Morphin
von der Kraft derjenigen trinken, die er tötet, und töten wird er viele, zuerst mit einem Bomber Mark XIV , die Augen mit dem Zielgerät verwachsen, später mit dem Zeigefinger am Abzug einer Browning, und noch später, wenn er den Geruch ihres Todesschweißes riecht, mit dem Messer, einem Stahldraht, mit bloßen Händen.
Die zweischneidige Klinge ist noch nicht geschmiedet.
Und da sie die Klinge nicht spürt, findet die Łubieńska die Worte.
«Das gehört sich nicht …», flüstert sie den schrecklichsten aller Bannflüche.
Wie ich das hasse, dieses «Es gehört sich nicht», wie oft habe ich es gehört, «Das tut man nicht», «Geht nicht», diese stumme Erpressung ohne konkrete Drohung. Ich würde gern «Leckt mich doch am Arsch» sagen und dann türknallend hinaus zu meinem Freund in der grauen Uniform gehen und ihm alles über diese Versammlung erzählen, aber das werde ich nicht tun, ich bin ja Pole.
«Ein zweiter Graf Zawidowski …», sagt sie dann in schwarzer Verzweiflung, scheinbar sorgenvoll, dabei ertönt aus ihrem Mund die Salve, die das Leben des Grafen Zawidowski beendet hat.
Ich erinnere mich gut an diese ganze Geschichte, obwohl ich damals noch nicht erwachsen war, ich war sechzehn, und in mir tobte eine große, unbefriedigte Libido, aber ich erinnere mich: Er hatte Hunderttausende Mark aus der Armeekasse veruntreut, ausgegeben für Empfänge und Pferde.
Urteil der Psychiater: Er ist geistig gesund und erkennt die Bedeutung seiner Taten, sie haben etwas von dem Größenwahn der Pseudoaristokratie, die unter dem Einfluss von Alkohol, Morphin, Kokain und schlechter Gesellschaft die konkrete äußere Form einer krankhaften Großmannssucht annimmt, die fern von persönlichem Gewinnstreben das Geld hinauswirft.
So hörte man von Zawidowski, und ich dachte, was für ein wunderbarer Mann das gewesen sein muss, dieser Fähnrich Zawidowski. Bestimmt hatte er so viele Frauen, wie er wollte.
Dann die Salve, der Knall, der Schuss und Schluss. Was braucht man denn mehr, nur noch ein bisschen leben, also wirklich leben, und dann – Schluss, Ende …
Es ist Zeit für eine Erklärung, Kostek. Erklär es jetzt, bevor sie dich wegjagen oder erschießen nach einem militärisch-konspirativen Gerichtsritual, für das es noch keine präzise Liturgie gibt, aber das kommt bald, mit der Formel «im Namen der Republik» als Ausdruck der Transsubstantiation. Deine Worte sind bedeutungslos, du musst erstrahlen in Wahrheit, Kraft und Recht, ich werde dich damit inspirieren.
Ich erkläre. Ruhige Stimme, ich bin mir meiner Taten und Worte sicher: Ich musste die Entscheidung selbständig treffen, es war keine Zeit zu verlieren. Das ist gelogen, aber egal, wichtig ist, dass man es wie eine Wahrheit ausspricht, das allein zählt.
Also du musstest die Entscheidung selbständig treffen, nicht aus privaten Belangen, sondern um des Doktor Jacek Rostański willen. Der treibt gerade in Melancholie versunken dahin, ist somit wertlos für die Organisation. Die Rückkehr seiner Frau aber wird es ihm ermöglichen, sich aus der Lethargie zu reißen. Und ein starker und gefasster Jacek wäre für die Organisation ein mehr als wertvoller Gewinn. Außerordentliche medizinische Kenntnisse, Chirurg, das zum Ersten. Wenn zum Beispiel wer angeschossen wird, kann man mit dem ja nicht ins Krankenhaus, die Deutschen werden die Krankenhäuser kontrollieren.
«Schon jetzt schnüffeln sie dort rum und suchen nach Offizieren», wirft eine dritte Stimme ein, die des Fahrers, ich habe ihn vorher nicht bemerkt. Er sitzt hinter mir. Pranke in der Tasche, natürlich. Ich weiß nicht, ob er sie von Anfang an darin hatte oder erst hineingesteckt hat, als ich die Veruntreuung erwähnte.
«Ich weiß, dass ich gegen die Grundsätze verstoßen habe. Aber ich bin Offizier, und in Ermangelung von Alternativen habe ich nach Abschätzung der Situation die Initiative ergriffen. Ich bin Kavallerist, das hat man uns beigebracht. Auf veränderliche Bedingungen reagieren und entscheiden», sage ich energisch, mit Wahrhaftigkeit und Überzeugungskraft. «Nur bei den Sowjets geht ein Offizier noch nicht mal scheißen, wenn er keinen Befehl dazu bekommt. Bei uns ist das anders. Es gab nur die eine Chance, Rostańska aus dem Gefängnis zu holen, deshalb habe ich selbständig entschieden. Ich verhehle das nicht, ich stehe hier vor euch, bereit, sämtliche Konsequenzen zu tragen, wenn mein Kommandant …», hier wende ich mich Witkowski zu, «befindet, dass
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