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Morphogenesis

Morphogenesis

Titel: Morphogenesis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Marrak
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ließ und an mich zurückreichte.
    »War das alles?«, fragte ich verblüfft.
    »Yap«, machte der Schwarze. »Das war alles.«
    Ich sah mich um. »Und was jetzt?«
    »Wir warten.«
    Ich starrte die Noxe in meiner Hand ratlos an. Manche der Hieroglyphen auf ihrer Unterseite hatten ihre Form verändert und sich neu gruppiert. Als ich Byron fragend ansah, blinzelte dieser nur verschwörerisch.
    Es dauerte keine zehn Minuten, da tauchte drei Querstraßen weiter lautlos ein cadmiumgelber Kontrastpunkt auf. Der gedrungene Wagen bog gemächlich um die Ecke, beschleunigte plötzlich, als hätte er uns gesehen, und raste heran: Es war Spindarios Taxi! Bereits auf die Entfernung hin konnte ich erkennen, dass niemand hinter dem Steuer saß. Das Fahrzeug war leer.
    »Du weiß sicher, was das bedeutet?«, grinste Byron, als der Wagen auf unserer Straßenseite zum Stehen kam.
    »Ärger«, brummte ich.
    Der Schwarze umrundete das Fahrzeug und strich mit einer Hand über die Karosserie, als beruhigte er ein wildes Tier. »Der Wagen wird uns bis an die Stadtgrenze bringen.«
    »Da wäre ich mir nicht so sicher.«
    Wie um mich zu verhöhnen, schwangen Fahrer- und Beifahrertür auf. Eingeleitet von einem einzelnen Klingelton, begann das Taxiemblem auf dem Wagendach zu leuchten. Der Motor röhrte fordernd, als könne es der Citroen gar nicht mehr erwarten, wieder zu starten. Ich sah mich verstohlen um, glaubte hinter Bretterverschlägen und leeren Fensterhöhlen entstellte Gesichter zu sehen. Gierige Augen hefteten sich auf uns und den gelben Fremdkörper auf der Straße.
    Ich betrachtete die Noxe in einem völlig anderen Licht. »Was lässt sich damit noch herbeirufen?«, fragte ich, als ich neben Byron stand und skeptisch in den Innenraum des Wagens sah. »Ein Schnellzug ins Paradies? Eine Rakete zur Erde?«
    »Rigor mortis!«, bellte eine rauchige Stimme hinter uns und ließ mich herumwirbeln. »Und zwar gratis!«
    Keine zwei Schritte entfernt hatte sich dort, wo Byron die Noxe gegen die Wand gedrückt hatte, eine der geheimen Türen in der Hauswand geöffnet. Im Türrahmen stand ein völlig abgehetzter Mittdreißiger, der aussah, als wäre er einst in einem Güterzug zur Welt gekommen – und zwar genau in dem Moment, als dieser entgleiste: Spindario.
    »Pfoten weg von dem Wagen!«, schnauzte er und deutete drohend mit dem Finger auf Byron. Offensichtlich hatte er den Schwarzen, der fast schon amüsiert auf der Motorhaube Platz genommen hatte, als den Störenfried identifiziert. Mich schien er dabei nur am Rande wahrzunehmen. »Dieses Husarenstückchen kostet dich was, du Nonnenfurz!«, beschimpfte er Byron weiter. »Du hast gar keine Ahnung, was du da verbockt hast!«
    Statt auf die Straße zu treten und die Tür hinter sich zu schließen, hielt Spindario sie weiterhin offen und goss seinen Ärger über uns aus. In diesem Augenblick sah ich weniger den tobenden Taxifahrer, sondern nur den riesigen, hell erleuchteten Raum, vor dem er stand – und die zahllosen Pforten im Hintergrund …
    Anscheinend war Spindarios Terminplan durch Byrons Taxinummer gehörig durcheinander geraten. Die Tür, von der aus er uns Pest und Krätze an den Hals wünschte, war offensichtlich nicht die, hinter der das Fahrzeug hätte warten sollen. Umso mehr wunderte es mich, dass das Licht im Zentrum des Megaron den Fahrer nicht längst außer Gefecht gesetzt hatte.
    Ich reagierte innerhalb von Sekunden. Ehe Spindario die Tür von innen wieder zustoßen konnte, sprang ich auf ihn zu. Erst jetzt schien die Taxifahrer mich zu erkennen. Er zuckte zurück, doch da hatte ich ihn bereits erreicht. Mit der freien Hand packte ich Spindario am Mantelrevers und riss ihn mit aller Kraft ins Freie. Er stolperte kopfüber in Byron hinein und drückte ihn auf die Kühlerhaube, derweil ich ins Megaron stürzte, die Klinke der Tür packte und diese hinter mir zuwarf.
    »Nein, Sie Schwachkopf, nicht …!«, vernahm ich Spindarios Aufschrei, begleitet von einem Kobe-Fluch Byrons, dann knallte die Tür ins Schloss – und öffnete sich nicht mehr.
    Minutenlang starrte ich auf die geschlossene Pforte, in der Befürchtung, Spindario besäße eine Möglichkeit, sie auch von der anderen Seite aus zu öffnen; ein Universalschlüssel für alle hunderttausend Türen der Stadt … Der Zugang, vor dem ich stand, trug die Nummer 4098. Ich bewegte mich unmerklich rückwärts, bis ich das Geländer in meinem Rücken spürte. Erst jetzt wurde ich mir in vollem Maße bewusst, wo ich war

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