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Morphogenesis

Morphogenesis

Titel: Morphogenesis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Marrak
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und Paranoia neigend … siehe auch Fußnote 477 …« Er kniff die Augen zusammen. »Ein Kematef, großartig!« Blitzschnell verschwand die Messerspitze von meinem Hals, und der Corrigan trat einen Schritt zurück. »Giza ist korrekt!« Flink wieselte er zu Archon und betastete prüfend den Gegenstand in dessen Rucksack. »Prächtig, prächtig«, befand er schließlich. »Ihr wisst ja: Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser. Wartet hier!« Er wandte sich um und lief durch den Torspalt zurück in die Dunkelheit.
    Ich atmete tief durch und massierte meine Kehle. »Woher hat dieser Wurzelgnom die ganzen Informationen?«, ärgerte ich mich. »Und was um alles in der Welt stand unter Fußnote 477?«
    »Glaub mir, das du bestimmt nicht willst wissen«, entschied Archon. »Aber sag, Kematef …« Archon betonte jeden einzelnen Vokal und zog die Stirn kraus. »Wie kommst du zu diese Privileg?«
    »Ich weiß nicht, wovon der Kerl sprach«, gestand ich. »Da fehlt jeglicher Zusammenhang.«
    »Vielleicht eine Zaubername für all deine …« Der Pilot drehte einen Zeigefinger neben seiner Schläfe und pfiff dazu eine idiotische Melodie.
    »Sehr witzig.« Ich schüttelte den Kopf. »Die alten Ägypter verehrten Kematef als den aus dem Nun hervorgegangenen Urgott Amun.« Ich deutete auf die Drachenfratze am Tor. »Er besitzt die Gestalt einer Schlange.«
    Der Pilot musterte mich von oben bis unten. »Kommt nicht ganz hin«, bemerkte er. »Wer war dieser Nun?«
    »Die Personifikation des Urgewässers. Er umschloss die Erde als Ozean.«
    »Allein?«
    »Seine Partnerin war eine Göttin namens Naunet.«
    »Und? War sie hübsch?«
    »In alten religiösen Texten erscheint sie als unterirdische Ergänzung zum Himmel, eine Art Gegenhimmel, den die Sonne bei Nacht durchzieht, nachdem sie abends im Westen von der Himmelsgöttin Nut verschluckt wurde. Sie ist die Göttin, die alle Gestirne verschlingt. Ihr Name bedeutet: ›Die Sau, die ihre Ferkel frisst‹.«
    Archon zog eine Grimasse. »Glaube, ägyptische Frauen nicht mein Typ. Ganz schön abgedreht, deine Job. Was bedeuten Kematef?«
    »Wörtlich übersetzt ›der, der seine Zeit vollendet hat‹.«
    »Ah, so …«, nickte der Pilot, »Nomen sein Omen.« Er spuckte zu Boden und beobachtete, wie der Speichel im Nebel versickerte.
    Das schleifende Geräusch des Portals ließ uns aufblicken. Gebannt verfolgten wir, wie die Torflügel zurückwichen und der Spalt sich zu einer gähnenden, schwarzen Öffnung weitete.
    »Was hat das zu bedeuten?«, flüsterte ich.
    »Du nun herzlich bist eingeladen«, lächelte Archon. Er ging voraus und trat durch das Tor.
     
    Jenseits der Pforte lag undurchdringliche Finsternis – ohne Messer wetzende Monster, ohne Außerirdische, ohne Militärs. Nur Dunkelheit und Leere. In der schwülwarmen Luft hing der Gestank von Salmiakgeist. Wir liefen, jeder für sich in stille Andacht versunken, schätzungsweise einhundert Meter weit in den Komplex hinein, dann blieben wir stehen und warteten. Bis hierhin reichte der Lichtschein, der von draußen durch die offenen Torflügel hereinfiel, dahinter lag Ungewissheit. Ich äugte befangen über meine Schulter, als wäre es das letzte Mal, dass ich das Tageslicht zu Gesicht bekam. Die Flügel des Portals rückten fast unmerklich langsam wieder aufeinander zu. Schließlich schlugen sie mit einem Krachen zusammen, und wir standen beide in absoluter Dunkelheit. Archon sog die ammoniakgeschwängerte Luft ein und seufzte. Ich hingegen überlegte fieberhaft, ob der Ammoniakgehalt in der Luft ausreichend war, um eine ernsthafte Vergiftung davonzutragen. Noch fühlte ich mich gut. Zwar war mir flau im Magen, und ich hatte weiche Knie, aber dies deutete nicht unbedingt auf eine Toxikose hin.
    Vielleicht rührte das Ammoniak vom Kühlsystem dieses gigantischen Flugobjektes her. Der stechende Geruch lag lästig in der Nase, weshalb ich mich bemühte, durch den Mund zu atmen.
    »Worauf warten wir?«, fragte ich.
    Neben mir erklang ein Geräusch, als ob Archon sich am Kopf kratze.
    »Auf Passage.«
    Ein Luftzug strich von oben herab. Gleichzeitig vernahm ich ein eigenartiges Wehen, ein Brausen und Rauschen, als ob ein riesenhaftes Gebilde sich über uns zu drehen begann. Der Windstoß verging, und das seltsame Wallen schien mal von hier und mal von dort zu kommen.
    »Was ist das?«, fragte ich verhalten.
    »Willst du das wirklich wissen?«
    Ich schüttelte den Kopf, ohne mir bewusst zu sein, dass mein Begleiter die Geste überhaupt

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