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Morphogenesis

Morphogenesis

Titel: Morphogenesis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Marrak
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trinken.
    Trotz meiner Bedenken setzte sich das bullige Flugzeug auf der Schneedecke problemlos in Bewegung. Allerdings schien der Pilot nicht einmal im Traum daran zu denken, sich über Funk eine Starterlaubnis geben oder eine Startbahn zuweisen zu lassen. Mein suchender Blick durchs Cockpit ließ die Frage offen, ob er überhaupt ein Funkgerät besaß. Archon steuerte die gerade mal zwölf Meter lange Antonov auf die erstbeste Piste (eine Landebahn für Großraumflugzeuge!) und zog ab und davon. Seitdem starrte ich durch die Frontscheibe, in der ständigen Erwartung, dass die Propeller aufhörten sich zu drehen. Archon war trotz des Schneetreibens bester Laune, hieß mich einen Nihilisten und lenkte das Flugzeug in steilem Winkel gen Himmel. Ich hingegen saß wie versteinert im Copilotensitz und hielt mit meinen Gebeten die Motoren in Schwung.
    »Was sind Sie eigentlich von Beruf?«, fragte ich den Piloten.
    Archon schenkte mir einen gleichgültigen Blick. »Lieferant.«
    »Und zweifellos der Meister des Understatements. Sie fahren Taxi in Kairo, fliegen für British Airways durch Europa, besitzen ein ausgemustertes Militärflugzeug – habe ich etwas vergessen?«
    »Ein paar Fährschiffe.«
    Ich zog eine Grimasse. »Ziemlich ausgedehntes Tätigkeitsfeld für einen Lieferanten, finden Sie nicht auch? Wozu diese Kostümierungen und das ganze Brimborium?«
    »Des einen Tod, des andern Brot.«
    Ich schnaubte verächtlich. »Sind Sie so eine Art MacGyver für Arme?«
    Statt zu antworten, zündete Archon sich eine Zigarette an und blies Rauch gegen die Frontscheibe. Wenige Minuten später erreichten wir endlich besseres Wetter. Ein von vereinzelten Wolken bedeckter blauer Himmel offenbarte uns ein phantastisches Panorama auf die etwa eine halbe Flugstunde entfernten Südkarpaten. Ich sah verdutzt nach draußen und stellte fest, dass wir die Walachei hinter uns gelassen hatten. Rechter Hand lag Ploiesti, und direkt unter uns erkannte ich die Eisenbahnverbindung nach Chimpina.
    »Das ist die verkehrte Richtung«, rief ich. »Craiova liegt im Westen, Sie fliegen nach Norden!«
    »Richtung ist egal«, antwortete Archon. »Ziel findet sich von selbst.«
    »Von selbst?«
    Von den Ausläufern der Stadt war bald nichts mehr zu erkennen. Unter uns erstreckten sich verschneite Felder, sanfte Hügel und Wälder. Hin und wieder tauchte ein Gehöft auf, oder ein Bach schlängelte sich durch das Weiß. Je näher wir dem Gebirge kamen, desto seltener wurden die Anzeichen von Zivilisation.
    »Verdammt noch mal, wohin fliegen Sie?«, brauste ich auf, als Archon weiterhin stur auf die Berge und den Predea-Pass zuhielt.
    »Zu Grenze, wo man dich erwarten.«
    Mir lief es kalt den Rücken hinunter. »Hinter den Bergen liegt Brasov«, erinnerte ich mich. »Arbeiten Sie etwa für Miro Salta, diesen – Kunsthändler?« Archon reagierte nicht. Ich lehnte mich mit gespieltem Gleichmut zurück und sagte: »Tut mir Leid, aber ich glaube, Ihr Boss ist nicht ganz auf dem Laufenden. Alles, was wir gefunden haben, befindet sich mittlerweile im Besitz der ägyptischen Antikenverwaltung. Sie haben also den Falschen gekidnappt. Drehen Sie um und fliegen Sie mich zurück nach Bukarest. Richten Sie Salta einen schönen Gruß von mir aus und sagen Sie ihm, Zahi Abasah ist sein Mann …«
    »Ja, ja, ja!«, winkte Archon ab. »Verschon mich mit diese Geschwätz, ich bin nicht von Kunstmafia.«
    »Wer schickt Sie dann?«
    »Das du würdest sowieso nicht glauben.«
    »Ihr Auftraggeber muss eine ziemlich einflussreiche Person sein.«
    »Oh ja«, bestätigte der Pilot.
    »Bezahlt er Sie gut dafür, mich zu entführen?«
    »Natürlich.« Archon warf mir einen knappen Blick zu. »Oder glaubst du, ich reißen mir zum Spaß die Arsch auf, nur um für dich ganzen Tag lang zu spielen die Unterhaltungsclown?«
    Nein, das glaubte ich keinesfalls. »Und wohin geht die Reise?«
    »Weißt du das wirklich nicht?«
    »Nein«, gestand ich.
    Archon sah mich lange an, dann seufzte er und sagte: »Musst wirklich gekriegt haben eine ganz ordentliche Schlag auf Kopf gestern Nacht. Na ja, wirst schon sehen. Lass dich überraschen.«
     
    Ich beschloss, gute Miene zum unverkennbar bösen Spiel zu machen und verwickelte den Piloten in ein belangloses Gespräch, in der Hoffnung, er werde dabei etwas über unseren geheimnisvollen Zielort verraten. Oder zumindest über seinen mysteriösen Auftraggeber, der so viel Wert auf mich legte. Leider hoffte ich vergebens. Sonst jedoch war Archon

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