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Morland 03 - Das Vermächtnis der Magier

Titel: Morland 03 - Das Vermächtnis der Magier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Schwindt
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auf diese wundersame Blume gestoßen war. Danach hatte er geglaubt, sterben zu müssen, aber das Gegenteil war geschehen: In jener Nacht war er neugeboren worden. Wie alle anderen, die jetzt in das Kollektiv drängten. Begarell spürte die neuen Gaben, die sich entwickelten und damit auch auf ihn übergingen, wie schon die Gaben des alten Kollektivs zu den seinen geworden waren: Swanns telepathische Kräfte, Egmonts Fähigkeit zu springen, Norwins Gabe, Dinge schweben zu lassen, und Mersbecks beständig wachsende Intelligenz. Dieses Talent hatte Begarell am meisten genützt.
    Der Chauffeur bog in die Einfahrt zum Parlament ab, wo der Schlagbaum bereits oben war und die Wache in ihrem Unterstand zackig salutierte. Begarell sah, dass die Schaulustigen auf der Straße vom Militär und nicht von der Polizei auf Abstand gehalten wurden. Ob die Menschen ihm zujubelten oder drohten, war nicht zu erkennen. Begarell vermutete aber, dass sie eher ihrem Unmut Luft machten. Er wusste, dass die Versorgungslage mittlerweile extrem angespannt war. Die Krone, Morlands Währung, befand sich im freien Fall. Es gab alles zu kaufen, doch die Preise waren so hoch, dass sich eine mehrköpfige Arbeiterfamilie außer Fisch, Brot und Milch nichts leisten konnte, und diese auch nur deshalb, weil die Preise für Grundnahrungsmittel staatlich garantiert wurden. Bevor sich die Dinge bessern, werden sie erst einmal schlimmer, dachte er und ging im Geiste die Rede durch, die er vor den Abgeordneten halten wollte. Als der Wagen wenige Minuten später anhielt und der Verschlag geöffnet wurde, begrüßte ihn der Parlamentssprecher.
    »Willkommen, Herr Präsident«, sagte Matthias Lindenberck und gab Begarell mit ernstem Gesicht die Hand.
    »Wie ist die Stimmung?«, fragte er.
    »Ich glaube, sie wollen Blut sehen«, sagte Lindenberck.
    »Nun, dann sollen sie es bekommen«, sagte Begarell. Er winkte Kramfors zu sich heran. »Haben Sie schon einmal das Parlament von innen gesehen?«
    »Während unserer Ausbildung an der Militärakademie haben wir eine Sitzung mitverfolgt.«
    »Auf der Besucherempore, wie ich annehme. Nun, heute haben Sie die einmalige Gelegenheit, sehr nahe beim Rednerpult zu stehen«, sagte Begarell. »Sie und Ihre Männer bleiben dicht bei mir.«
    »Worauf Sie sich verlassen können«, sagte Kramfors ohne die leiseste Spur von Ironie in der Stimme. Die Soldaten nahmen Begarell in ihre Mitte und bildeten so eine imposante Leibwache, die den Präsidenten in das Gebäude führte.
    Das Foyer des Abgeordnetenhauses war voller Parlamentarier, die ihre Gespräche abrupt beendeten, als sie Begarell in Begleitung der Soldaten anrücken sahen. Die Stille währte nicht lange. Als die ersten Abgeordneten erfassten, was da gerade geschah, stießen sie empörte Rufe aus. Noch nie hatte es jemand gewagt, die heiligen Hallen der Demokratie mit einer bewaffneten Eskorte zu betreten. Begarell grinste über beide Ohren, als er in den Gesichtern der Parlamentarier die Angst vor einem Putsch las. Lindenberck schwang die große Glocke, die die Parlamentarier zu ihren Plätzen rief. Die meisten Abgeordneten ließen sich gehörig Zeit und Lindenbercks Glocke musste noch einige Male ertönen, bis sich alle gesetzt hatten.
    Die Parlamentarier starrten Begarell an, als hätte er den Verstand verloren. Rufe der Entrüstung waren zu hören. Manch einer schüttelte drohend die Faust.
    Nur Begarell lächelte. Er wusste, dass dank großzügiger finanzieller Zuwendungen und anderer Gefälligkeiten knapp die Hälfte der Abgeordneten auf seiner Seite stand. Doch die Mehrheitsverhältnisse in diesem Haus würden heute keine Rolle spielen. Er drehte sich kurz zur spärlich besetzten Regierungsbank um, wo Staatssekretär Anders Magnusson saß. Der arme Kerl sah aus, als wäre er von einem Lastwagen überrollt worden. Seine linke Gesichtshälfte hing ebenso wie sein linker Arm kraftlos herab. Seine frühere Selbstzufriedenheit war einer dumpfen Angst gewichen, die ihn unsicher wirken ließ. Aber Magnusson war da. Das war gut. Er würde in der kleinen Komödie, die Begarell gleich aufführte, die Hauptrolle spielen.
    Der Tumult unter den Abgeordneten wollte nicht verebben. Die Vertreter der Arbeiterpartei begannen, ihre Sachen zu packen. Es schien, als wollten sie aus Protest der Sitzung fernbleiben. Begarell stellte sich hinter das Rednerpult. Lindenberck läutete abermals die Glocke und schlug mit einem Holzhammer auf den Tisch.
    »Ruhe, meine Herren!«, rief er. »Ich

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