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Morphium

Morphium

Titel: Morphium Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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um nichts Geringeres als die Wahl eines passenden Gatten für Prinzessin Elisabeth!
    Nachdem alle möglichen Heiratskandidaten als nicht gut genug abgehakt waren, bemerkte Poirot tiefsinnig:
    »Die Ehe ist – ach! – voller Gefahren und Fallstricke!«
    »Jawohl – und dann diese Scheidungen heute«, entgegnete Mrs Bishop, als spreche sie von einer ansteckenden Krankheit.
    »Ich vermute, dass Mrs Welman vor ihrem Tode sehr gewünscht haben muss, ihre Nichte passend vermählt zu sehen?«
    Mrs Bishop neigte ihr Haupt.
    »Ja gewiss. Die Verlobung von Miss Elinor mit Mr Roderick war ihr eine große Beruhigung. Sie hatte immer darauf gehofft.«
    »Die Verlobung kam vielleicht teilweise aus dem Wunsch, sie zu erfreuen, zustande?«
    »O nein, das möchte ich nicht behaupten, Monsieur Poirot. Miss Elinor hat immer sehr an Mr Roddy gehangen schon als kleines Ding – es war reizend mit anzusehen! Miss Elinor ist eine sehr treue und zärtliche Natur!«
    »Und er?«, murmelte Poirot.
    Mrs Bishop sagte streng:
    »Mr Roderick hing an Miss Elinor.«
    »Die Verlobung wurde jedoch, glaube ich, gelöst?«
    Das Blut stieg Mrs Bishop in die Wangen.
    »Dank den Ränken einer Schlange, Monsieur Poirot!«
    »Wirklich?«
    Mrs Bishop erklärte mit noch röterem Gesicht:
    »Man soll ja über Tote nichts Schlechtes sagen. Aber diese junge Person, Monsieur Poirot, war heimtückisch in ihrem Vorgehen.«
    Poirot sah sie einen Augenblick nachdenklich an. Dann meinte er scheinbar harmlos:
    »Sie setzen mich in Erstaunen. Ich hatte den Eindruck gewonnen, dass sie ein sehr einfaches und bescheidenes Mädchen gewesen sei.«
    Das Kinn von Mrs Bishop zitterte ein wenig vor Erregung.
    »Sie war schlau, Monsieur Poirot. Die Leute sind darauf hereingefallen! Die Schwester Hopkins, zum Beispiel! Ja, und meine arme, liebe Mrs Welman ebenfalls!«
    Poirot schüttelte teilnahmsvoll den Kopf und schmatzte bedauernd mit der Zunge.
    »In der Tat«, bekräftigte Mrs Bishop, angefeuert von diesem ermutigenden Geräusch. »Es ging ihr schlecht, der lieben, armen Mrs Welman, und diese junge Person schlich sich in ihr Vertrauen. Sie wusste, wie man so sagt, auf welcher Seite ihr Brot gebuttert war! Immer da, ihr vorzulesen, brachte ihr kleine Blumensträußchen. Es hieß ›Mary dies‹ und ›Mary das‹ die ganze Zeit! Und das Geld, das sie für das Mädel ausgegeben hat! Teure Schulen und Ausbildung im Ausland dazu – alles für die Tochter vom alten Gerrard! Ihm hat das nicht gefallen, kann ich Ihnen sagen! Er hat sich oft über ihre Feine-Damen-Manieren beklagt.«
    Diesmal schüttelte Poirot den Kopf und sagte voller Mitgefühl:
    »Du lieber Gott!«
    »Und dann – dieses Sich-Heranmachen an Mr Roddy! Er war viel zu harmlos, um sie zu durchschauen. Und Miss Elinor, die nun mal eine wirkliche Dame ist, begriff natürlich nicht, was da vor sich ging. Aber die Männer sind alle gleich: schnell eingefangen mit Schmeichelei und einer hübschen Larve!«
    Poirot seufzte.
    »Sie hatte doch vermutlich noch andere Verehrer?«, fragte er.
    »Natürlich! Da war der Sohn von Rufus Bigland, der junge Ted – ein wirklich netter Bursche. Aber der war ihr natürlich nicht gut genug.«
    »War er nicht böse deshalb?«
    »Na und ob! Er beschuldigte sie, mit Mr Roddy etwas zu haben, das weiß ich genau. Ich kann es dem Jungen nicht verargen, dass er so verletzt war!«
    »Ich auch nicht«, erklärte Poirot. »Aber ich bin Ihnen außerordentlich dankbar, Mrs Bishop. Manche Leute haben es weg, einen Charakter mit ein paar Worten klar und deutlich darzustellen. Das ist ein großes Talent. Ich habe nun endlich ein klares Bild von Mary Gerrard.«
    »Aber bitte«, meinte Mrs Bishop, »ich sage kein Wort gegen das Mädchen! Das würde ich nie tun – wo sie doch nun im Grab liegt. Aber es ist zweifellos so, dass sie viel Verdruss verursachte!«
    Poirot murmelte:
    »Wo hätte das alles wohl noch geendet, fragt man sich?«
    »Genau«, nickte Mrs Bishop. »Sie können mir glauben, Monsieur Poirot, wenn meine liebe Herrin nicht gestorben wäre – und so hart auch der Schlag für uns war –, ich weiß nicht, was das noch für ein Ende genommen hätte!«
    »Sie meinen?«, Poirots Stimme klang einladend.
    »Sie meinen wohl, dass Mrs Welman ihr ganzes Geld vielleicht Mary Gerrard hinterlassen hätte?«
    »Es hätte mich nicht überrascht!«, kam prompt die Antwort. »Darauf arbeitete die junge Person zweifellos hin. Und wenn ich ein Wort zu sagen wagte, biss mir Mrs Welman beinahe den Kopf

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