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Morphin

Morphin

Titel: Morphin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Szczepan Twardoch
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schon eine Woche nüchtern.
    Aber ich schaffe es.
    Oder vielleicht liegt mir gar nicht daran?
    Also was, gehen wir zu meiner süßen Hure, ich und meine erste Geliebte?
    Ihr geht, du weißt doch, dass du ihr nichts abschlagen kannst, nichts kannst du ihr abschlagen.
    Ich sollte eine Waffe haben. Habe aber keine. Ich kann jetzt nicht zu Witkowski und die Pistole verlangen, und zu den Nazarenerinnen …
    Plötzlich fällt mir etwas ein. Etwas Schreckliches.
    Wenn im Kloster bekannt wird, dass ich Deutscher geworden bin, dann geraten die Schwestern in Panik. Sie werden Angst vor einer Verhaftung haben, werden die Kiste selbst ausgraben und sie verstecken. Und wenn nichts passiert, könnte meine Legende als Deutscher Schaden nehmen. Was für ein reichsdeutscher Patriot ist das denn, Ende September hat er als Pole Waffen vergraben und jetzt, wo er Deutscher geworden ist, schweigt er?
    Die Deutschen darf diese Nachricht nicht erreichen und wird es auch nicht. Aber Augenblick, wer weiß? Sie könnten irgendwann jemanden festnehmen, einlochen und brechen, und derjenige sagt, dass ein gewisser Leutnant Willemann Waffen bei den Nazarenerinnen vergraben hat. Und sie gehen der Sache nach – da haben wir so einen, Konstanty Willemann, der ist Reichsdeutscher geworden.
    Was tun also? So schnell wie möglich dem Ingenieur Bescheid sagen, soll er damit fertig werden.
    Aber das ist keine Sache fürs Telefon. Und zur Łubieńska gehe ich mit Iga nicht, ganz bestimmt nicht. Das hat bis morgen Zeit.
    «Kostek?» Iga sieht mich erwartungsvoll an.
    «Komm, lass uns gehen, komm … wir finden etwas.»
    Ich schaue auf die Uhr, es ist fünf. Wir verlassen das Haus aus Schokolade, klebt sie an den Schuhen? Oder macht mein Kopf mir etwas vor? Guter Gott. Wir erwischen eine Rikscha, auf der wir immerhin unbequem in der Hocke sitzen können, uns krampfhaft am Geländer festhaltend.
    Sie fahren in die gute Dobra. Konstanty, am Metallgriff der improvisierten Rikscha festgeklammert, fragt sich, wie das aussieht, wenn ein Deutscher mit einer Polin Rikscha fährt.
    Mehr noch denkt er, der Dummkopf, wie dramatisch sein Leben doch ist, hin- und hergerissen zwischen Polnischem und Deutschem, ach, wie schrecklich das ist, in dieser Welt der erklärten, totalen Nationalitäten zerrissen zu sein zwischen einem deutschen Vater und einer polnischen Mutter, die jetzt gar nicht mehr polnisch ist, wie schrecklich, zwei Muttersprachen zu haben, wie schwer, ein Pole zu sein, wenn man von Blut und Abstammung her Deutscher ist, welch eine Höllenqual!
    Und jetzt, denkt sich mein dummer Kostek, stellt das von ihm gewählte Vaterland ihn vor die schwersten Bewährungsproben, wie in einem Ritterroman, indem es ihm befiehlt, im Namen der Liebe diese Liebe öffentlich zu verleugnen, Beschimpfungen und Erniedrigungen zu ertragen, sich als der auszugeben, den er am meisten hasst, alles zum höheren Wohl. Mein geliebter, dummer Kostek fühlt sich so tragisch zerrissen, so wunderbar erhaben in dieser Tragik, zwei Seelen, dabei entscheidet er sich nur für das eine Vaterland, das andere reißt er sich aus der Brust, wirft es weg, schon fort.
    Kostek stellt sich vor, wie leicht für ihn das Leben in einer Welt wäre, in der die modernen Nationalitäten und Nationalismen noch nicht existierten, in der Welt vor der Französischen Revolution, daran denkt er jetzt gerade, das Dummchen, als fürchtete er die heraufziehende Katastrophe, er denkt lieber nicht daran, wohin es geht auf dem von jüdischer Muskelkraft angetriebenen Gefährt, Kostek weiß natürlich nicht, dass der junge Mann, der in die Rikschapedale tritt, ein Jude ist, noch tragen sie den Stern nicht auf den Ärmeln, noch ist es nicht so weit.
    Irgendwo ganz tief unter den dummen Gedanken über Polen und Deutsche weiß Kostek, dass sie sich mit jedem Pedaltritt der Wohnung seiner schrecklichen, süßen Hure Salomé und dem Fläschchen nähern, und er weiß, dass er nicht wird widerstehen können, auch wenn er das Gegenteil glaubt.
    Er glaubt das sehr leise, denn leichter fällt es ihm, sich wonnig den Gedanken an die eigene Tragik hinzugeben. Als wäre das Schwarz, das zwischen ihm und der Welt gähnt, die Tatsache der Existenz von Nationalitäten und seine Zerrissenheit zwischen diesen Nationalitäten.
    So als wäre seine Rumfickerei schuld an der Existenz der Geschlechter.
    Der dumme Kostek sucht die Quelle des Schmerzes, der dumme Kostek versteht nicht, dass das Schwarz einfach da ist, dass das, was er den Polen

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