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Morphogenesis

Morphogenesis

Titel: Morphogenesis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Marrak
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Lampe in die Höhe, als hoffe er, sichtbare Überreste des Mysteriums zu entdecken. Resigniert richtete er den Lichtkegel dann wieder auf den Boden. »Wenn das stimmen sollte, dann muss es etwas ziemlich Großes gewesen sein …«
    »Oder sehr viele.«
    »Viele was?«
    »Körper.« Ich legte den Kopf in den Nacken. »Vielleicht aber auch nur ein einziger … Der eines Theropoden.«
    Károly ächzte gequält. »Ein Saurier?« Seine Miene war skeptisch, aber ich spürte, dass auch er daran gedacht hatte. »Womöglich einbalsamiert, bandagiert und als fünfzehn Meter große Mumie hier begraben«, bemühte er sich, seiner Beklommenheit durch Scherzen Herr zu werden.
    Ich fasste in meine Brusttasche, zog eine Spielkarte heraus und hielt sie Károly hin. »Hier, schau dir das mal an.«
    Mein Partner nahm die Karte und betrachtete sie. »Eine Arkana«, erkannte er. »Ägyptisches Tarot.«
    »Mein alter Herr hat mir das Set kurz vor seinem Tod geschenkt. Habe zwar nichts übrig für Astrologie, trage die Karten aber dennoch seit sechzehn Jahren mit mir herum. Sind so eine Art Fetisch.« Es klang wie das Eingeständnis einer sehr peinlichen Marotte. »Als ich heute vor dem Siegel stand, hatte ich das Gefühl, ein ähnliches Motiv schon einmal gesehen zu haben, aber ich konnte mich zuerst nicht erinnern, wo – bis mir das Spiel wieder einfiel.«
    Károly studierte die Karte im Licht seiner Lampe. »Typhon«, las er den Namen unter der Zeichnung ab.
    »Der Teufel«, erklärte ich. »Der Drache.«
    »Hmh … nun ja, eine gewisse Ähnlichkeit kann man nicht leugnen«, gab er zu. »Der fette Körper, der relativ kleine Kopf auf dem Schlangenhals, die langen Arme … was kommt da aus seinem Bauchnabel gekrochen?«
    »Eine Schlange.«
    »Aber der hier besitzt Schwingen und trägt ein Horn auf der Schnauze.«
    Ich nahm Károly die Karte aus der Hand und verstaute sie wieder in meiner Hemdtasche. »Attribute christlicher Einflüsse«, sagte ich.
    »Und, was willst du damit andeuten? Das wir die Grabkammer des Apophis gefunden haben?«
    Ich zuckte die Schultern. »Eine Pyramide, die einen Vulkan umschließt, ein mit Mauerwerk ausgekleideter Lavaschlot, ein saurier- oder drachenartiges Wesen auf der versiegelten Tür, das womöglich einen Feuer- oder Vulkangott darstellt – es würde alles zusammenpassen …«
    »Ich tendiere zu Mohads Standpunkt«, sagte Károly. »Für mich ist das Wesen auf dem Siegel eine frühe Darstellung Tawerets. Obendrein bildet eine Tarotkarte kein wissenschaftliches Fundament für eine Analogie-Hypothese. Der Staub könnte von hölzernen Grabbeigaben herrühren, womöglich von großen Statuen. Ein Gerüst für zweihundert aufgebahrte Krokodilmumien halte ich für realistischer als einen einzigen konservierten Saurier- oder Vulkangottkadaver. Wäre auch vorstellbar, dass sich einst eine Holzkonstruktion durch den Schacht gespannt hat, vielleicht sogar ein ganzes Treppenhaus, mit Etagen, Kammern und sogar Möbeln …«
    Ich verlor für einen Moment das Gleichgewicht, als mich ein erneuter Schwindel überwältigte, und fiel stolpernd in den Staub. Károly eilte herbei und half mir wieder auf die Beine. Er sah besorgt drein und stützte mich, bis ich wieder sicher stehen konnte. Meine Knie zitterten, ich fühlte mich flau im Magen. Mein Partner führte mich zu der ringförmigen Erhöhung und setzte mich darauf ab.
    »Alles okay?«
    »Ja, natürlich …« Ich atmete tief durch. »Wir – sollten besser wieder nach oben«, sprach ich leise. »Die Luft ist hier nicht besonders gut.«
    »Blödsinn!«, meinte Károly. »Die Luft ist gerade mal ein paar Stunden alt. Mit dir stimmt etwas nicht!« Er sah mich besorgt an. »Ich werde dem Arzt Bescheid geben, dich morgen früh noch einmal gründlich zu untersuchen. Ich habe nicht die geringste Lust, dich als zweites Opfer der Pharaonenflüche abzuschreiben.«
    »Pharaonen …« Ich grinste schief. »Erzählte dieser Vorarbeiter nicht etwas vom Fluch der Kemahor?«
    Károly starrte mit eigenartigem Blick an mir vorbei. Ich befürchtete schon, er kippe ebenfalls gleich um, doch er legte nur den Kopf schräg und bekam einen staunenden Gesichtsausdruck.
    »Was ist los?« Ich folgte seinem Blick, konnte hinter meinem Rücken jedoch nichts Außergewöhnliches entdecken. »Stimmt etwas nicht?«
    Károly antwortete nicht. Langsam begann er sich im Kreis zu drehen und mit seiner Lampe die Oberfläche der Rundbank abzuleuchten, auf der ich saß.
    »Deckplatten«, murmelte

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