Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Morphogenesis

Morphogenesis

Titel: Morphogenesis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Marrak
Vom Netzwerk:
rumorte wie ein riesiger Verdauungstrakt, ihr Bodengeflecht federte zäh auf und ab. Ich fand kaum sicheren Stand und befürchtete, die Oberfläche könne jeden Moment aufreißen. Akrobatisch tänzelte ich zu zwei großen Wurzeln, die mir stabil genug erschienen, um für einen Moment zu verweilen und einen Überblick zu gewinnen. Inzwischen hatte ich das Ufer etwa zehn Meter weit zurückgelassen. Der seltsame Hügel, bei dem ich noch immer nicht erkennen konnte, woraus er bestand, lag noch etwa doppelt so weit entfernt, wobei der charakteristische Geruch an Intensität zugenommen hatte.
    Die Wulste, auf denen ich kauerte, liefen rechts und links von mir nach etwa anderthalb Metern ineinander und vereinten sich. Vielleicht lag es an dem leicht berauschenden Duft, der die Luft schwängerte, aber etwas unterdrückte mein Verlangen, weiterzulaufen. Ich starrte auf meine Füße und die Gasblasen, die zwischen den Wurzeln hervordrangen.
    Alles ging viel zu schnell, um zu reagieren. Der Boden unter mir tat sich plötzlich auf und ließ mich in feuchte Wärme rutschen. Sprachlos vor Schreck, versank ich bis zur Brust in der neu entstandenen Bodenspalte. Ein Gestank, der selbst den penetranten Geruch des Wassers übertraf, schlug mir entgegen. Etwas schlang sich um meinen Körper, presste mir die letzte Luft aus den Lungen und zog mich in die Tiefe. Ich fand keinen Halt, versank in Schleim und Gallert, stieß mich mit den Füßen wieder heraus, um erneut bis fast zum Hals hineinzurutschen.
    Würgend und fluchend schaffte es schließlich, meine Arme zu befreien und aus der Öffnung zu strecken. Beiderseits der Wulste stützte ich mich ab und versuchte, meinen Körper herauszustemmen. Ein Blasenschwall stieg aus der Tiefe empor und explodierte direkt vor meinem Gesicht. Ich schnappte nach Luft und blickte mich verzweifelt nach Vana um. Sie saß breitbeinig im Wasser und planschte, eine Melodie trällernd, darin herum, als wäre es das Belangloseste der Welt, jemanden um sein Leben kämpfen zu sehen.
    »Vana!«
    Ich öffnete den Mund etwas zu weit, und ein Schwall des mich umgebenden Schleims strömte hinein. Würgend spie ich ihn wieder aus. Tränen schossen mir in die Augen und verschleierten meine Sicht.
    »Vana, zum Teufel …«
    Endlich reagierte die Frau und schaute in meine Richtung.
    »Hilf mir, verdammt!«, schrie ich mit sich überschlagender Stimme.
    »Kann nicht. Nein, nein, neinneinnein …«, rief sie und schüttelte ihren runden Kopf. »Hehu hungrig. Hehu essen …«
    Neben mir öffnete sich ein riesiges, fahlweißes Auge und glotzte mich aus einer geschlitzten Pupille an, als wollte sein Besitzer herausfinden, was sich da so energisch gegen das Gefressenwerden wehrte. Ich rang nach Luft. Das war keine Schlammbank, sondern ein Lebewesen, das im Wasser ruhte wie eine monströse Proteus-Amöbe!
    Mit dem Ellbogen führte ich einen wuchtigen Hieb gegen das geöffnete Auge, worauf die gesamte Insel wie unter Schmerzen erbebte. Aus der Tiefe erklang ein dumpfes Grollen, im nächsten Moment wurde ich von einer Fontäne aus stinkendem Gallert emporgeschleudert. Meterhoch wirbelte ich durch die Luft und schlug weit entfernt von der Todesfalle wieder auf. Hinter mir zischte der Schleimgeysir, fiel schließlich in sich zusammen und wurde wieder still, nachdem sich sein Schlund geschlossen hatte. Zäh rann die Brühe in Richtung Ufer davon.
    Benommen spähte ich über den Boden, entdeckte jedoch kein weiteres dieser Mäuler in meiner Nähe. Ein Blick zu Vana bestätigte mir, dass sie das Ende dieses Zwischenfalls wohl nicht miterlebt hatte. Sie lag am Ufer und schlief.
    Immerhin wusste ich nun, worauf ich zu achten hatte. Den Mäulern ausweichend, erreichte ich schließlich den Haufen auf der Mitte des Wesens. Er sah aus wie getrockneter Kot, roch jedoch aromatisch und süß. Ich wühlte darin herum. In seiner unmittelbaren Nähe war der Geruch betäubend intensiv. Meine Umgebung begann um mich zu kreisen, das Blut in meinen Ohren zu rauschen. Kriechend entfernte ich mich wieder von dem Haufen und legte mich auf den Boden, um einen klaren Kopf zu bekommen. Beim zweiten Mal ging ich besonnener vor, atmete flach und inhalierte so wenig wie möglich von dem benebelnden Duft. Kein Wunder, dass Vana so danach gierte; dieses Zeug – womöglich nur Exkremente dieses Monsterorganismus – wirkte wie eine Rauschdroge. Unter feindseliger Beobachtung einer Vielzahl monströser Augen kehrte ich mit vollen Armen zu Vana zurück.
    »Hier,

Weitere Kostenlose Bücher