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Morphium

Morphium

Titel: Morphium Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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orakelte Schwester O’Brien.
    Schwester Hopkins reagierte augenblicklich.
    »Was meinen Sie damit?«
    Schwester O’Brien erwiderte würdevoll:
    »Ich bin keine Klatschbase! Und ich sage Toten nichts nach.«
    Schwester Hopkins nickte bedächtig.
    »Das ist recht. Da bin ich ganz Ihrer Meinung. Je weniger man redet, desto besser.«
    Sie füllte ihre Tasse nach.
    »Haben Sie übrigens dieses Röhrchen mit Morphium gefunden, als Sie nach Hause kamen?«
    Schwester Hopkins runzelte die Stirn.
    »Nein. Ich kann mir nicht vorstellen, wo es hingekommen ist. Es könnte höchstens so gewesen sein: Ich hab es auf den Rand vom Kaminsims gelegt, wie ich das oft tue, während ich den Schrank zusperre, und von da ist es herabgerollt und in den Papierkorb gefallen, den ich dann beim Hinausgehen noch rasch draußen in die Aschentonne entleert habe.« Sie machte eine Pause. »Ja, so muss es gewesen sein.«
    »Ja«, echote Schwester O’Brien. »Ja, meine Liebe, so muss es gewesen sein.«
    »Richtig«, nickte Schwester Hopkins eifrig. »Es könnte gar nicht anders gewesen sein, wie?«
    Sie nahm noch ein Stück Kuchen.
    Die andere stimmte rasch zu – vielleicht ein wenig zu rasch.
    »Ich an Ihrer Stelle würde mir keine Sorgen mehr darüber machen«, sagte sie beruhigend.
    »Ich mache mir auch keine Sorgen…«
     
    Jung und streng in ihrem schwarzen Kleid saß Elinor vor Mrs Welmans massivem Schreibtisch in der Bibliothek. Verschiedene Papiere lagen vor ihr ausgebreitet. Sie hatte mit den Dienstboten und mit Mrs Bishop gesprochen. Nun betrat Mary Gerrard das Zimmer und zögerte einen Augenblick an der Tür.
    »Sie wollten mich sprechen, Miss Elinor?«
    Elinor sah auf.
    »Ach ja, Mary. Kommen Sie doch her und setzen Sie sich, ja?«
    Mary setzte sich auf den Stuhl, auf den Elinor deutete. Er war ein wenig dem Fenster zugewendet, und das Licht fiel auf ihr Gesicht, zeigte die blendende Reinheit ihrer Haut und brachte das helle Gold des Haares voll zur Geltung.
    Elinor dachte: Ist es möglich, jemanden so zu hassen und es nicht zu zeigen?
    Laut sagte sie mit angenehmer, geschäftsmäßiger Stimme:
    »Ich glaube, Sie wissen, Mary, dass meine Tante immer sehr viel Interesse für Sie gehabt hat.«
    Mary murmelte leise:
    »Mrs Welman war immer sehr gut zu mir.«
    »Da sie ohne Testament starb, ruht die Verantwortung, ihre Wünsche zu erfüllen, auf mir. Obwohl es für meine Tante zum Schluss schwer war, verständlich zu sprechen, konnte sie mir doch an diesem letzten Abend ihre Wünsche klarmachen. Sie wollte zweifellos für Ihre Zukunft sorgen.«
    »Das war sehr gut von ihr.«
    »Ich habe angeordnet, dass Ihnen, sobald alle Formalitäten erledigt sind, zweitausend Pfund überwiesen werden – über die Sie ganz nach Ihrem Belieben verfügen können.«
    Mary stieg das Blut ins Gesicht.
    »Zweitausend Pfund? Miss Elinor, das ist aber gut von Ihnen! Ich weiß gar nicht, was ich sagen soll.«
    Elinor sagte kalt:
    »Es ist nicht besonders gut von mir, und sagen Sie, bitte, gar nichts.«
    Mary wurde rot.
    »Sie wissen nicht, was das für mich bedeutet«, murmelte sie.
    Elinor zögerte. Sie schaute von Mary weg, zur anderen Seite des Zimmers. Dann sagte sie mit leiser Anstrengung:
    »Haben Sie – haben Sie – irgendwelche Pläne?«
    »O ja. Ich möchte eine Ausbildung machen. Vielleicht als Krankengymnastin. Schwester Hopkins hat mir das geraten.«
    »Das scheint mir eine gute Idee. Ich werde Mr Seddon sagen, dass Sie sobald wie möglich einen Vorschuss bekommen sollen – wenn möglich, sofort.«
    »Sie sind sehr, sehr gut, Miss Elinor«, wiederholte Mary dankbar.
    »Es war Tante Lauras Wunsch.« Elinor zögerte wieder, dann sagte sie: »Das ist alles, denke ich.«
    Als Mary gegangen war, saß Elinor ganz still da und starrte vor sich hin. Ihr Gesicht war vollkommen unbewegt, es verriet nichts von dem, was in ihrem Innern vorging. So saß sie lange Zeit regungslos da…
     
    Endlich ging Elinor, um Roddy aufzusuchen, den sie im Frühstückszimmer fand. Er stand am Fenster und schaute hinaus. Bei Elinors Eintritt wandte er sich jäh um.
    Sie zwang sich zu einem Lächeln.
    »Jetzt habe ich alles erledigt! Fünfhundert für Mrs Bishop – sie war so viele Jahre hier. Hundert für die Köchin und je fünfzig für Milly und Anna. Den andern je fünf Pfund. Fünfundzwanzig für Stepphens, den Obergärtner; und dann ist noch der alte Gerrard im Pförtnerhaus. Für ihn habe ich noch nichts vorgesehen. Es ist etwas schwierig. Er wird wohl pensioniert

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