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Morphium

Morphium

Titel: Morphium Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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nach.
    »Haben Sie je –? Was ist bloß über sie gekommen?«
    Elinor hatte kaum ein halbes Dutzend Schritte gemacht – sie lachte noch immer –, als eine Hand sich von hinten auf ihren Arm legte. Sie blieb jäh stehen und wandte sich um. Dr. Lord sah ihr gerade ins Gesicht, die Stirn in Falten gelegt.
    »Worüber haben Sie gelacht?«
    »Wirklich – ich weiß nicht.«
    »Das ist eine etwas kindische Antwort!«
    Elinor wurde rot.
    »Ich denke, ich muss nervös sein – oder so etwas. Ich schaute zum Fenster der Gemeindeschwester hinein und – und da saß Mary Gerrard und schrieb ihr Testament. Da musste ich lachen, ich weiß nicht, warum!«
    »Wirklich nicht?«
    Lord sah sie durchdringend an:
    »Es war dumm von mir – ich sagte es Ihnen schon –, ich bin nervös.«
    »Ich werde Ihnen ein Beruhigungsmittel verschreiben.«
    Elinor sagte schneidend:
    »Wie nützlich!«
    Er grinste entwaffnend.
    »Ganz nutzlos, ich gebe es zu. Aber es ist das Einzige, was man tun kann, wenn einem die Leute nicht sagen wollen, was ihnen fehlt!«
    »Mir fehlt gar nichts.«
    Peter Lord widersprach ruhig:
    »Ihnen fehlt sehr viel.«
    »Meine Nerven sind bis zu einem gewissen Grad angespannt, vermute ich…«
    »Ich denke, bis zu einem sehr hohen Grad. Aber davon rede ich nicht.« Er machte eine Pause. »Werden Sie – werden Sie noch lange hier bleiben?«
    »Ich reise morgen ab.«
    »Sie werden nicht – hier leben?«
    Elinor schüttelte den Kopf.
    »Nein – nie. Ich denke – ich denke – ich werde das Haus verkaufen, wenn ich ein gutes Angebot bekomme.«
    »Ach so…«
    »Ich muss nun nach Hause.«
    Elinor streckte ihm die Hand entgegen, Peter Lord nahm sie und hielt sie fest.
    »Miss Carlisle, bitte, sagen Sie mir, woran Sie dachten, als Sie eben lachten.«
    Sie entwand ihm schnell ihre Hand.
    »Woran sollte ich gedacht haben?«
    »Das möchte ich ja gern wissen.«
    Sein Gesicht war ernst und ein wenig unglücklich.
    Elinor wurde ungeduldig.
    »Es ist mir komisch vorgekommen, das war alles!«
    »Dass Mary Gerrard ein Testament machte? Warum? Ein Testament machen ist ein ganz vernünftiger Vorgang. Erspart eine Menge Unannehmlichkeiten. Manchmal natürlich macht es auch Unannehmlichkeiten!«
    »Natürlich sollte jeder ein Testament machen. Das habe ich nicht gemeint.«
    »Mrs Welman hätte ein Testament machen sollen.«
    Elinor nickte mit Nachdruck.
    »Ja, wirklich.«
    Das Blut stieg ihr ins Gesicht, und einen Augenblick schwiegen beide.
    Dann fragte Dr. Lord unvermittelt:
    »Wie steht’s mit Ihnen?«
    »Mit mir?«
    »Ja, Sie sagten soeben, jeder sollte ein Testament machen! Haben Sie es getan?«
    Elinor starrte ihn einen Augenblick an, dann lachte sie.
    »Wie merkwürdig! Nein, ich habe noch gar nicht daran gedacht! Ich bin genauso wie Tante Laura. Wissen Sie was, Dr. Lord, ich gehe jetzt nach Hause und schreibe deswegen sofort an Mr Seddon.«
    Peter Lord nickte.
    »Sehr vernünftig.«
     
    In der Bibliothek hatte Elinor eben einen Brief beendet:
     
    Sehr geehrter Mr Seddon,
    würden Sie bitte ein Testament aufsetzen, das ich unterzeichnen kann? Ein ganz einfaches. Ich wünsche alles, was ich besitze, Roderick Welman uneing e schränkt zu hinterlassen.
    Ihre ergebene
    Elinor Carlisle
     
    Sie schaute auf die Uhr; die Post ging in ein paar Minuten.
    Sie öffnete die Schreibtischlade, dabei erinnerte sie sich, dass sie heute früh die letzte Briefmarke verbraucht hatte.
    Sie war sicher, noch welche in ihrem Schlafzimmer zu haben.
    Sie ging hinauf. Als sie die Bibliothek mit einer Briefmarke in der Hand wieder betrat, stand Roddy am Fenster. Er wandte sich ihr langsam zu:
    »Morgen fahren wir also weg. Gutes altes Hunterbury! Wir haben schöne Zeiten hier verlebt.«
    »Macht es dir etwas aus, dass es verkauft wird?«
    »O nein, nein! Ich sehe vollkommen ein, dass es das Beste ist, was du tun kannst.«
    Ein Schweigen entstand. Elinor nahm ihren Brief, überflog ihn noch einmal, um zu sehen, ob alles in Ordnung war, dann versiegelte sie ihn und klebte die Marke darauf.

6
     
    B rief von Schwester O’Brien an Schwester Hopkins, vom 14. Juli:
     
    Laborough Court
    Liebe Hopkins – ich will Ihnen schon seit einigen Tagen schre i ben. Dies ist ein wu n derschönes Haus, die Bilder darin sind, glaube ich, berühmt. Ich kann aber nicht behaupten, dass es so bequem ist wie Hunterbury; Sie verstehen, wie ich es meine. Hier draußen auf dem Land ist es schwer, Dienstboten zu bekommen. Die Mädchen, die sie haben, sind ziemlich ungeschickt,

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