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Morphogenesis

Morphogenesis

Titel: Morphogenesis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Marrak
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nicht sehen konnte.
    »Du ihn schon kurz zu Gesicht bekommen«, erklärte er. »Von Cockpit aus. Du erinnern?«
    »Der Schatten in den Wolken?« Ich begann wieder zu schwitzen. »Das ist nicht Ihr Ernst.«
    »Natürlich nicht. Alles hier nur großer Witz. Ich lange investiert, um zu bieten dir diese Attraktion. Sein transsilvanisches Disney-Land, und ich Direktor.« Ich hörte den Piloten lachen. »Stadtmensch, wach auf, sonst dir nicht viel nutzen werden deine hochtrabende ägyptische Göttername. Hier, nimm das!« Er klopfte mit irgendetwas gegen meinen Oberarm, dann schwenkte er es vor meinem Gesicht. Meine suchende Hand bekam ein schmales, geschlossenes Kuvert zu fassen. »Nichtverlieren«, warnte Archon. »Enthält Chiffrenummer. Vale!«
    Ich steckte das Kuvert in die Manteltasche. Dann sah ich besorgt in alle Richtungen, um einen Blick auf das zu erhaschen, was sich irgendwo in unserer Nähe aufhalten musste und nach dem Stand meines Wissens keine Existenzberechtigung auf dieser Welt besaß: Eine über einhundert Meter lange, durch die Luft gleitende Schlange, die so dick war wie eine Diesellokomotive.
    Ich hatte gehofft, meine Augen würden sich mit der Zeit an die Dunkelheit gewöhnen, doch die Schwärze war vollkommen. Nach wie vor rätselte ich, was der gigantische Bau beherbergen mochte; einen geheimen, hermetisch abgeschirmten Industriekomplex oder Forschungslabore. War es ein militärisches Übungsareal für Boden- und Luftmanöver, oder womöglich nur der Hangar für ein exorbitantes Luftschiff? Vielleicht eine Fertigungshalle für einen riesigen Zeppelin …
    Ja, das erschien mir eine akzeptable Lösung des Rätsels zu sein. Der Lufthauch, den ich gespürt hatte, musste von lautlos arbeitenden Rotoren hergerührt haben, und der schlanke, kolossale Schatten, der so geschmeidig durch den Nebel geglitten war, konnte nur das geheimnisvolle Luftschiff selbst gewesen sein. Vielleicht bestand es aus einzelnen, flexibel verbundenen Segmenten, die ein optimales Manövrieren in der Luft ermöglichten …
    Ich versuchte mir einzureden, dass das Bauwerk keinesfalls hoch oben in einer Wolke schwebte, sondern zweifellos irgendwo im Gebirge auf festem Grund stand; wobei schleierhaft blieb, wie die Existenz eines derart gigantischen Gebäudes bisher hatte geheim gehalten werden können. Womöglich war es tatsächlich eine wissenschaftlich-militärische Einrichtung, und der Nebel wurde künstlich erzeugt, um den Komplex zu tarnen. Ergo: Die Maschinen, die hierfür notwendig waren, mussten bereits einen Großteil des vermeintlich leeren Raumes beanspruchen.
    Ungeduldig trat ich auf der Stelle und wartete darauf, dass etwas geschah. Der Boden unter mir fühlte sich weich und nachgiebig an. Als ich mich bückte und ihn mit der Hand abtastete, wanderten meine Finger über kurzes, taunasses Gras.
    »Wir stehen auf einer Wiese«, informierte ich Archon. Ich erhielt keine Antwort. Als ich meinen Arm ausstreckte, um nach ihm zu fassen, griff ich ins Leere. »Archon?«, rief ich leise in die Dunkelheit. Und dann, als ich keine Antwort erhielt, bedeutend lauter, mit einem Anflug von Hysterie in der Stimme: »Archon, wo sind Sie?«
    Stille antwortete mir. Ich vernahm kein Echo, mein Ruf verklang dumpf und ohne Hall. Der Pilot war entweder verschwunden, oder er war gekränkt und machte sich einen Spaß daraus, nicht zu antworten. Oder er konnte nicht mehr antworten, weil ihn etwas in die Höhe gerissen hatte und …
    Ich schüttelte den Kopf und verwarf den Gedanken sofort wieder. Unsinn, vollkommener Blödsinn, so etwas! Es war nur ein Zeppelin! Also schwieg auch ich, versuchte lässig dazustehen, starrte in die Finsternis und wartete.
     
    Weit vor mir öffnete sich nach geraumer Zeit ein schmaler Lichtspalt, wurde breiter und wuchs zu einem übermannsgroßen, gleißenden Rechteck aus. Ich kniff angesichts der plötzlichen Helligkeit die Augen zusammen und hob schützend einen Arm. Ein kurzer Rundblick bestätigte mir, was ich insgeheim befürchtet hatte: Von Archon war weit und breit nichts mehr zu sehen, fast so, als hätte ihn der Erdboden verschluckt.
    In der fernen Lichtraute erschien ein dunkler Umriss, postierte sich in seiner Mitte und verharrte. »Mister Krispin?«, rief eine rauchige, männliche Stimme in die Dunkelheit.
    »Ja!« Ich winkte, dann wurde mir bewusst, dass der Schatten mich wahrscheinlich gar nicht sah, und lief zügig auf das Licht zu. »Hier bin ich!«
    »Beeilen Sie sich gefälligst, guter Mann, ich

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