Morphin
hat. Dieser Schaum ist viel besser. Auf Glyzerinbasis, dichter und kräftiger Schaum. Lavendelduft.
Es ist früher Morgen. Ein Sommermorgen. Das Jahr 1937 . August. Die Kraft, das Raubtierhafte des Dachses geht vom Haar unter Konstantys Haut. Es ist August 1937 . In Spanien schlagen die Franquisten die Republikaner unweit Madrid, melden die Zeitungen. In der Sowjetunion führt Stalin Säuberungen durch, so nett bezeichnen sie das, Säuberungen. Sauber und rein. Die Kommunisten, die Kommunisten, meldet das Radio.
Radio Elektrim Gloria, ein Geschenk des Schwiegervaters. Siebenhundert Złoty. Es ist Wirtschaftskrise, aber der Schwiegervater ist nicht betroffen. Ihn betrifft nichts.
Bauernstreik, meldet das Radio. In Kasinka Mała im Kreis Limanowa neun Tote. Mikołajczyk schreibt: «In dieser Zeit sollten die Bauern Polens – außer denen in Pommern, Wilna, Wolhynien, dem östlichen Kleinpolen und Oberschlesien – nichts kaufen und auch nichts verkaufen. Nicht in die Städte fahren, nur die notwendigen Arbeiten auf ihren Höfen verrichten. Wir rufen euch auf, Bauern, unserem Appell zu folgen. Seid solidarisch. Klärt die anderen auf und bestraft die Streikbrecher gehörig. Fordert Zusammenarbeit und Hilfe von den anderen Gruppen der Gesellschaft, besonders den Arbeitern.»
Und in Moskau die Revolutionstroikas. Jeschowschtschina, melden die Zeitungen. Heute die, morgen eine andere, singt Bodo in der neuen Komödie «Einen Stock höher». Raubtierisches sickert unter Kosteks Haut, das Messer der Marke Merkur schabt die hellen Barthaare ab.
‹Sex-Appeal ist unsere weibliche Waffe. Das schwache Geschlecht. Wie schön, wieder eine andere Perlenkette. Hübsche Augen, hübsche Brauen›, summt Kostek. Sex-Appeal. Adapadibidibamba.
Und Kostek ist alles egal. Kostek ist jetzt wieder achtundzwanzig, Kostek rasiert sich vor dem Spiegel, im Schlafzimmer zu Hause spielt Hela mit dem kleinen Jureczek, Jureczek sagt «abla-bla-bla», und Kostek rasiert sich, singt mit dem Herrn Bodo, klopft sich Rasierwasser auf die Wangen, dann knöpft er das Hemd zu, bindet die Krawatte, zieht den cremefarbenen Anzug an, polnisches Leinen, die Reklame in der Zeitung dazu: ‹Die Frucht der Arbeit von Menschenhand und die Frucht der Arbeit des polnischen Herrenhofes, kauf die Früchte der Arbeit des polnischen Herrenhofes›, als hätten die Hofherrschaften persönlich dieses Leinen gewebt. Er zieht die schwarz-weiße, noch nicht ausgeleierte Golfhose an. Küsst Hela, die er aufrichtig liebt und der er ziemlich treu ist, Hela sagt, sie geht mit dem Kleinen an die Sonne, auf die Dachterrasse, ja tut das, meine Lieben, geht nur, er küsst das Söhnchen, das er hütet und beschützt, dann setzt er vor dem Spiegel den Hut auf, verwegen schief übers rechte Ohr. Sex-Appeal ist unsere weibliche Waffe.
Wie glücklich er ist, wie ruhig, in sich gefasst. Noch hat er seine Frau nicht gesehen, wie sie in Paris von Thoraks Blick bespült wurde, nach Paris fahren sie erst in ein paar Tagen. Noch ist alles gut.
Jetzt verlässt er also pfeifend die Wohnung, Fahrstuhl ins Erdgeschoss, ach wie modern, ach wie Corbusier, ein Haus auf Säulen, als schwebe es in der Luft, die Augustsonne und vergiss die Krise, Franco, Jeschow, Witos, Bauernstreiks und unterm Kinn festgezurrte Polizeimützen, Polizeisäbel, Gewehre und Pferde, wo ist das alles, wenn der helle Hutrand die Augen vor der Sonne schützt. Also geht er in den Laden an der Ecke ihres Hauses, ins Firmengeschäft, in den Kakaosalon E. Wedel auf einen Kaffee, der Hut segelt an den Haken, da dreht er sich noch um, meine Hochachtung die Dame, Jadzia erglüht, denn der Herr Konstanty ist schön, wie jeden Tag, er setzt sich an ein Tischchen und streicht die Seiten des «Kurjer» glatt, Kaffee und Pfannkuchen zum Frühstück, ein Bein über das andere, Beinchen über Beinchen, der neue, schwarz-weiße Schuh tanzt im Takt der Morgenmelodie aus dem Radio, karierte Socke, das Leben, lieber Mann, das Leben muss man leben, aus voller Brust, mit vollem Bauch, gesundem Leib, reiner Hand, raschem Blick, treffendem Witz und klarem Kopf. Bitte noch ein Käffchen, Fräulein Jadzia, kommt sofort, Herr Kostek.
Dabei hat er tausend Sorgen: Dass er Geld von der Mutter bekommt, ist ihm ein bisschen peinlich, aber die Mutter sagt, Konstanty, das ist nicht mein Geld, das ist deins. Und die Sorge, dass niemand seine Graphiken zu schätzen weiß. Und auch keiner sie kaufen will. Dass er Żorawskis Wettbewerb für die
Weitere Kostenlose Bücher