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Morphium

Morphium

Titel: Morphium Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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Übereiltes getan. Sie sagte ihm hier, er dürfe nicht so mit ihr reden, wenn er mit Miss Elinor verlobt sei. Und als er sie in London besuchte, sagte sie dasselbe.«
    »Wie denken Sie selbst denn über Mr Roderick Welman?«
    »Er ist ein ganz netter junger Mensch. Aber etwas nervös. Sieht aus, als könnte er später einmal magenleidend werden; diese nervösen Typen werden das oft.«
    »Hat er seine Tante gern gehabt?«
    »Ich glaube schon.«
    »Hat er viel bei ihr gesessen, als sie so krank war?«
    »Sie meinen, nachdem sie den zweiten Schlaganfall hatte? In der Nacht, bevor sie starb? Ich glaube nicht, dass er überhaupt in ihrem Zimmer war!«
    »Wirklich?«
    »Sie hat nicht nach ihm verlangt. Und wir hatten natürlich keine Ahnung, dass das Ende so nahe sein würde. Es gibt eine Menge solcher Männer, wissen Sie: weichen einem Krankenzimmer aus. Sie können nichts dafür. Und es ist auch nicht Herzlosigkeit. Sie wollen nur nicht erschüttert werden.«
    Poirot nickte verständnisvoll.
    »Sind Sie sicher, dass Mr Welman nicht ins Zimmer seiner Tante ging, bevor sie starb?«
    »Nun, nicht, solange ich Dienst hatte! Schwester O’Brien löste mich um drei Uhr früh ab, und sie könnte ihn geholt haben als es zu Ende ging, gesagt hat sie mir allerdings nichts davon.«
    »Er kann nicht in ihr Zimmer gegangen sein, während Sie abwesend waren?«
    Schwester Hopkins fuhr ihn an:
    »Ich lasse meine Patienten nicht allein, Monsieur Poirot.«
    »Bitte tausendmal um Entschuldigung; das habe ich nicht gemeint. Ich dachte, vielleicht hätten Sie kochendes Wasser gebraucht oder hinunterlaufen müssen um irgendein Mittel zu holen.«
    Besänftigt sagte Schwester Hopkins:
    »Ich ging wohl einmal hinunter, um die Wärmeflasche frisch füllen zu lassen. Ich wusste, dass heißes Wasser in der Küche war.«
    »Wie lange etwa waren Sie weg?«
    »Vielleicht fünf Minuten.«
    »Ach ja, da kann Mr Welman zu ihr hineingeschaut haben?«
    »Da müsste er sich sehr beeilt haben.«
    Poirot seufzte.
    »Wie Sie schon feststellten, weichen viele Männer der Krankheit aus! Die Frauen sind unsere hilfreichen Engel! Was würden wir tun ohne sie? Besonders ohne Frauen Ihres Berufs – ein wahrhaft edler Beruf!«
    Schwester Hopkins errötete ein wenig.
    »Es ist sehr freundlich von Ihnen, das zu sagen. Ich selbst habe nie in dieser Weise gedacht. Zuviel schwere Arbeit beim Pflegen, um an die edle Seite des Berufs zu denken!«
    »Und es gibt sonst nichts, das Sie mir über Mary Gerrard sagen können?«, fragte Poirot.
    Eine merkliche Pause trat ein, ehe Schwester Hopkins antwortete:
    »Ich weiß von nichts.«
    »Sind Sie ganz sicher?«
    Schwester Hopkins sagte etwas unzusammenhängend:
    »Sie verstehen nicht. Ich hatte Mary gern.«
    »Und es gibt nichts, was Sie mir noch erzählen könnten?«
    »Nein, nichts! Absolut nichts.«

11
     
    I n der majestätischen Gegenwart der schwarz gekleideten Mrs Bishop saß Hercule Poirot mit geziemender Demut.
    Das Auftauen von Mrs Bishop war keine leichte Sache. Denn Mrs Bishop, eine Frau von konservativen Sitten und Ansichten, missbilligte Ausländer in höchstem Maße. Und ein Ausländer war Hercule Poirot zweifellos. Ihre Antworten waren frostig, und sie betrachtete ihn mit Abneigung und Misstrauen.
    Auch Dr. Lords Vorstellung hatte wenig dazu beitragen können, die Situation zu entspannen.
    Hercule Poirot ließ seinen ganzen Charme und seine ganze Klugheit spielen, aber Mrs Bishop blieb reserviert.
    Der Tod von Mrs Welman war sehr traurig gewesen. Sie war hoch geachtet in der ganzen Umgebung. Die Verhaftung von Miss Carlisle war »ein Skandal« und wahrscheinlich das Resultat von »diesen neumodischen Polizeimethoden«. Die Ansichten von Mrs Bishop über den Tod von Mary Gerrard waren höchst unklar. »Das kann ich wirklich nicht sagen«, mehr war dazu nicht aus ihr herauszubringen.
    Da spielte Hercule Poirot seine letzte Karte aus. Er erzählte mit naivem Stolz von seinem kürzlichen Besuch in Sandringham. Er sprach mit Bewunderung von der Gnade und herzerwärmenden Schlichtheit und Güte der königlichen Herrschaften.
    Mrs Bishop, die täglich anhand der Hofnachrichten das genaue Tun und Lassen des Hofes verfolgte, war überwältigt… So sah die Sache freilich ganz anders aus! Ausländer oder nicht, wer war sie, Emma Bishop, dass sie Vorbehalte hegen wollte, wo der Hof vorangegangen war?
    Bald waren sie und Monsieur Poirot in angenehmer Unterhaltung über ein wirklich interessantes Thema begriffen – es ging

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