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Morphogenesis

Morphogenesis

Titel: Morphogenesis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Marrak
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zahllosen Tiere, sie sind über uns gekommen! Wollt ihr denn warten, bis der Himmel brennt …?«
    Für eine Sekunde darüber entsetzt, die Sprache zu verstehen, bohrte ich die Spitze der Rebasche durch seine Kehle und sah angewidert zu, wie der Schreihals trotzdem versuchte, weiterzubrüllen. Byron, eines Gegners ledig, begann mit dem verbleibenden Chroner zu ringen. Er schnappte sich einen in der Nähe stehenden Stuhl und schlug ihn so lange auf Bockschnäppers Schädel, bis dieser blutüberströmt zusammensackte. Für wie lange, konnte niemand sagen, doch es würde hoffentlich ausreichen, um zu fliehen.
    Auch Byron hatte einige kräftige Hiebe einstecken müssen. Eines seiner Augen war von einer Chronerkralle ausgestochen, seine Lippen aufgeplatzt, und aus Mund und Nase rann Blut. Er erhob sich schnaufend und fragte mit einem raschen Rundblick: »Alles in Ordnung?«
    »Ja.«
    Sieben oder acht Aufseher zählte ich, die nun mit erhobenen Waffen auf uns zumarschierten, ganz zu schweigen von den Dutzenden finsterer Gestalten, die sich ihnen mit wutverzerrten Gesichtern anschlossen.
    »Höchste Zeit, dass wir Land gewinnen«, erkannte Byron. Er griff nach dem Stunder des überwältigten Chroners und spurtete trotz des immensen Gewichts der Waffe mit Riesenschritten auf den Ausgang an der gegenüberliegenden Seite des Saales zu. Ich zögerte nur einen Augenblick länger, zog meine Rebasche aus der Kehle des Bärtigen und rannte meinem Begleiter hinterher. Der Schwarze jagte durch die Tischreihen und schlug wie toll mit dem Stunder um sich. Einhundert Meter Sprint über Sand, Tische und jammernde Körper mit klaffenden Wunden. Einhundert Schritte Spießrutenlauf durch mordlüsterne, zähnefletschende Gestalten bis zum rettenden Ausgang. Eine lächerliche, doch in Anbetracht der Situation unendlich weite Entfernung.
    Ich preschte durch die von Byron freigehackte Schneise und schüttelte eine Unzahl von Händen ab, die sich in meine Kleidung krallten und die Reste des Overalls in Fetzen rissen. Ihre zu Klauen geformten Finger ließen blutige Striemen und Schürfungen auf meiner Haut zurück. Ich stieß mit den Ellbogen, sprang wie ein Kung-Fu-Kämpfer gegen alles, was sich mir in den Weg stellte und ließ die Rebasche Brustkörbe, Kehlen und Gesichter spalten. Einer der Chroner benutzte seine Waffe als Speer, als er erkannte, dass wir zu entwischen drohten, und sofort taten die anderen es ihm gleich. Eine Armada tödlicher Wurfgeschosse zischte hinter uns her. Tische, Stühle, Flaschen und abgetrennte Gliedmaßen flogen durch den Saal, während ein animalisches Geschrei und Geheul aufbrandete. Die Meute hatte Blut geleckt, die Treibjagd hatte begonnen. Wehe uns, wenn sie Byron oder mich in die Finger bekämen. Sie würden uns in ihrem Blutrausch wahrscheinlich mit bloßen Händen in Stücke reißen oder bei lebendigem Leibe auffressen.
    Mit einem Mal stand kein Gegner mehr vor mir, und der Weg war frei. Zwanzig Schritte noch bis zur rettenden Pforte. Zwanzig Schritte …
    Die Rebasche traf mich in den Rücken. Ich riss den Mund auf, als ich den Schlag spürte, ohne einen Ton zustande zu bringen, und verlor durch die Wucht des Treffers fast das Gleichgewicht. Ich fühlte, wie die Spitze der Waffe meine rechte Lunge durchbohrte, durch meine Laufbewegungen auf und ab wippte und in meinen Organen rührte, ehe sie durch ihr Gewicht wieder aus der Wunde rutschte und abfiel. Eine zweite Rebasche traf meinen linken Arm oberhalb des Ellbogens und zerschmetterte den Knochen. Nun erst schrie ich schmerzgepeinigt auf. Meine Lungen schienen zu explodieren. Ich hustete Fontänen von Blut, während ich mehr stolperte als rannte und mein linker Arm schlaff an meiner Seite pendelte.
    Byron hatte den Ausgang erreicht, sah sich um, erkannte, wie es um mich bestellt war und hielt die Tür weit auf.
    »Scheiße!«, fluchte er, als ich ihn mit letzter Kraft erreichte und in seine Arme fiel, darum kämpfend, bei Bewusstsein zu bleiben. »Es wird heilen«, versprach er. »In ein paar Stunden haben sich die Wunden wieder geschlossen.«
    »Ich weiß«, keuchte ich. Blutiger Schaum rann mir aus dem Mund über das Kinn.
    »Scheiße«, wiederholte Byron. »Beiß die Zähne zusammen!«
    Hinter uns entwickelte sich ein regelrechtes Kesseltreiben. Das halbe Lokal rannte schreiend und zähnefletschend hinter uns her, während Byron mit mir durch den Ausgang stolperte. Es war ein Martyrium, mit durchbohrter Lunge zu rennen, aber irgendwie, so schien mir,

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