Morland 03 - Das Vermächtnis der Magier
irrwitzigen Vorschlag tatsächlich als ernsthafte Möglichkeit in Betracht ziehen: Wie sollte ich Ihrer Meinung nach den Rest der Welt davon überzeugen, in den höheren Schichten der Atmosphäre mehrere Atombomben zu zünden?«
Nora wollte etwas darauf antworten, aber Pertoft hob die Hand. »Die meisten Atommächte sind Demokratien. Der Einsatz dieser Waffen muss von den jeweiligen Parlamenten abgesegnet werden. Glauben Sie wirklich, das könnte im Geheimen geschehen? Wir leben in einer Welt, wo auf globale Probleme noch immer national geantwortet wird. Der Völkerbund ist keine Weltregierung. Das kann man bedauern, aber es ist die Realität. Wir hätten nur eine Chance, wenn die Amerikaner und die Sowjetunion gemeinsam die Initiative ergreifen würden.«
»Das ist illusorisch!«, sagte ich.
»Richtig«, stimmte mir Pertoft zu. »Vielleicht finden Sie ja eine Möglichkeit, diesen Woronesch und seine Freundin zur Strecke zu bringen?«
»Noch einmal: Ich weiß, dass er noch lebt, aber nicht, wo er sich aufhält«, sagte Nora.
»Sie spüren ihn, nicht wahr?«, sagte Pertoft.
»Ja.«
»Ich weiß nicht, wie das bei Ihnen funktioniert, aber können Sie seine Gedanken lesen?«
Nora schüttelte bestimmt den Kopf.
»Nein, nicht auf diese Entfernung.«
Pertoft kratzte sich an der Nase. »Ich versuche jetzt, mich in die Situation von Ilja Woronesch zu versetzen. Die Gabe, die ich besitze, macht mich zu einem mächtigen Menschen. Ich kann von einem Ort zum anderen springen, Dinge allein durch die Kraft meiner Gedanken in Brand setzen und noch einiges mehr. Was für ein Interesse sollte ich haben, weitere Menschen mit der Blume anzustecken? Warum sollte ich meine Macht teilen?«
»Sie unterstellen gerade Woronesch das Verhalten eines normalen Menschen. Aber Woronesch ist nicht normal«, sagte Guselka. »Es mag zwar widersprüchlich klingen, aber er hat auf seine Art das Wohl der Menschheit im Sinn. Alle sollen von den Segnungen dieser Blume profitieren. Er will eine neue Weltordnung, natürlich zu seinen Bedingungen.«
»Woronesch hat eine Mission?«, fragte Pertoft erstaunt.
»Ja. Wenn es ihm nur um Geld oder Macht ginge, wären unsere Sorgen ein wenig kleiner. Dann würde er uns mit den Blumen erpressen.«
»Doch damit ist nicht zu rechnen.«
»Nein, das glaube ich nicht«, sagte Guselka.
Es klopfte erneut und die Frau, die schon zuvor nach dem Premier gefragt hatte, steckte ihren Kopf durch den Türspalt.
»Entschuldigung, aber der Rektor frag t …«
»Sagen Sie dem Rektor, dass er mich mal kann!«, fuhr Pertoft die Frau an. Sie zuckte zusammen und der Premier seufzte müde. »Nein, sagen Sie das nicht. Es dauert noch ein wenig.«
Die Frau musterte uns misstrauisch und zog dann wieder die Tür zu.
»Es tut mir leid«, sagte Pertoft zu Guselka. »Aber ich würde meine Glaubwürdigkeit aufs Spiel setzen, wenn ich einen weltweiten Atomschlag forderte. Im Moment befinden wir uns noch in einem Stadium, in dem die – wie nennen Sie sie? – die Eskatay die Dinge alleine regeln müssen. Was nicht heißt, dass ich Ihnen meine Unterstützung verweigere. Wie weit sind Sie mit Ihrer Anlage im Akka-Massiv?«
»Wir haben gerade erst mit dem Bau begonnen.«
»Ich werde diesem Vorhaben den Segen der Regierung geben. Dazu werde ich das Informationsbyrån, unseren Geheimdienst, in die Sache einweihen müssen. Sie beide werden jedoch nach außen weiter verdeckt operieren. Wenn der Rest der Welt erfährt, dass zwei Eskatay für den schwedischen Staat arbeiten, ist der Teufel los.«
»Hat Schweden so etwas wie einen zentralen Lagerungsort für nationale Kulturgüter?«, fragte Nora.
»Nein«, sagte Pertoft.
»Darf ich Ihnen vorschlagen, dafür unseren Bunker im Stortoppen zu nutzen?«, fragte ich. »Das Innere des Akka-Massivs dürfte jeden Atomschlag überstehen, deswegen wollen wir dort unsere Forschungsanlage errichten.«
»Wissen Sie, dass Sie beide mir eine Heidenangst einjagen?«, sagte Pertoft. »Ich werde den Vorschlag prüfen, aber das sollte kein Problem sein. Wenn jemand Fragen stellt, was wir in Lappland treiben, können wir ihm wenigstens sagen, wir bauen ein atombombensicheres Archiv.«
14. September 2003
Die Arbeiten im Stortoppen gehen zügig voran. Wofür ein Bautrupp mit etlichen Tonnen Dynamit vermutlich Jahre brauchen würde, das gelingt uns in wenigen Wochen. Nora hatte Recht. Je öfter ich meine Gaben einsetze, desto stärker werden sie.
Und nicht nur das, andere kommen hinzu! Heute Morgen,
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