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Morphogenesis

Morphogenesis

Titel: Morphogenesis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Marrak
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flussaufwärts bis zum Mondmeer vordringen sollten, um den Gerüchten über die Herkunft der Kemahor nachzugehen. Die Bootskapitäne waren Nubier, überragende Navigatoren und Führer. Keiner kannte die Gesetze von Wind und Strömungen und die Tücken der Idu-Katarakte besser als sie.
    Als sie die ihnen bekannten Gebiete hinter sich gelassen hatten, stießen sie im Süden jedoch auf weitere Felsstufen – gewaltige, unübersteigbare Hindernisse, die die Besatzungen zwangen, Wege auf dem trockenen Westufer zu suchen. Drei bewachte Schiffe ließ man an der untersten Stromschnelle zurück, die anderen neun transportierte man unter vereinten Kräften über das Ufer die Felsstufen empor, um die Reise flussaufwärts fortsetzen zu können. Doch Katarakt folgte auf Katarakt. Allein vier Schiffe wurden an den Felsen zerschmettert, als die Wasser des Flusses sie mitrissen, oder zerschellten bei dem Versuch, sie über das trockene Ufer in ruhigere Gewässer jenseits der Felsstufen zu ziehen.
    Die übrig gebliebenen fünf Schiffe ließen schließlich das Reich Kusch hinter sich. Nach einem weiteren Abed öffnete sich vor ihnen ein endlos erscheinendes Sumpfgebiet. Die Kapitäne berichteten, Schilf und Papyrus sperre den Fluss ein wie eine Mauer, die warne: Bis hierher und nicht weiter! Drei Schiffe blieben zwischen den treibenden Wasserpflanzen stecken bei dem Versuch, diese Barre zu durchqueren. Zahllose Männer ertranken bei dem Bemühen, die Boote zu befreien, oder erkrankten an der Geißel des Sumpfes, die sie zwang, mehr aus ihren Körpern auszuscheiden, als sie aufzunehmen vermochten.«
    »Malaria«, erkannte ich. »Sie wird von Anopheles-Mücken übertragen. Dieses riesige Sumpfgebiet existiert auch heute noch. Man nennt es den Sudd.«
    »Die Schiffsführer berichteten von den blutsaugenden Fliegen, die die Geißel in sich trugen«, bestätigte Sahia. »Und von der erstickenden Moderluft, die in dem Dickicht aus verfaulenden Schilf- und Papyrushalmen herrschte. Als die Schiffsführer nach wochenlangen vergeblichen Bemühungen, den Sumpf zu durchbrechen, bereits umkehren wollten, stießen sie auf ein geisterhaftes, streitbares Volk, das die Ufer bewohnte. Die Kapitäne beschrieben sie als riesige, schlohweiße Gestalten; aber es war nicht die Farbe ihrer Haut, die sie so erscheinen ließ, sondern Asche, die ihre Körper bedeckte. Um frei von Ungeziefer schlafen zu können, sollen sie sich in Tierdung gelegt haben. Ganze Berge davon seien in diesem Land zu sehen gewesen. Nur die Gesichter der Familien, die darin ruhten, hätten herausgeschaut.
    Das Geistervolk zeigte den Kapitänen einen schiffbaren Weg in den Süden: Es hatte in lebenslanger Arbeit und Pflege Kanäle angelegt; pflanzenlose Breschen durch das meterhohe Schilf, in denen kein Papyrus trieb. Schneisen, die von Wasserarm zu Wasserarm führten, von See zu See, bis zum Horizont. Doch die lange Reise forderte ihren Tribut. Am Ende erreichten gerade einmal zwei Schiffe das Mondmeer.
    Von der Flotte aus zwölf Barken kehrten nur jene drei wieder, die man am untersten Katarakt zurückgelassen hatte. Die Männer der beiden Schiffe, die es bis zum Mondmeer und zurück geschafft hatten, hatten ihre Barken über den Stromschnellen verlassen und waren in schlanken Ruderbooten und über Uferpfade zu den wartenden Kapitänen zurückgekehrt.
    Als die längst verloren geglaubten Schiffe wieder in Abdju einliefen, waren sie zwei Soth und vier Abed lang unterwegs gewesen. Die nubischen Kapitäne brachten meinem Gemahl in Anwesenheit der acht höchsten Dehuti-Priester Nachricht von Zwergvölkern und Riesen, die jenseits des Reiches Kusch wohnten, beteuerten aber, die südliche Säule des Alten Kosmos nicht erreicht, ja nicht einmal erblickt zu haben, obwohl die Mondberge sich bereits ringsum in den Himmel erhoben hätten. Keines der Völker, die die Länder jenseits von Kusch bewohnten, hätten zudem je etwas von den Kemahor gehört oder gesehen. Woher die Invasoren auch stammen mochten, sie taten es zweifellos nicht aus dem Mondgebirge.
    Mein Gemahl triumphierte, doch die Macht der Priester war bereits zu groß, um die Kunde der Reisenden unters Volk dringen zu lassen. Während im Palast die Versammlung stattfand, hauchten die restlichen Überlebenden der Expedition im Hafen ihr Leben aus. Den Schiffsführern, die das kosmische Gebäude anzweifelten, warfen die Priester Gotteslästerung vor und forderten, dass man den Nubiern die Zungen herausschneide. Die Kapitäne schworen,

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