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Morphin

Morphin

Titel: Morphin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Szczepan Twardoch
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in die Achselhöhlen, aber ich bin jetzt Offizier und muss die Tasche wiederfinden. Der Gestank ihres Körpers dringt in den Stoff meiner Winterkleidung.
    «Wo finde ich diesen Dicken?», frage ich so konkret und einfach wie möglich.
    Salomé guckt mir direkt ins Gesicht und versteht nichts, ist noch nicht richtig wach, und ich begreife plötzlich, suche mit den Augen nach dem Fläschchen Glück, da ist es, schon ein Drittel leer, wie viel Morphin hat diese dunkle, widerliche Hündin vergeudet, frage ich mich, wie viel hat sie sich in die schmutzigen Adern gejagt?
    Aber, aber, aber, für solche Fragen ist nicht die Zeit, jetzt bin ich Offizier, jetzt habe ich einen Plan. Zum Plan gehört herauszukriegen: Woher hat Salomé das gute Fläschchen voller Sonne, Regenbogen und Fröhlichkeit? Diesen Kontakt Salomés klären, aber nicht jetzt, später, nach der Aktentasche, dem Paket und Iga.
    Ich schlage ihr ins Gesicht, kräftig, der Kopf springt hoch und dreht sich, die weichen Brüste beben, als hätte ich einen Stein in den spiegelglatten Teich geworfen. Das ist nicht gentlemanlike, nicht Offiziersart, ein Offizier schlägt nicht mal einem billigen Mädchen ins Gesicht, schon gar nicht einem Mädchen so schön und klug wie Salomé, doch jetzt ist sie keine Frau, jetzt ist sie einfach nur im Besitz von Informationen. Und ich bin der Offizier, der sie verhört, außerdem habe ich sie geschlagen, um sie aufzuwecken, das ist ja fast noch keine Gewalt, so ein Schlag zum Munterwerden. Sie ist aufgewacht. Das Hackebeil in meiner linken Hand ist mir plötzlich peinlich, wollte ich etwa meine schöne, gute Salomé zerhacken? Das ist doch undenkbar, die bloße Drohung ist so dumm … Deshalb verschwindet das Beil irgendwo im Bettzeug, ich greife ihr ins Gesicht, drücke ihre Wangen, halte sie und frage, jedes Wort mit bedrohlichen Pausen zerteilend:
    «Wo – finde ich – den Dicken – sags mir!»
    Ich spreche nicht, ich zische, muss furchterregender sein als der Dickwanst, vor mir muss sie sich entsetzen.
    Und sie stöhnt irgendwas, unartikuliert, sie ist noch im freien Fall, steckt noch tief im honigsüßen Karamell.
    Da nehme ich den Krug vom Waschbecken und spritze sie voll. Sie wird wach.
    Konstanty, warum sagst du das alles laut?
    Wer fragt, fragt das Salomé, Salomé fragt es nicht, sie schweigt, spreche ich laut, die ganze Zeit?
    Ich frage. Konstanty hört mich. Du sprichst beim Denken, Kostek, die ganze Zeit, laut.
    «Spreche ich die ganze Zeit?»
    «Kostia, ja ne ponimaju nitschego, was ist mit dir, Kostia, was?»
    Dieses Stöhnen ist artikuliert, konkret, ich verstehe dieses Stöhnen.
    «Wo finde ich den Dicken, wie heißt er, sprich, Frau!»
    Sie wendet sich ab, das Gesicht ins Kissen, stöhnt.
    «Gib mir was zu trinken», flüstert sie durch die Federn, durch den Bettbezug.
    Ich werd’s dir geben, du dreckige Nutte! Wut, ich stürze mich auf sie, presse ihr Gesicht nach unten, packe die Locken im Nacken, drücke die Schultern mit den Knien nieder und presse das Gesicht tiefer ins Kissen, in die Matratze. Sie kriegt keine Luft.
    So geht ein Offizier nicht vor. Ich habe mich von Emotionen hinreißen lassen, das geht nicht, aber da ich nun einmal dabei bin, Rückzug gilt nicht, verboten, also brülle ich, wo ist der Fettwanst, brüllt Konstanty Willemann, Reserveleutnant, Neuntes Regiment der kleinpolnischen Ulanen, vierte Schwadron, dritter Zug, drei Linienabschnitte, Abschnitt der tragbaren MG s, Botengänger, Pferdehalter einer je Abschnitt, nur einer, alle Mann an die Linie, der Zug abgesessen Bajonett Tiralliere geflüstert Tiralliere niedrig Nacht in den Wald siebenundzwanzig Ulanen, Hawryluk, Nowak, der rote Kowalczyk, Oberulan Bociąga mit tragbarem MG , dafür ohne obere Schneidezähne, spuckt elegant durch diese Zahnlücke und flucht sehr leise verdammte Hitlerscheiße verfickte deutsche Hurenhunde, der dicke Hajke, Ziemba, Kiniewicz, sie gehen alle, mein Zug, wer trägt die Granaten? Träum von Huren, Kamerad, in deinem dunklen, dunklen Grab. Still. Tiralliere. Zweige und Blätter.
    Jetzt, jetzt, was jetzt? Salomé?
    Die schwere MG -Schwadron, Rittmeister Chochoł und die schweren Maschinengewehre Baujahr 1930 , in Grudziądź der Fähnrich Willemann, mit ihm ein Wachtmeister von den zaristischen Ulanen, was ist ein schweres MG Baujahr 1930 , bitte scheen, melde gehorsamst ein schweres MG Baujahr 1930 ist eine selbstladende Waffe zur Unterstützung von Infanterie und Kavallerie durch direktes und

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