Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Morphogenesis

Morphogenesis

Titel: Morphogenesis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Marrak
Vom Netzwerk:
auf die Konsolen ein. »Das ist mit ihm!«, keuchte er. »Das hier! All das!«
    Ich hob die Arme, um mein Gesicht vor den umherschwirrenden Splittern zu schützen. Offenbar hatte Byrons Verrat, der Verlust des Turms und die Flucht hierher Elijah dermaßen erschüttert, dass er den Verstand zu verlieren drohte. Ein überschnappender Büßer – womöglich ein ebenso aufschlussreiches wie bedrohliches Schauspiel. Was wohl mit dem streng organisierten Verband aus Nano-Robotern geschehen mochte, aus dem er bestand, falls das von ihnen gebildete Gehirn außer Kontrolle geriet? Würde der Rabbiner explodieren? Oder sich einfach auflösen und zu Staub zerfallen wie ein Vampir im Sonnenlicht?
    »Muckst Euch nicht!«, drohte er, als ich Anstalten machte, mich aufzurappeln. Dann begann er, wie wild an den Konsolen zu hantieren. Planlos drückte er jeden funktionierenden Knopf, wischte über Sensortasten, schob Regler vor und zurück und werkelte blindlings an den Instrumenten. Dabei verharrte er hin und wieder schwer atmend, sah sich um und lauschte, ob er irgendeine Reaktion verursacht hatte.
    »Was haben Sie vor?«
    Der Rabbiner warf mir einen kurzen Blick zu. »Diese Fabrik war der Anfang allen Übels, und sie wird auch dessen Ende sein.«
    »Sie ist außer Funktion«, versuchte ich ihn zu beruhigen. »Was Sie zu erreichen erhoffen, wird nicht passieren, sonst wäre es schon längst geschehen.«
    »Papperlapapp«, knurrte Elijah.
    »Sie begreifen doch nicht einmal annähernd, womit Sie es hier zu tun haben«, warf ich ihm vor, als ein beunruhigendes Knistern laut wurde und winzige elektrische Entladungen sowohl über die Decke als auch den Boden zu geistern begannen.
    »Mit einer Höllenmaschine, junger Freund!«, ereiferte sich der Rabbiner, als auch er die Funken bemerkte.
    »Hören Sie damit auf!«, überschrie ich das anschwellende Heulen der Anlage. »Sie wissen ja nicht was Sie tun!«
    »Gottes Werk!«, rief Elijah. »Höre, höre das Toben der Maschine, welch ein Grollen ihrem Maul entfährt! Unter der ganzen Stadt lässt sie es los, und ihre Blitze auf ihre eigenen Stämme niederfahren. Wer bereitet ihr Nahrung, wenn ihre Schöpfungen zu den Himmeln schreien und umherirren ohne Licht? Steig hernieder, verfluchter Geist, der du diese Mauern schützt! Steig hernieder und lass mich dein wahres Angesicht erblicken!« Er drehte sich mit schlagbereiter Metallstange im Kreis, starrte empor zur flimmernden Decke und schrie: »Ich bin der Tag des Verderbens, wo immer ich stehe. Ich bin es, der tötet und lebendig macht. Du hast diese Welt verwundet, nun werde ich sie heilen. Glaubst du, du kannst es verhindern, du seelenlose Maschine? Hast du geglaubt, dein Käfig vermag mich zu halten? Hast du geglaubt, dein Grimm vermag mich zu brechen? Hast du das geglaubt?«
    Ein greller, kalter Blitz erfüllte den Raum. Ich fühlte mich für einen Augenblick schwerelos, versuchte, nach irgendetwas zu greifen, um mich daran festzuhalten – und landete im nächsten Augenblick auf hartem, warmem Untergrund. Metallisches Poltern erklang, fast so, als wäre Elijahs Stange zu Boden gefallen. Der Rabbiner stürzte schwer auf mich und blieb stöhnend liegen, während eine Wolke aus Knochenstaub und mumifizierten menschlichen Überresten auf uns herabregnete.
    Noch bevor sich der Staub gelegt hatte, hatte ich Elijah von mir heruntergestoßen und war aufgesprungen. Ehe ich jedoch aufrecht stand, krachte ich mit dem Kopf gegen eine niedrige Metalldecke. Was auch immer geschehen war, wir befanden uns nicht mehr im Kontrollraum der Fabrik. Ein unangenehmes Brummen und Vibrieren beherrschte den Raum. Er lag zu einem Großteil im Dunkeln, lediglich an einer Stelle gruppierte sich eine enorme Anzahl winziger blauweißer Lichter. Das Paneel, das mit ihnen bestückt war, bedeckte einen hüfthohen, sechseckigen Pyramidenstumpf, der in der Mitte der Kammer aus dem Boden wuchs. Davon abgesehen war der kaum fünf Meter breite, ebenfalls hexagonal geschnittene Raum, in den es uns überraschend verschlagen hatte, leer.
    Während Elijah noch durch den Knochenstaub kroch und mit seiner Benommenheit kämpfte, trat ich rasch über ihn hinweg und packte die Eisenstange. Ehe der Rabbiner den leuchtenden Pyramidenstumpf erreichen konnte, versetzte ich ihm einen Schlag ins Genick. Elijah gab ein abgehacktes Geräusch von sich, sackte in sich zusammen und rührte sich nicht mehr.
    Im selben Moment verspürte ich ein flaues Gefühl in der Magengegend, fast so, als

Weitere Kostenlose Bücher