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Morphin

Morphin

Titel: Morphin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Szczepan Twardoch
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sie gebeten hat, mein eugenisch-hygienischer Schwiegervater, deshalb freut sie sich, dass ich es getan habe, aber nicht dafür liebt sie mich.
    Wie falsch du sie eingeschätzt hast, Kostek, hast sie vor dir selber angeschwärzt, hast die Liebe dieser guten Frau befleckt nicht nur durch Salomés Schmutz, sondern auch mit bösen Gedanken. Und sie streift dir jetzt die Jacke ab, knöpft die Krawatte auf, Hemd und Hosenschlitz und zieht dir alles vom Leib, der noch nach böser Hure riecht, und sie sieht, dass du nicht geschlafen hast, deshalb geleitet sie dich behutsam ans Bett, legt deinen wunden Leib auf das kühle Laken, es ist kalt in der Wohnung, Jureczek schläft noch, und sie legt dich, dreckig, wie du bist, und mit Tumanowiczs Blut unter den Fingernägeln, auf das helle Leinen, deckt dich mit den reinen Federn zu, bettet deinen Kopf auf das Weiß des Kissens, da bist du nun, Kostek. Und schließt die Augen.
    Und sie nimmt oben Platz und streichelt deinen geplagten, gequälten Kopf, du schläfst ein und weißt: Schluss. Nie mehr.
    Du fasst das nicht in Worte, es ist zu spät, du bist zu müde, aber du spürst es und weißt: Schluss. Nie mehr.
    Keine Frauen mehr. Und ganz bestimmt nie mehr Salomé. Nie mehr Zynismus, Verbrechen, Gemeinheit, Kostek. Nie mehr Morphin.
    Alles durch das Morphin. Das Fläschchen ist nicht voller Güte und Glück und Regenbogen. Das Fläschchen ist voller Flucht, Verrat und Bösem. Das Fläschchen, das bei Salomé auf mich wartet – darin wohnt nur der Dämon.
    Nein, das Fläschchen wartet nicht mehr. Oder soll es warten, warten bis in alle Ewigkeit, ich werde nicht zu Salomé gehen und nicht im warmen Süß ertrinken, nie mehr.
    Jetzt werde ich für Polen da sein. Nicht weil Hela das von mir will. Helena liebt mich so, wie ich bin, sie ist nicht ihr eugenisch-hygienischer Vater. Helena würde mich auch als Verräter, als Abtrünnigen lieben. Sogar als Deutschen würde sie mich lieben. Nein, als Deutschen vielleicht nicht, aber das ist unwichtig. Ich werde mich nicht mehr verzetteln, von nun an werde ich wirklich leben. Wirklich mit dir leben, hinter dir, bei dir, um dich herum.
    Ich werde konspirieren, Pläne aushecken, und wenn nötig, werde ich töten. Für Polen.
    Nein, nicht weil ich plötzlich denke, dass ich das muss. Ich muss nicht. Nicht weil ich Polen das schuldig bin. Das bin ich nicht. Was ich schuldig war, habe ich im September gegeben. Ich werde jetzt für Polen da sein, weil ich selbst es brauche. Ich brauche den Dienst, wenn ich nicht diene, sterbe ich.
    Richtig, Hela? Richtig?
    «Ja, mein Lieber. Schlaf. Gut, dass du schon da bist, mein Lieber.»
    Ich schlafe ein. Helena streichelt meinen Kopf, und dann dämmere ich schon weg und spüre, wie sie unter die Decke schlüpft. Und was ist mit Jureczek, frage ich?
    Du fragst nicht, du schläfst. Ich frage mich, ob du deine Frau genießen kannst, Kostuś, ich kümmere mich um dich, Kostek.
    Deine Frau schlüpft unter deine Decke, Kostuś. Warum hast du so wenig von ihr gehalten? Fünf Jahre Ehe sind nicht wenig, hat sie dir nicht viel Gutes gegeben?
    Ihre schmalen, schlanken Hände auf deinem nackten Bauch, weiter unten, sie berühren deine fragwürdige, erschöpfte Männlichkeit, in Hurenleiber getaucht, und ob sie es weiß oder nicht, du hast es ihr ja nicht gesagt, aber so viele Male kamst du nach Hause mit den Kratzern von Hurenfingernägeln auf dem Rücken, mit den Malen der Hurenlippen am Hals, und so lange hast du sie überhaupt nicht anrühren wollen, angewidert hat dich ihr Körper, weil er gut und rein war, vor allem aber deshalb, weil sie ihn für dich aufbewahrt hatte. Sie hat dir ihre erschrockene, schmerzlose Jungfräulichkeit gegeben, erst nach der Trauung, und du hast sie besudelt, indem du mit all diesen Nutten schliefst, Kostek.
    Sie hat dir das verziehen, ohne davon zu wissen, du selbst verzeih es dir auch, mein Lieber, mein Leutnant Konstanty Willemann.
    Und wie hat sie sich dir hingegeben? Das hatte nichts von der schmutzigen Suche nach eigener Lust, nein. Sie hat dich in sich aufgenommen, hat nichts gesucht, nichts von dir gewollt, wollte dir nur sich selbst geben und hat es getan.
    Verzeih mir, Helena, einzige, die mich geliebt hat. Verzeih mir, guter Geist meines Lebens. Von heute an werde ich dir nie mehr unrecht tun.
    «Verzeih mir, Hela», flüstere ich. «Verzeih mir. Ich bin deiner nicht würdig, Hela.»
    «Tss … still, Kosteczek».
    Ihre Hand auf meinem gemeinen Kopf, sie kämmt mir durchs

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