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Morphium

Morphium

Titel: Morphium Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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zurückzudenken. Es war ein wundervoller Tag, in den Hecken war noch Geißblatt… Mary liebte Geißblatt, wir pflückten es oft miteinander, bevor sie nach Deutschland ging…«
    Wieder lag diese kindliche Verwunderung auf seinem Gesicht.
    Hercule Poirot schwieg.
    Der andere fuhr aus seinen Träumen auf.
    »Entschuldigen Sie, Sir, vergessen Sie, was ich über Mr Welman sagte. Ich war gereizt – weil er hinter Mary her war. Er hätte sie in Frieden lassen sollen. Sie passte im Grunde doch nicht zu ihm – «
    »Glauben Sie, dass sie ihn gern hatte?«
    Wieder runzelte Ted Bigland die Stirn.
    »Ich glaube es eigentlich nicht. Aber möglich ist es schon. Ich kann es nicht sagen.«
    »Gab es einen anderen Mann in Marys Leben? Jemanden zum Beispiel, den sie im Ausland kennen gelernt hatte?«
    »Das könnte ich nicht sagen, Sir. Sie hat nie jemanden erwähnt.«
    »Hatte sie Feinde – hier in Maidensford?«
    Er schüttelte den Kopf. »Niemand kannte sie sehr gut, aber alle hatten sie gern.«
    »Konnte Mrs Bishop, die Haushälterin in Hunterbury, sie gut leiden?«
    Ted grinste plötzlich.
    »Ach, das war nur eine Art Eifersucht! Der Alten gefiel es nicht, dass Mrs Welman so eine Vorliebe für Mary gefasst hatte.«
    »War Mary Gerrard glücklich, wenn sie hier war? Hatte sie die alte Mrs Welman gern?«
    »Sie wäre ganz zufrieden gewesen, wenn die Schwester sie in Ruhe gelassen hätte. Schwester Hopkins, meine ich, redete ihr ein, sie müsse ihr Brot verdienen und solle sich als Krankengymnastin ausbilden lassen.«
    »Sie hatte Mary aber gern, nicht?«
    »O ja, sie hatte sie ganz gern; aber sie gehört zu den Leuten, die immer wissen, was für jeden das Beste ist!«
    »Angenommen, Schwester Hopkins wüsste etwas – etwas, sagen wir, das ein schlechtes Licht auf Mary werfen würde –, glauben Sie, sie würde es bei sich behalten?«
    Ted Bigland sah ihn neugierig an.
    »Ich verstehe nicht ganz, was Sie meinen, Sir.«
    »Glauben Sie, dass Schwester Hopkins, wenn sie etwas gegen Mary Gerrard in der Hand hätte, den Mund halten würde?«
    »Ich bezweifle, dass das Frauenzimmer überhaupt den Mund halten kann! Sie ist die ärgste Klatschbase im Dorf. Aber wenn sie über irgendjemanden den Mund halten könnte, so wäre das wahrscheinlich Mary.« Da seine Neugierde ihn überwältigte, fügte er hinzu: »Aber warum fragen Sie das?«
    »Wenn man mit Leuten redet, merkt man immer allerhand. Schwester Hopkins sprach, allem Anschein nach, vollkommen freimütig und offen, aber ich hatte den Eindruck – den sehr starken Eindruck –, dass sie mit etwas hinterm Berg hielt. Es muss nicht unbedingt etwas Wichtiges sein, mag gar keinen Bezug zum Verbrechen haben. Aber es gibt etwas, was sie weiß und nicht gesagt hat. Ich habe auch den Eindruck, dass dieses Etwas – was immer es sein mag – etwas entschieden Negatives im Hinblick auf Mary Gerrard ist…«
    Ted schüttelte hilflos den Kopf, und Hercule Poirot seufzte.
    »Je nun, ich werde mit der Zeit erfahren, was es ist.«
     

13
     
    P oirot sah mit Interesse in das lange, nervöse Gesicht Roderick Welmans.
    Roddys Nerven waren in einem kläglichen Zustand. Seine Hände zitterten, seine Augen waren blutunterlaufen, seine Stimme klang heiser und gereizt.
    Er sagte mit einem Blick auf die Visitenkarte:
    »Natürlich ist mir Ihr Name bekannt, Monsieur Poirot. Aber ich sehe nicht recht ein, wieso Dr. Lord glaubt, dass Sie in der Sache etwas tun können! Und was geht es ihn überhaupt an? Er hat meine Tante behandelt, aber sonst ist er uns vollkommen fremd. Elinor und ich kannten ihn nicht einmal, bevor wir im Juni nach Hunterbury fuhren. Es ist doch sicherlich Seddons Sache, sich mit all diesen Dingen zu befassen?«
    »Theoretisch ist das richtig«, gab Hercule Poirot zu.
    Roddy fuhr unglücklich fort:
    »Nicht dass Seddon mir viel Vertrauen einflößt, er ist so verdammt umständlich.«
    »Das haben Rechtsanwälte so an sich.«
    »Aber«, sagte Roddy, etwas zuversichtlicher, »wir haben Bulmer engagiert. Er soll so ziemlich der Beste in seinem Fach sein, nicht?«
    »Er hat den Ruf, aussichtslose Fälle zu übernehmen.«
    Roddy zuckte sichtlich zusammen, und Poirot sagte:
    »Es ist Ihnen doch hoffentlich nicht unangenehm, dass ich versuche, Miss Elinor Carlisle beizustehen?«
    »Nein, nein, natürlich nicht. Aber – «
    »Aber was kann ich tun? Das ist es, was Sie sagen wollen?«
    Ein flüchtiges Lächeln blitzte in Roddys bekümmertem Gesicht auf – ein so bezauberndes Lächeln, dass

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