Rucksack mit den Vorräten war so schwer gewesen, dass die Tragriemen seine Haut aufgescheuert hatten.
Henriksson hatte in der Hütte noch eine Schachtel mit Sturmstreichhölzern gefunden. So dauerte es nicht lange und das Lagerfeuer brannte. Hakon baute aus Steinen eine Kochstelle, auf die er die Büchse stellte. Er hatte deren Deckel vorher angestochen, damit ihnen beim Öffnen nicht die kochende Soße ins Gesicht spritzte.
Noch immer sprachen sie kaum miteinander, dazu waren sie einfach zu erschöpft und zu niedergeschlagen.
Als die Sonne hinter den Hügeln verschwunden war, wurde es empfindlich kalt. Hakon aß eingehüllt in seinen Schlafsack. Eigentlich hatte er keinen Hunger. Er nahm ein paar Löffel zu sich und reichte dann den Rest weiter an York, dem es aber nicht viel besser erging. Eliasson und Henriksson schienen noch einen gesunden Appetit zu haben, denn sie teilten erfreut die Ration der beiden anderen unter sich auf. Einzig das Obst, diesmal waren es Birnen, bekamen Hakon und York herunter. Noch immer war das mangelnde Wasser ein Problem. Auch wenn das Obst im eigenen Saft schwamm, löschte es nicht den Durst.
Nachdem sie gegessen hatten, zogen sich alle in ihre Zelte zurück. Hakon teilte sich eines mit York, obwohl Henriksson Bedenken geäußert hatte, die Hakon sogar zu einem gewissen Grad teilte. Er und York waren so schwach, dass vielleichtder eine nicht merkte, wenn der andere in der Nacht kollabierte. Hakon ging das Risiko ein. Er hatte keine Lust, mit einem der Männer in einem Zelt zu übernachten. Er zog Yorks Gesellschaft vor.
Kaum war Hakon in den Schlafsack gekrochen, war er auch schon sofort weggedämmert. Es war ein tiefer, traumloser Schlaf. Nur einmal schreckte er in der Nacht hoch, weil er glaubte, dass eine der leeren Konservendosen umgefallen war, doch schlief er sofort wieder ein und erwachte erst, als die Morgensonne den Wald in ein graues Licht hüllte.
Es dauerte lange, bis das bleierne Gefühl in Hakons Gliedern verschwunden war und er den Eingang ihres Zeltes öffnen konnte.
Henriksson war schon auf den Beinen. Sein Hemd hing nachlässig über der Hose und die Haare standen wirr ab. Er hatte sich seit Tagen nicht mehr rasiert und erst jetzt bemerkte Hakon, dass sein Bart von grauen Fäden durchzogen war.
»Wir hatten heute Nacht Besuch«, sagte Henriksson und trat gegen eine der leeren Dosen.
Hakons Herz schlug schneller und brachte seinen schwerfälligen Kreislauf in Bewegung. Er torkelte auf die Beine und rieb sich den Schlaf aus den Augen. »Ich habe auch etwas gehört, war mir aber nicht sicher, ob ich nur geträumt hatte. Fehlt etwas?«
Henriksson untersuchte den Boden und öffnete die Rucksäcke, die neben den Zelten standen. »Nein. Wie es scheint, ist noch alles da.«
»Und wieder keine Fußspuren?«
Henriksson schüttelte den Kopf.
Eliasson kletterte aus seinem Zelt und gähnte. »Ist es dieses Ding, von dem du gesprochen hast?«, fragte er Hakon.
Er zuckte mit den Schultern. »Vielleicht. Ich kann es nicht sagen, denn ich habe ...«
»Ja, ich weiß. Die Gabe verloren«, sagte Eliasson und stopfte mürrisch sein Hemd in die Hose.
Da war sie wieder, die unterschwellige Feindseligkeit, die Hakon schon die ganze Zeit aus der Stimme des Mannes herauszuhören glaubte.
»Wir sollten sofort aufbrechen«, sagte Eliasson. »Wenn es dasselbe Ding ist, das diesen Oleg auf dem Gewissen hat, möchte ich nicht mehr hier sein, wenn es wiederkommt.«
»Wenn es dasselbe Ding wäre, hätte es uns alle in dieser Nacht umbringen können«, sagte Henriksson und packte die Sachen zusammen. »Aber du hast Recht, wir sollten weiterziehen.«
Hakon kroch zurück ins Zelt und versuchte York zu wecken.
»He, hoch mit dir«, sagte er und rüttelte seinen Freund an der Schulter. York stöhnte einmal leise, hielt die Augen aber geschlossen. »Nun komm. Ich bin auch müde.«
»Aber nicht so müde wie ich«, murmelte York und öffnete ein Auge. »Dabei hatte ich so einen wunderbaren Traum.«
»Dann versuche ihn dir zu merken, damit du ihn heute Abend weiterträumen kannst.«
»Nein, wirklich«, sagte York und setzte sich mühsam auf. »Das war der merkwürdigste Traum meines Lebens, denn ich konnte mich in ihm bewegen, als wäre ich wach. Ich wusste nämlich, dass ich schlief. Verrückt, nicht wahr?«
»Nicht verrückter als das, was wir hier erleben.«
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