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Morland 03 - Das Vermächtnis der Magier

Titel: Morland 03 - Das Vermächtnis der Magier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Schwindt
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4.
    »Was tust du da?«, fragte Hakon.
    »Scht!«, machte York ungeduldig.
    »Da weint ein Kind«, sagte Mersbeck.
    »Das kommt aus dem Keller«, sagte Hakon, der einen Fuß über die Schwelle gesetzt hatte.
    »Ich komme mit«, sagte Mersbeck.
    »Sie werden schön hierbleiben«, sagte Hakon.
    Mersbeck schob den Jungen beiseite. »Eins kannst du mir glauben: Von dir lasse ich mir keine Vorschriften machen.«
    »Wie Sie meinen«, sagte Hakon gereizt. Mit einer ausholenden Geste überließ er Mersbeck den Vortritt. York nahm eine Lampe von einem Wandhaken bei der Kellertür und zündete sie mit einem Benzinfeuerzeug an, das jemand auf einem kleinen Sims bereitgelegt hatte. Als das Licht brannte, stiegen sie hinab in den Keller.
    Es war feucht und roch nach Kohlen, Äpfeln und fauligen Kartoffeln. Ihre Schritte knirschten auf den sandigen Stufen. Das erstickte Schreien des Kindes schien aus einem der Kellerräume zu kommen, die links und rechts an den schmalen Korridor grenzten. Die Decke des gemauerten Gewölbes war so niedrig, dass Mersbeck den Kopf einziehen musste.
    »Verdammt, bring den Kleinen endlich zum Schweigen!«, fluchte ein Mann leise. Die Stimme klang gedämpft.
    »Aber wenn ich ihm den Mund zuhalte, kriegt er keine Luft mehr«, jammerte eine Frau.
    »Wir werden bald alle tot sein, wenn Ihr Sohn nicht bald still ist«, sagte eine andere Stimme. »Tot oder verrückt!«
    York hielt die Lampe in die Höhe, zögerte einen Moment und klopfte dann an die Tür. Das Kind verstummte.
    »Verdammt«, murmelte York und riss die Tür auf.
    Der Kopf des Jungen war schon blau angelaufen. Er zappelte verzweifelt mit den Beinchen und versuchte vergeblich, die Hand seines Vaters von seinem Mund wegzuschieben. York gab dem vollkommen verängstigten Mann einen Stoß, der daraufhin das Kind losließ. Der Junge schnappte gierig nach Luft, und als sich seine Lunge wieder gefüllt hatte, schrie er noch lauter als zuvor.
    »Tun Sie uns nichts«, bettelte die Frau. »Bitte.«
    York sah sich um. Männer und Frauen kauerte eng beieinander in dem niedrigen Raum. Ihre vor Todesangst weit aufgerissenen Augen leuchteten im Schein der Petroleumlampe wie helle Murmeln.
    Diese Menschen mussten sich Hals über Kopf in den Keller geflüchtet haben, denn eine der Frauen hatte noch ihre Hausschuhe an.
    »Was geht da draußen vor?«, fragte eine alte Frau mit zitternder Stimme. Ihr Haarknoten hat sich schon halb aufgelöst. Es sah aus, als trüge sie ein Vogelnest auf dem Kopf.
    »Die Eskatay sind zurückgekehrt«, sagte Mersbeck, bevor Hakon die Frage beantworten konnte.
    Die Frau schlug in stummem Schrecken die Hand vor den Mund.
    »Die Eskatay?«, fragte ein alter Mann, der absurderweise einen zerbeulten Hut auf dem Kopf trug. »Das kann nicht sein!«
    »Wir bringen Sie in Sicherheit«, sagte Hakon. »Im Hotel Esplanade versammeln wir alle Menschen, die noch nicht infiziert wurden.«
    »Was geschieht dort mit uns?«, fragte das Vogelnest.
    Hakon schwieg. Er und York blickten fragend zu Mersbeck.
    »Ich vermute, die Armee wird Morvangar zum Sperrgebiet erklären und die Überlebenden evakuieren«, erwiderte dieser schließlich nach einigem Nachdenken.
    »Wie auch immer«, kürzte Hakon ungeduldig die Diskussion ab. »Wir müssen fort von hier.«
    »Einen Moment noch«, fiel ihm York ins Wort. »Kennt jemand von Ihnen Svetlana Tereschkova?«
    »Ich kannte sie«, sagte die alte Frau mit der zerrupften Frisur. »Warum willst du das wissen?« Sie trat näher an York heran und nahm ihm die Lampe aus der Hand, um sein Gesicht genauer betrachten zu können. »Bist du ihr Sohn? Aber natürlich! Du bist der kleine York.«
    »Ja, das bin ich«, sagte York.
    Die alte Frau stellte die Lampe ab, schlang die Arme um ihn und weinte. »Svetlana war für mich wie eine Tochter. Es bricht mir noch heute das Herz, wenn ich daran denke, dass sie damals so plötzlich verschwunden ist.«
    »Was ist geschehen?«
    »Jungchen, nenn mich bitte Marga!«, sagte die Frau und tätschelte seine Wange.
    »Was ist geschehen, Marga?«
    »Svetlana stand eines Tages vor meiner Tür und fragte mich, ob ich ein Zimmer für sie hätte. Sie war von der Arbeitsvermittlung der Stadt zu mir geschickt worden. Vor zwanzig Jahren ist mein Mann gestorben. Die Wohnung ist eigentlich zu groß für mich und deswegen vermiete ich immer ein Zimmer, vorzugsweise an alleinstehende junge Damen in Not. Und wenn es damals jemanden gab, der in Schwierigkeiten steckte, dann sie.«
    Yorks Herz begann,

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