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Morphium

Morphium

Titel: Morphium Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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Mary getötet hat? Das ist wirklich ein Rätsel.«
    »Sie glauben also nicht, dass Miss Carlisle sie getötet hat?«
    Ted Bigland runzelte die Stirn – es war ein verwirrtes, beinahe kindliches Stirnrunzeln.
    »Miss Elinor ist eine Dame. Sie ist nicht so veranlagt – nun, man kann sich einfach nicht vorstellen, dass sie so etwas tut – etwas Gewaltsames. Sie verstehen, wie ich das meine? Schließlich ist es doch nicht wahrscheinlich, dass eine junge Dame hingeht und Derartiges tut.«
    Poirot nickte nachdenklich.
    »Nein, es ist nicht wahrscheinlich… Aber wenn die Eifersucht mitspielt – «
    Er hielt inne und beobachtete den hübschen, blonden jungen Riesen vor sich.
    »Eifersucht? Ich weiß, die hat schon viel Unheil angerichtet. Aber gewöhnlich ist da dann auch der Alkohol im Spiel, und wenn sich einer so in eine Sache hineinsteigert, bis er rot sieht und Amok läuft. Miss Elinor – eine feine, ruhige, junge Dame wie sie – «
    »Aber Mary Gerrard ist gestorben… und zwar nicht eines natürlichen Todes. Haben Sie eine Idee – gibt es irgendetwas, das Sie mir sagen könnten, um mir zu helfen, den Mörder zu finden?«
    Langsam schüttelte der andere den Kopf.
    »Es kommt mir ganz unwahrscheinlich vor, dass jemand Mary getötet haben könnte, verstehen Sie? Sie war – sie war wie eine Blume.«
    Und plötzlich, eine Minute lang, hatte Hercule Poirot einen neuen Begriff von dem toten Mädchen… In jener zögernden, einfachen Stimme lebte und blühte Mary wieder auf. »Sie war wie eine Blume…« Die Stimme vermittelte ein schneidendes Gefühl des Verlustes von etwas Köstlichem, das zerstört wurde…
    In seinem Kopf folgte eine Charakterisierung der andern. Peter Lords »Sie war ein nettes Mädchen«. Schwester Hopkins’ »Sie hätte zum Film gehen können«. Mrs Bishops giftiges »Sie war schlau… heimtückisch«. Und nun, alle anderen Ansichten beschämend und zur Seite schiebend, jenes ruhige, verwunderte »Sie war wie eine Blume«.
    »Ja, aber…«, wagte Poirot fragend einzuwenden.
    Ted Bigland nickte mit dem Kopf. Seine Augen hatten noch den stummen, betrübten Blick eines Tieres, das Schmerzen leidet.
    »Ich weiß, Sir. Ich weiß, was Sie sagen, ist wahr. Sie starb keines natürlichen Todes. Und ich habe mir den Kopf zerbrochen…«
    Er hielt inne und fuhr dann langsam fort:
    »Ich habe mir den Kopf zerbrochen, ob es nicht auf irgendeine Weise ein Zufall gewesen sein könnte?«
    »Ein Zufall? Aber was für ein Zufall?«
    »Ich weiß, Sir. Ich weiß. Es klingt unvernünftig. Aber ich grüble und grüble, und ich glaube, so muss es gewesen sein. Etwas, das nicht passieren sollte, oder etwas, das durch einen Irrtum passierte – eben, nun eben ein Unglücksfall!«
    Er sah Poirot flehend an, verlegen über seinen Mangel an Beredsamkeit.
    Poirot schwieg eine Weile, er schien zu überlegen. Endlich sagte er:
    »Es ist interessant, dass Sie das glauben.«
    »Ich kann mir wohl denken, dass Sie das nicht begreifen können, Sir. Es ist ja auch nur so ein Gefühl, das ich habe.«
    »Gefühl ist manchmal ein wichtiger Fingerzeig… Sie werden mir hoffentlich verzeihen, wenn ich Schmerzliches berühre, aber – Sie hatten Mary Gerrard sehr gern, nicht wahr?«
    In das gebräunte Gesicht stieg eine leichte Röte.
    Ted sagte einfach: »Jeder Mensch hier weiß das, nehme ich an.«
    »Sie wollten sie heiraten?«
    »Ja.«
    »Aber sie – wollte nicht?«
    Teds Gesicht verdüsterte sich ein wenig. In seiner Stimme klang etwas wie unterdrückter Zorn:
    »Die Leute meinen’s gut, aber sie sollten nicht das Leben anderer in Verwirrung bringen, indem sie sich einmischen! All diese Schulen und Auslandsreisen! Das hat Mary verändert. Ich sage nicht, es hat sie verdorben oder sie eingebildet gemacht – das war sie nicht. Aber es… ach, es verwirrte sie! Sie wusste nicht mehr recht, wo sie hingehörte. Sie war zu gut für mich; trotzdem war sie nicht gut genug für einen wirklichen Gentleman wie Mr Welman.«
    »Sie mögen Mr Welman nicht?«
    »Warum zum Teufel sollte ich ihn mögen?«, rief Ted heftig.
    »Ich habe nichts gegen ihn. Als Mann ist er nur eine halbe Portion. Ich könnte ihn hochheben und entzweibrechen. Er hat wohl Verstand, vermute ich…«
    Poirot wechselte das Thema.
    »Sie arbeiten in einer Garage?«
    Ted Bigland nickte.
    »Bei Henderson unten an der Straße.«
    »Sie waren an dem Tag, als – das geschah, dort?«
    »Ja, ich probierte einen Wagen aus und fuhr ein wenig damit herum. Es ist eigenartig, daran

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