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Morphogenesis

Morphogenesis

Titel: Morphogenesis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Marrak
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mich auf den Tisch. »Was ist mit Rahmeds Leiche?«, fragte ich, während ich ein zweites Glas einschenkte.
    »Sie liegt noch unten«, antwortete Károly. »Außer uns beiden wird keiner der Arbeiter mehr einen Fuß dort runtersetzen. Ich habe das Kultusministerium und die Behörden in Kairo informiert. Morgen kommen ein paar Leute vom wissenschaftlichen Institut. Sie haben angeordnet, alles so zu lassen, wie es ist, und auf keinen Fall in die Kammer einzudringen, bevor nicht genau feststeht, was Rahmed umgebracht hat. Sie wollen einen dieser Erkundungsroboter hineinschicken.«
    »So …« Ich stellte mein Glas ab. »Wollen sie das?«
    »Das sagten sie jedenfalls.«
    »Einen Erkundungsroboter. Und das gefällt dir?«
    Károly zuckte die Schultern. »Ich denke, es ist das Vernünftigste.«
    »Und ich denke, dass diese Pragmatiker uns diskret nach Hause komplimentieren werden, sobald sie erst einmal hier sind! Soll unsere gesamte Arbeit von einer Maschine übernommen werden, die nicht größer ist als eine Schuhschachtel, ehe wir in diesem Bauwerk mehr gesehen haben als eine Leiche? Dann wären sechs Wochen Schufterei völlig umsonst gewesen!« Ich reckte energisch das Kinn vor und sah meinen Partner herausfordernd an. »Wärst du damit zufrieden?«
    Károly schluckte. Sein Stolz war sein wunder Punkt. Ich fühlte seinen Konflikt, seine Neugier und seinen Wissensdrang, die mit seiner Vernunft und Furcht kämpften. Schließlich schüttelte er den Kopf. »Nein, natürlich nicht …«
    »Dann werden wir hineingehen; heute Nacht!« Ich musterte den Vorarbeiter, der mit einer Engelsgeduld im Zelt stand und wartete. »Wie geht die Geschichte zu Ende?«, fragte ich ihn.
    »Interessiert Euch das wirklich, Sayed?«
    »Würde ich sonst fragen?«
    »Es heißt, viele Götter meiner Vorfahren waren Abkömmlinge jener Mischwesen und wurden von den Menschen als solche verehrt. Die Legende besagt, dass sie an den Höfen der Pharaonen und Hohepriester lebten, und manche von ihnen selbst diese Ämter bekleideten.«
    Ich fühlte einen plötzlichen Schwindel in mir aufsteigen. Die gesamte Umgebung begann sich vor meinen Augen zu drehen. Ich klammerte meine Finger so fest um die Zeltstange, dass meine Handknöchel weiß hervortraten.
    »… sie alle trugen die Attribute der Schlangen«, drangen Jascheds Worte wie aus weiter Ferne an meine Ohren.
    Károly kam herbei und stützte mich noch rechtzeitig ab, bevor ich zusammensackte. »Alles in Ordnung, Hype?«
    »Ich bin okay«, antwortete ich stockend. »Bin wohl noch nicht so ganz auf dem Damm. Der Trubel im Stollen, das Fieber und der Whisky …«
    »Du solltest dich ein paar Stunden hinlegen.«
    »Nein, kommt überhaupt nicht in Frage«, wehrte ich ab. »Wenn wir heute Nacht nicht dokumentieren, was sich hinter dieser Tür befindet, wird es vielleicht nie jemand erfahren!«

 

     
     
    Eine feine Schicht aus Sand und Staub bedeckte Rahmeds Leiche und ließ sie mit ihrem entstellten Gesicht und den leeren Augenhöhlen wie eine missglückte, achtlos hingeworfene Lehmskulptur wirken. Ein eigenartiger Geruch hing in der Luft. Ich verfluchte es, dass die Atemgeräte die ganze Zeit über ungeschützt hier unten gelegen hatten. Sie jetzt noch zu benutzen, wäre, als stülpe man sich einen Eimer voll Wasser über den Kopf, um sich vor Regen zu schützen. Falls sich Sporen in der Luft befanden, dann hatten wir sie längst eingeatmet.
    »Mein Gott«, stöhnte Károly. Er platzierte seine Kameratasche neben den Sauerstoffflaschen, beugte sich über den Leichnam und zog ihn von der Tür fort. Die Darmschlinge, die aus seiner Mundhöhle in das Mauerloch führte, kam hinterhergerutscht. »Das ist grauenhaft. Was sollen wir machen?«
    Ich zog ein Messer aus der Tasche und klappte es auf.
    »Aber …!« Károly wurde aschfahl.
    »Wir müssen ihn abschneiden.« Ich setzte die Klinge über Rahmeds Mund an. »Oder willst du seine Eingeweide aus der Kammer ziehen und in eine Tüte packen?«
    Károly atmete schwer. Er rang sichtlich nach Fassung, aber er schwieg. Angewidert durchtrennte ich den Darm. Das aus dem Mund hängende Ende klatschte dem Toten ins Gesicht, die andere Hälfte rutschte mir aus den Fingern und verschwand in der Öffnung wie ein zurückzuckender Tentakel. Meine Hände zitterten, als ich das Messer wieder zusammenklappte.
    »Wie das stinkt«, keuchte Károly.
    »Schleppen wir ihn vor zum Ausgang und geben Mohad und den anderen Bescheid, damit sie ihn hochziehen.«
    Rahmeds Körper war

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