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Morland 03 - Das Vermächtnis der Magier

Titel: Morland 03 - Das Vermächtnis der Magier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Schwindt
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getan haben, leichtfertig aufs Spiel setzen!« Guselka redete sich in Raserei. »Innerhalb von vierundzwanzig Stunden werden die Amerikaner und die Europäer wissen, was hier los ist! Meinen Sie, die schauen tatenlos zu, wie wir uns einen uneinholbaren militärischen Vorteil verschaffen?«
    »Guselka, es geht um Menschen!«
    »Nein! Es geht hier um das Projekt Eskatay!«
    »Um was bitte?« Ich war jetzt fest davon überzeugt, dass der Mann, der da wie ein Derwisch mit hochrotem Kopf vor mir auf und ab sprang, vollkommen den Verstand verloren hatte.
    » Ta és-chata! «, rief er. »Die Lehre von der Vollendung jedes Einzelnen und der Schöpfung.«
    Jetzt war ich wirklich sprachlos. Dieser Mann, Mitglied der Roten Armee, des Komsomol und der Kommunistischen Partei der Sowjetunion, warf mir tatsächlich einen theologischen Begriff an den Kopf!
    »Sie sind verrückt!«, sagte ich fassungslos.
    »Andre Jesion, Sie und Nora haben zwei Möglichkeiten«, sagte Guselka schwer atmend. »Entweder Sie stehen auf unserer Seit e …«
    »Oder?«, fragte ich neugierig.
    »Oder … ach Herrgott!«, fluchte Guselka. »Sie wissen doch, wie das hier läuft.«
    »Nein. Erklären Sie es mir.«
    »Ich stehe auf Ihrer Seite! Die Partei wird nicht zögern, mich gegen jemanden auszutauschen, der skrupelloser is t …«
    » … wenn Sie nicht die nötigen Erfolge aufweisen können«, führte ich seinen Gedanken fort.
    »Ja«, sagte er und ließ sich erschöpft auf seinen Stuhl fallen. »Bitte! Ich brauche Sie!«
    »Da haben Sie Recht«, sagte ich und verließ den Raum so, wie ich ihn betreten hatte.
    2. Juli
    Dieser Tag war die Hölle. Guselka hat seinen Plan in die Tat umgesetzt und die Rekruten mit den Blumen infiziert. Ich weiß nicht, wie hoch die Sicherheitsvorkehrungen waren, aber es muss schrecklich gewesen sein. Nora hatte sich in einem Punkt getäuscht. Sie musste nicht erst mühsam Kontakt zu einem Eskatay aufbauen. Offensichtlich gehört es mit zur Verwandlung, dass die Verbindung zu allen anderen Infizierten schon mit angelegt wird. Siebzehn haben unter unbeschreiblichen Qualen die Infektion überstanden. Und bei jeder Transformation war es so, als würden wir den Tag in der Spurendriftkammer noch einmal erleben. Ich wünsche diesem rückgratlosen Wurm von Guselka die Pest an den Hals.
    Noch haben wir keinen direkten Kontakt mit den Eskatay aufnehmen können, aber sobald uns das möglich ist, werden wir uns zusammenschließen. Nora findet den Begriff »Kollektiv« noch immer ziemlich passend, doch habe ich mich mit »Nexus« durchgesetzt. Ich finde, das klingt viel neutraler. Es ist ein lateinisches Wort und bedeutet »Gefüge«. Nur gegen »Eskatay« konnte ich mich nicht wehren. Der Begriff hat sich schon in den alltäglichen Gebrauch eingeschlichen. Ich verabscheue ihn, da er ein Produkt von Guselkas Sprachregelung ist. Aber ständig von »Infizierten« zu sprechen, wird der Sache auch nicht gerecht.
    4. Juli 2003
    Guselka hatte sich nicht getäuscht. Es hat kaum achtundvierzig Stunden gedauert, bevor die ersten Gerüchte im Internet die Runde machten. Noch glaubt niemand daran, dass es die Eskatay gibt, aber das wird sich ändern. Spätestens dann, wenn einer der Neuzugänge seine neuen Fähigkeiten nicht in den Griff bekommt. Einer der besten Kandidaten dafür ist Ilja Woronesch, neunzehn Jahre alt. Seine zwei Gaben lassen sich zu einer explosiven Mischung kombinieren. Er ist nämlich gleichzeitig ein Springer und ein Feuerteufel. Man stelle sich vor, wie es aussähe, wenn sich der Kerl direkt auf dem Roten Platz vor dem Trotzki-Mausoleum materialisiert und dort als Erstes eine Gruppe von Touristen in Brand steckt.
    Ich frage mich, ob Guselka gut schläft. Ich liege jedenfalls in den Nächten lange wach und denke über unsere Zukunft nach.
    6. Juli 2003
    Die Bombe ist geplatzt und Gott sei Dank war es nicht Woronesch. Yulia Plakinowa, die im gleichen Alter wie Ilja ist, war zu dem Schluss gekommen, dass sie nun ein Engel sei. Sie konnte immerhin fliegen, so viel war sicher. Und das tat sie auch. Nora versuchte noch sie zurückzurufen, aber es war zu spät. Da hatte Yulia schon Kurs auf Leningrad genommen. Selbst die eilig herbeigerufenen Abfangjäger hatten kein Glück, dazu war Yulia einfach zu klein und wendig.
    Gut eine Stunde später schwebte sie in Leningrad über der Bluterlöser-Kirche und predigte den Massen eine geschlagene Stunde vom kommenden Reich Gottes. Die Bilder beherrschten weltweit die Abendnachrichten.

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