Morphium
geboren – in Ardlochrie. Bob Gerrard, der, als ich im U n glück war, nichts mehr von mir wissen wollte, hatte wieder bego n nen, mir zu schreiben. So wurde abgemacht, dass wir zwei heir a ten sollten und im Pförtne r haus wohnen, und er glauben sollte, dass das Kind das meine sei. Wenn wir dort lebten, würde es ganz natürlich aussehen, wenn Mrs Welman sich für das Kind interessierte und sich um seine Erzi e hung kümmerte und später für sein Fortko m men sorgte. Sie meinte, es sei besser für Mary, wenn sie die Wahrheit nie erführe. Mrs Welman gab uns beiden eine schöne Summe Geldes; doch ich hätte ihr auch ohne das g e holfen. Ich war ganz glücklich mit Bob, aber Mary hat er nie recht gemocht. Ich habe den Mund gehalten und nie irgendjemand etwas erzählt. Aber ich denke, es ist für den Fall meines Todes richtig, dass ich dies schwarz auf weiß, niede r schreibe.
Elise Gerrard (geb. Elise Riley)
Hercule Poirot atmete tief durch und legte den Brief wieder zusammen.
Schwester Hopkins fragte besorgt:
»Was werden Sie nun machen? Sie sind doch jetzt alle tot! Es tut nicht gut, diese Dinge auszugraben. Jedermann hier hat Mrs Welman so hoch geachtet, kein Wort ist je gegen sie gesagt worden. Dieser ganze alte Skandal – es wäre grausam! Und dasselbe gilt für Mary. Sie war ein liebes Mädel; warum sollte man erfahren, dass sie ein uneheliches Kind war? Lassen Sie die Toten in Frieden ruhen.«
»Man muss an die Lebenden denken.«
»Aber diese Sache hat doch nichts mit dem Mord zu tun.«
»Sie kann sogar sehr viel damit zu tun haben.«
Er verließ das Häuschen und Schwester Hopkins, die ihm mit offenem Mund nachstarrte.
Er war ein Stückchen gegangen, als er zögernde Schritte hinter sich bemerkte. Er blieb stehen und wandte sich um. Es war Horlick, der junge Gärtner von Hunterbury. Er war sehr verlegen und drehte seine Mütze fortwährend in den Händen.
»Entschuldigen Sie, Sir, könnte ich ein Wort mit Ihnen sprechen?«
Er schluckte aufgeregt beim Sprechen.
»Gewiss. Was gibt’s?«
Horlick drehte die Mütze noch rascher. Er sagte, indem er die Augen abwandte und noch unglücklicher und verlegener aussah:
»Es handelt sich um das Auto.«
»Das Auto, das an jenem Morgen vor dem hinteren Tor stand?«
»Ja, Sir. Dr. Lord sagte heute, dass es nicht sein Wagen war – aber er war es doch, Sir.«
»Sie wissen das bestimmt?«
»Ja, Sir. Wegen der Nummer, Sir. Es war MSS 2022. Ich habe genau darauf geachtet – MSS 2022. Wissen Sie, wir kennen es im Dorf und nennen es immer Miss [{(Tu-Tu)}] Tutu! Ich bin ganz sicher, Sir.«
Poirot sagte leise lächelnd:
»Aber Dr. Lord behauptet, er sei an jenem Vormittag in Withenbury gewesen.«
Horlick war ganz unglücklich.
»Ja, Sir, ich habe das gehört. Aber es war doch sein Wagen, Sir… Darauf kann ich einen Eid ablegen.«
»Danke, Horlick, das ist genau das, was Sie vielleicht werden tun müssen…«
21
W ar es sehr heiß im Gerichtshof? Oder sehr kalt?
Elinor Carlisle war nicht ganz sicher. Manchmal fühlte sie sich glühend, wie im Fieber, und gleich danach erschauerte sie.
Dr. Lord legte Zeugnis ab. War das Peter Lord – jener sommersprossige, heitere junge Doktor, der in Hunterbury so nett und so freundlich gewesen war? Jetzt war er sehr steif, streng beruflich. Seine Antworten kamen monoton: Er war telefonisch nach Hunterbury gerufen worden; zu spät, als dass man noch etwas hätte tun können; Mary Gerrard war ein paar Minuten nach seinem Eintreffen gestorben; Tod, seiner Meinung nach, infolge Morphium-Vergiftung.
Sir Edwin Bulmer erhob sich zum Kreuzverhör.
»Sie waren der behandelnde Arzt der verstorbenen Mrs Welman?«
»Ja.«
»Während Ihrer Besuche in Hunterbury im Juni hatten Sie Gelegenheit, die Angeklagte und Mary Gerrard zusammen zu sehen?«
»Mehrere Male.«
»Wie würden Sie das Benehmen der Angeklagten Mary Gerrard gegenüber bezeichnen?«
»Nett und natürlich.«
Sir Edwin Bulmer sagte mit einem etwas geringschätzigen Lächeln:
»Sie sahen nie irgendwelche Anzeichen dieses ›eifersüchtigen Hasses‹, von dem wir soviel zu hören bekamen?«
»Nein.«
Lords Stimme klang fest.
Elinor dachte: Aber er sah es – er sah es… Er hat für mich gelogen… Er wusste…
Nach Peter Lord kam der Polizeiarzt. Seine Zeugenaussage war länger, mehr auf die Einzelheiten eingehend und alles in allem höchst ermüdend.
Nach der Mittagspause wurde der wichtigste Sachverständige, Dr. Alan Garcia, vernommen. Auch
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