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Morphogenesis

Morphogenesis

Titel: Morphogenesis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Marrak
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deine Sachen«, begrüßte ich sie. Das fette Geschöpf rührte sich nicht. Vorsichtig legte ich meine Beute auf den Boden und betrachtete ihren nackten Körper. Sie schnarchte. Ich setzte mich eine Weile neben sie und wartete, bis die Wirkung der berauschenden Substanz in mir nachgelassen hatte. Dann nahm ich die zurückgelassene Eisenstange wieder an mich und machte mich auf den Weg, den riesigen Kubus zu inspizieren. Vana würde schlafen, vielleicht für ein weiteres Jahr …
     
    Nachdem ich einen halben Kilometer zurückgelegt hatte, wurde ein unangenehmes Brummen hörbar. Es ging unzweifelhaft von dem Kubus aus und ähnelte dem tiefen Surren der Paraboliden. Ich blieb stehen und starrte das Bauwerk mit gemischten Gefühlen an. Handelte es sich womöglich um ein äonenaltes Kraftwerk; hier unten, in dieser Welt aus Degeneration und Verfall?
    Je näher ich dem Kubus kam, desto lauter wurde das Geräusch. Es ließ den Boden ringsum vibrieren und versetzte das Wasser in Schwingung. Myriaden winziger Wellen huschten über seine Oberfläche. Als ich an einer der Gebäudewände anlangte, war das Beben so stark, dass es das Wasser zum Gischten und Kochen brachte. Mein gesamtes Bewusstsein wurde von diesem betäubend tiefen, aus dem Fels dringenden Ton erfüllt.
    Aufmerksam schritt ich zwei Seiten des Kubus ab auf der Suche nach einem Eingang. Die Außenfläche des Bauwerks war bis zu einer Höhe von fast zwanzig Metern mit Pilzen und Schwämmen bewachsen, die mancherorts so üppig gediehen, dass sie ein metergroßes Tor hätten verbergen können. Mit der Metallstange stocherte ich in den größeren Pilzhaufen herum, traf darunter jedoch nur auf blankes Gestein und verlor alsbald meine Zuversicht. Als ich die dritte Gebäudeseite erreichte, stieß ich auf Ansammlungen von Pilzen, die in auffallend regelmäßigen Abständen an der Wand emporwuchsen. Nachdem ich ein Stück weit von ihr zurückgetreten war, erspähte ich in gut dreißig Metern Höhe eine kluftartige Öffnung im Fels.
    Ich bohrte die Stange in den untersten Pilzhaufen. Als sie fast völlig in den weichen Organismen versunken war, traf ich auf Widerstand. Ich legte die Stange beiseite. Mit bloßen Händen entfernte ich den Bewuchs und legte den Anfang einer verkrusteten Stiege frei. Wie schon bei der Leiter im Schacht war ihr Metall zwar vom Zahn der Zeit angefressen, jedoch nicht durchgerostet. Es musste sich um eine unbekannte Legierung handeln, oder um ein Edelmetall. Nach einigen prüfenden Tritten war ich überzeugt davon, dass das Material meinem Gewicht standhalten würde. Mühsam befreite ich die untersten Sprossen von Pilzen, hieb und zerrte, wischte und riss den schleimigen Bewuchs von der Stiege, während ich mich langsam in die Höhe arbeitete.
    Als ich die letzte Sprosse erklommen hatte, konnte ich in einen mannshohen, sehr engen Stollen blicken. Er führte fünfzehn oder zwanzig Meter von mir weg und schien in einem bläulichen Glühen zu enden. Nur auf den ersten Metern wurde sein Boden von Pilzen bedeckt, dann zeigte sich blankes Gestein. Es vibrierte unangenehm unter meinen Füßen, während ich ins Innere des Kubus vordrang. Als ich das Glühen erreichte, blieb ich stehen.
    Vor mir weitete sich der Stollen und stieg leicht an, gleichzeitig beschrieb er eine Krümmung nach links. Die Biegung sah eigenartig aus, und wenn ich sie mit dem hinter mir liegenden Abschnitt des Ganges verglich, wirkte es, er wäre dieser einst schnurgerade weiterverlaufen und erst im Nachhinein von einer unfassbaren Macht deformiert worden.
    Vorsichtig folgte ich dem Anstieg. Hinter der Biegung knickte der Gang ab, führte zwei Meter steil nach unten und wurde dabei so niedrig, dass ich mich auf den Bauch legen musste, um die Engstelle zu passieren. Beständig auf- und abführend, wand der Gang sich daraufhin weiter ins Gestein. Seine klaustrophobische Enge machte mir zu schaffen. Solange ich jedoch weiterhin das Gefühl hatte, genug Spielraum zwischen mir und den nasskalten Wänden zu haben, um gegebenenfalls kehrtmachen zu können, ließ die Enge sich halbwegs ertragen.
    Dann stieß ich auf den Toten.
    Er war vollkommen skelettiert, und ich vermutete, einen der von Vana vermissten Tuol gefunden zu haben. Was mich beunruhigte, war die Beschaffenheit seiner Überreste. Das Skelett wies kein einziges Metallimplantat auf, weder als Ersatz für zerstörte Knochen noch als Behelfsorgan. Was hier vor mir lag, war einst ein lebendiges Geschöpf gewesen, ohne synthetisches

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