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Morland 03 - Das Vermächtnis der Magier

Titel: Morland 03 - Das Vermächtnis der Magier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Schwindt
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ihre Vergangenheit.
    Es tat so weh, dass sie nicht einmal weinen konnte.
    Der Mann seufzte und stand auf. »Komm. Es hat keinen Zweck, hier herumzusitzen und über Dinge zu jammern, die nicht mehr zu ändern sind. Porter muss gefüttert werden und ich habe noch nicht zu Abend gegessen. Mein Name ist übrigens Andre Jesion.«
    Tess ignorierte die Hand, die er ihr reichte. »Wie lange kennen Sie Nora schon?«
    »Zehn Jahre sind es wohl.«
    »Wer sind Sie?«, fragte Tess weiter.
    »Ich habe dir meinen Namen bereits genannt.«
    Tess schüttelte den Kopf. »Das meinte ich nicht. Sie und Nora haben den Untergang der alten Welt miterlebt. Sie wissen, was damals geschehen ist. Warum haben Sie überlebt? Und warum sind Sie hier an diesem Ort?«
    Jesion zog die Hand wieder zurück. Sein Gesicht wurde hart.
    »Warum?«, schrie Tess ihn an.
    »Weil Nora und ich diesen Krieg mit ausgelöst haben!«, schrie Jesion zurück. »Wir haben die Welt an den Abgrund geführt – und überlebt!«
    ***
    »Mersbeck lebt!«, sagte Begarell erstaunt.
    »Wie bitte?«, fragte Kramfors. Sie standen mit zwei schwer bewaffneten Soldaten im Fahrstuhl, der sie hinunter zur Garage brachte, wo die Präsidentenlimousine bereits mit laufendem Motor wartete.
    »Schon gut«, sagte Begarell. Kramfors blickte nach vorne, seine Stirn war in Falten gelegt.
    »Hören Sie auf, sich Gedanken zu machen«, sagte Begarell. »Das gehört in meinen Aufgabenbereich, nicht in Ihren.«
    »Ich trage die Verantwortung für Sie, Herr Präsident.«
    »Sie erledigen Ihre Arbeit vorzüglich«, sagte Begarell. Er versuchte, seiner Stimme eine väterliche Note zu geben. »Ich wüsste nicht, was ich ohne Sie und Ihr Pflichtbewusstsein tun sollte.«
    Kramfors räusperte sich verlegen und schwieg.
    Begarell lauschte wieder in sich hinein, aber es gelang ihm nicht, in all dem Durcheinander Mersbeck herauszufiltern. Doch er lebte tatsächlich. Erstaunlich. Begarell wusste, dass der junge Arzt überaus begabt war. Mersbeck war der Einzige, der seine Gedanken und damit sein wahres Wesen vor anderen Eskatay verschleiern konnte. Begarell hatte das nie beunruhigt. Mersbeck war stets der festen Überzeugung gewesen, dass die Fähigkeiten, die ein Eskatay nach der Infektion entwickelte, segensreich waren. Und diese Begeisterung war nicht gespielt. Mersbeck arbeitete ununterbrochen an einem Mittel, das die Sterblichkeitsrate unter den Infizierten gegen null sinken ließ. Auf diese Weise hätte jeder Mensch die Möglichkeit gehabt, Magier zu werden und so über sich hinauszuwachsen. Um diesen Plan umzusetzen, brauchte er Begarell, und Begarell brauchte ihn. Solange diese wechselseitige Abhängigkeit bestanden hatte, war alles gut gewesen.
    Mit einem Ruck hielt der Aufzug an. Die Soldaten entsicherten ihre Waffen und öffneten die Gittertür. Kramfors hatte sich schützend vor den Präsidenten gestellt, falls im Tiefgeschoss des Präsidentenpalastes ein Attentäter auf sie warten sollte. Begarells Fähigkeiten machten Leibwächter im Grunde überflüssig, doch er fand, dass eine militärische Eskorte dem Anlass die nötige Dramatik verlieh.
    Die Präsidentenlimousine wartete mit laufendem Motor. Kramfors setzte sich zu Begarell in den Fond des umgebauten Coswig. Augenblicklich fuhren sie los. Ein mit Soldaten besetzter Wagen raste vorneweg, ein zweiter folgte ihnen. Als sie auf den Brandenberg-Prospekt einbogen, wollte Kramfors die Vorhänge zuziehen, aber Begarell hielt ihn davon ab.
    »Lassen Sie. Heute ist so ein schöner Tag. Es wäre schade, wenn wir hier im Dunkeln säßen.«
    »Wie Sie wünschen«, sagte Kramfors und richtete seinen Blick wieder nach vorne.
    Begarell lehnte den Kopf gegen die kalte Scheibe und blickte in den Himmel. Einige Möwen schwebten über der Midnar, auf der ein schwerer, mit Schrott beladener Schleppkahn flussabwärts dem Hafen entgegenfuhr. Aus seinem Schlot stiegen schwere Rauchwolken. Wie eine dunkle Braut, die eine schwarze Schleppe hinter sich herzieht, dachte Begarell.
    Dies war nicht seine Welt. Sie hatte ihn verloren, als er sein totes Kind in den Armen gehalten hatte. Das, was Juri Brasauskas ausgemacht hatte, war in jener eisigen Nacht zusammen mit seiner Familie gestorben. Die Morstal-Gesellschaft hatte billige Arbeitskräfte gesucht, sie hoch in den Norden geschickt und dann einfach vergessen. Begarell hatte schon mit seinem Leben abgeschlossen, als er in einer riesigen Kaverne tief im Inneren des Silfhöpping, einem Berg hoch im Norden des Landes,

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