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Morphogenesis

Morphogenesis

Titel: Morphogenesis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Marrak
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Endlosschleife wider. Bei den drei nächsten Datenträgern erschienen auf dem Monitor lediglich verzerrte, unkenntliche Bilder ohne Ton, die ich nicht zu deuten wusste. Einzig beim Abspielen des letzten Zylinders wurde ein Bild auf dem Schirm sichtbar, wenn auch nur als flimmerndes Standmotiv, das von einem unangenehmen Brummton untermalt war. Zu erkennen war eine Art sterile, durch ein dickes, zersprungenes Schutzfenster einsehbare Kammer, in der sich so etwas wie eine Metalltruhe befand. Die Truhe ruhte auf einem massiven Tisch und schien geöffnet zu sein, wobei der Raum von sanftem, rostrotem Nebel erfüllt schien, der sich über dem Behälter verdichtete. Im Vordergrund des Bildes war der unscharfe Ausschnitt einer Person (mit langem Kinn!) zu erkennen, aus deren Mund, Nase und Augen dicker, rostroter Schaum quoll. Das eigentliche Grauen offenbarte sich jedoch jenseits der kaputten Glasscheibe, halb verdeckt durch die Gestalt im Vordergrund. Es war eine organische Masse, eine Form, die aus der Truhe wuchs und alles in einem zu sein schien. Ich erkannte mehrere Köpfe, Augen, Nasen, Zähne, den Teil eines Flügels, Fühler und verzerrte Gliedmaßen, die aussahen, als hätte man ein riesiges Insekt mit einer Seeanemone gekreuzt. Das gesamte Ding, das sich aus der Truhe stemmte (oder aus ihr geboren wurde?), erweckte den Eindruck, als versuchte es sich zu einem Organismus zu bilden – ohne Konzept, zu welchem. Der Schaum im Gesicht der Person im Vordergrund zeugte davon, dass die Substanz, aus der es bestand, freigesetzt wurde und sich im Körper des Unglücklichen offenbar unkontrolliert zu vermehren begannen.
    Was ich auf dem Monitor sah, war die geöffnete Büchse der Pandora …
    Lange betrachtete ich das flimmernde Standbild, versuchte mir dabei auszumalen, in welch überirdischem Kraftakt die verseuchte Sarara- Sphäre vor Urzeiten von der Welt abgekapselt worden sein musste. Wie man sie aus dem Universum geschleudert hatte, weil das, was die Verantwortlichen heraufbeschworen hatten, unaufhaltsam war. Die Vision, die sich langsam vor meinem geistigen Auge auftat, überstieg meine Vorstellungskraft …
    Ich identifizierte den Ausschnitt auf dem Bildschirm schließlich als Teil des Kontrollraums und das zerstörte Schutzfenster, hinter dem die Truhe stand, als jene Trennwand, die ich für einen großen defekten Wandbildschirm gehalten hatte. Mit gemischten Gefühlen ging ich hinüber und blickte durch das große Schmelzloch, das in seinem Glas klaffte, bemüht, meine Augen mit den Händen gegen die Helligkeit der Leuchtanzeigen abzuschirmen. Nur langsam durchdrang mein Blick die Dunkelheit des dahinter liegenden Raums. Ich entdeckte die altarartige Erhebung, doch was zu sehen ich erhofft hatte, fand ich nicht. Der Tisch war leer, die Truhe, aus der das Unheil entwichen war, verschwunden. Jemand – oder etwas – musste sie nach dem Unfall geborgen haben …
    Das Brummen aus den Lautsprechern übertönte beinahe sämtliche Geräusche innerhalb des Kontrollraums. So kam der wuchtige Schlag, der mich in den Nacken traf und meinen Kopf gegen die Scheibe schleuderte, mehr als überraschend. Benommen sackte ich zu Boden, wobei ich eines der Skelette unter mir zermalmte. Das Zwielicht enthüllte mir eine bärtige Gestalt in einem langen, zerschlissenen Mantel, der vor Feuchtigkeit nur so triefte.
    »Tut mir aufrichtig Leid, junger Freund«, drang eine vertraute Stimme an meine Ohren.
    Ich massierte mir den schmerzenden Nacken und starrte den Eindringling an. »Elijah?«
    Es war tatsächlich der Rabbiner. Die von mir am Fuß des Kubus zurückgelassene Metallstange in den Händen, sah er sich ebenso interessiert wie angewidert um. »Die Geburt des Teufels«, knurrte er, als er das Standbild auf dem Wandmonitor erkannte. Er holte aus und drosch die Stange in den Bildschirm, der mit einem lauten, dumpfen Knall implodierte. Aus dem Inneren des Geräts stob ein Funkenregen, begleitet von einer stinkenden Qualmwolke. Elijah wischte sich den Schweiß aus dem Gesicht. In seinen Augen glomm ein beunruhigendes Feuer der Angst, der Entschlossenheit und eines aufkeimenden Wahnsinns.
    »Warum sind Sie mir gefolgt?«, fragte ich, in der Hoffnung, er werde zur Vernunft kommen und die Metallstange beiseite legen.
    »Mir blieb keine andere Wahl.«
    »Was ist mit Byron?«
    »Was ist mit Byron?«, äffte der Rabbiner mich nach und schlug die Stange erneut gegen den toten Monitor. »Was ist mit Byron, was ist mit Byron …?« Er schlug

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